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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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vorsichtig geöffnet wurde, kamen Larson wieder die Tränen.

    Kathryns schmale, behandschuhte Hand lag auf dem Türgriff. Sie zögerte und wusste, dass sie nicht vorbereitet war auf das, was hinter dieser Tür lag. Ihr Blick wanderte nach oben, über die Länge und Breite des Gebäudes der Willow Springs Bank. Schwäche breitete sich in ihr aus, und ihre Knie zitterten. Aber sie richtete sich entschlossen auf. Sie konnte das schaffen. Sie würde das schaffen.
    Für Larsons Traum. Für ihren gemeinsamen Traum.
    Ein eisiger Märzwind begleitete den Monatsanfang und wehte in Böen durch die Straße. Winzige Schnee- und Eiskristalle landeten wie Nadelstiche auf ihren Wangen. Die Fahrt nach Willow Springs erfüllte sie normalerweise mit Vorfreude, aber als sie am frühen Morgen noch in der Dunkelheit ihre Blockhütte verlassen hatte, war die Einsamkeit ihr Begleiter gewesen und hatte ihr Selbstvertrauen mit jeder Meile, die sie zurücklegte, erstickt.
    Plötzlich jedoch hatte sie das starke Gefühl, Larson wäre bei ihr. Die Intensität dieses Gefühls raubte ihr den Atem, und mit einer schwachen Hoffnung drehte sie sich zu dem Meer von Gesichtern herum, die hinter ihr auf dem Gehweg unterwegs waren. Nichts. Ihr Griff um die Türklinke verstärkte sich. Ein überwältigender Drang, für Larson zu beten, erfüllte sie. Ihr Atem stieg in weißen Nebelwolken vor ihrem Gesicht auf.
    Vater, sei in diesem Moment bei meinem Mann, wo auch immer er ist. Die Erinnerung an das, was Matthew Taylor über den schweren Sturm an Weihnachten gesagt hatte, ließ sie nicht los. Egal, was Matthew und die anderen Männer denken, weiß ich, dass Larson am Leben ist. Ich fühle es in meinem Herzen. Führe meinen Mann sicher nach Hause. Bring ihn zu mir zurück.
    Sie starrte auf den Türgriff in ihrer Hand und nahm ihren ganzen Mut zusammen, um den schweren nächsten Schritt zu gehen.
    Hinter ihr räusperte sich ein Mann. „Gehen Sie heute noch hinein oder nicht, mein Mädel?“
    Kathryn drehte sich auf der Treppe um und wollte sich entschuldigen. Die Entschuldigung gefror ihr jedoch in der Kehle, als sie in kalte, graue Augen schaute, die die gleiche bedrohliche Farbe hatten wie die Sturmwolken, die die fernen Rocky Mountains umlagerten. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie wich zurück, achtete aber darauf, dass sie das Gleichgewicht auf der obersten Stufe der Treppe nicht verlor.
    Ein Mann mit breitem Brustkorb stand eine Stufe unter ihr und befand sich dadurch direkt auf Augenhöhe. In seiner Stimme lag ein schwerer irischer Akzent, dem jedoch die übliche Wärme der Iren fehlte. An seinen Schläfen ringelten sich grau melierte, kupferfarbene Locken. Seine Gesichtszüge würden die meisten Menschen sicher als attraktiv bezeichnen, doch Kathryn fand sie nicht im Geringsten anziehend.
    Als der Mann sie durchdringend musterte, verlor er etwas an Gereiztheit, doch sein Gesicht verriet trotzdem seine schlechte Laune. Die harte Linie seines Mundes verzog sich nur langsam zu einem schwachen Lächeln. „Vielleicht kann ich Ihnen meine Hilfe anbieten. Ich habe hier geschäftlich zu tun und kenne einige Leute in der Bank.“ Er nickte zur Tür und sah sie forschend an.
    Kathryn stieg ein Hauch seines Rasierwassers und seines Haarwassers in die Nase. Obwohl er körperlich Abstand hielt, und obwohl sein Anzug und sein Mantel verrieten, dass er vermögend war, strahlte er etwas Unehrenhaftes aus. Doch dann erinnerte sie sich, warum sie heute die weite Fahrt nach Willow Springs unternommen hatte, und sie fragte sich, ob dieser Mann vielleicht eine erste Erhörung ihrer Gebete war.
    Sie beschloss, das Risiko einzugehen. „Ich bin hier, um mit dem Bankdirektor zu sprechen, Mr Kohl …“
    „Ich kenne Harold Kohlman. Was wollen Sie von ihm?“
    Seine brüske Frage überraschte Kathryn. „Beobachte die Haltung eines Mannes“ , hatte sie einmal den Rat gehört, den ihr Vater seinem jüngeren Geschäftspartner gegeben hatte. Sie hatte damals stundenlang vor der Doppeltür zu seinem Büro gesessen, nur um ihrem Vater näher zu sein. „Du kannst viel über einen Mann erfahren, wenn du darauf achtest, wie er die Arme verschränkt oder über sein Kinn streicht. Du musst natürlich zuhören, was ein Mensch sagt. Aber höre noch genauer auf das, was er nicht sagt.“
    Kathryn betrachtete den Mann, der vor ihr stand. Sein Blick wanderte von ihren Augen über ihr Gesicht, und das, was er nicht sagte, sprach Bände. Sein Interesse in Bezug auf sie war

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