Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
gleichgültig hinterher, war aber doch wegen seiner offenbar engen Beziehung zum Bankdirektor neugierig.
Eine plötzliche Übelkeit zog ihren Magen zusammen. Sie umklammerte die gepolsterte Stuhllehne, atmete tief ein und betete, dass sie sich nicht übergeben müsste. Nach ein paar Momenten legte sich die Übelkeit wieder. Sie hob die Hand und wischte sich kalten Schweiß von der Stirn.
Kathryn bemerkte, dass es in der Bankhalle still geworden war. Sie drehte sich um und stellte fest, dass mehrere Angestellte in ihre Richtung blickten. Dann vernahm auch sie die Stimmen hinter der Tür zum Büro des Bankdirektors. Sie wurden lauter und aufgeregter. Kathryn konnte den Grund für die Auseinandersetzung nicht verstehen und hörte nur, dass eine der Stimmen, die lautere, einen unüberhörbaren irischen Akzent hatte.
Sollte sie gehen und später wiederkommen? Das würde bedeuten, dass sie die Nacht in Willow Springs verbringen müsste. Sie hatte nicht genug Geld für ein Hotel. Oder sollte sie in der Hoffnung, Mr Kohlman hätte doch bald Zeit für sie, warten? Sie wünschte, sie hätte Mr MacGregors Hilfe nicht angenommen. Jetzt hatte es den Anschein, als ob sie befreundet wären. Oder wenigstens miteinander bekannt. Und sie bezweifelte, dass diese scheinbare Beziehung im Moment von Vorteil für sie war.
Kathryn war schon auf halbem Weg zum Ausgang, als sie hörte, wie hinter ihr eine Tür geöffnet wurde.
„Mr Kohlman hat jetzt Zeit für Sie.“
Der Klang der Stimme ließ sie herumfahren. MacGregors Akzent war deutlich stärker geworden, und wenn der Ärger in seinem Gesicht irgendeine Vermutung zuließ, dann die, dass seine Laune noch schlechter geworden war. Das war keine gute Voraussetzung für ein Gespräch über ihren Kredit. „Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Hilfe, Mr MacGregor, aber vielleicht wäre es besser, wenn ich später wiederkomme.“
Seine Miene wurde noch finsterer. „Unsinn. Kohlman weiß, dass Sie warten. Und er ist ein viel beschäftigter Mann.“
Ein Mann tauchte an MacGregors Seite auf, korpulent und gut dreißig Zentimeter kleiner als MacGregor. Seine dicken, rötlichen Koteletten passten zu seinem dichten Schnurrbart und verliehen ihm das Aussehen eines umgänglichen Mannes. Dieser Eindruck endete jedoch abrupt an seinem harten, strengen Kinn. Das Gespräch würde nicht so verlaufen, wie Kathryn es gehofft hatte.
Kathryn flüsterte ein Gebet und trat auf ihn zu. „Ich danke Ihnen, dass Sie mich heute empfangen, Mr Kohlman.“
Er drehte sich wortlos um und ging in sein Büro zurück.
Da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, folgte sie ihm. „Sie kennen meinen Mann. Sein Name ist …“
„Welches Geschäft wollen Sie mit mir besprechen, Madam?“ Kohlman ließ seinen korpulenten Körper in einen Ledersessel fallen und schaute dann an ihr vorbei.
Kathryn drehte sich um und sah erstaunt, dass Mr MacGregor die Tür schloss, aber von innen. Er blieb hier? Sie bemühte sich, ihre Überraschung nicht zu zeigen, konzentrierte sich wieder auf Mr Kohlman und trat auf seinen Schreibtisch zu. Sie reichte ihm einen Brief, den sie am Vorabend sorgfältig formuliert hatte. „Ich bin hier, um Sie um eine Erhöhung unseres Kredits bei Ihrer Bank zu bitten. Mein Mann und ich besitzen eine Ranch außerhalb von …“
Er hob abwehrend eine Hand, während er mit den Augen den Brief überflog. „Ich möchte Sie gleich unterbrechen. Es tut mir leid, Madam, aber haben Sie eine Ahnung, wie viele Viehzüchter zurzeit Probleme haben?“ Er ließ den Brief auf seinen Schreibtisch fallen und rieb sich über den Nasenrücken. „Ich würde Ihnen gerne helfen, aber ich kann Ihnen nicht noch mehr Geld leihen, wenn ich keine Sicherheiten von Ihnen bekomme.“
Kathryn trat näher und zog das Dokument aus ihrer Handtasche. „Aber ich habe hier die Eigentumsurkunde für unseren Hof. Das erkläre ich in meinem Brief.“ Sie achtete bewusst darauf, dass ihre Stimme ruhig und entschlossen klang. „Ich biete sie Ihnen als Sicherheit an. Sie ist bestimmt mehr wert als die Summe, für die ich einen Kredit beantrage.“
Kohlman zog die Augen zusammen. „Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt.“
Das wenige Wohlwollen, das Kohlman vorher vielleicht noch gezeigt hatte, verschwand endgültig, und Kathryn sah, wie sein Gesicht dunkelrot anlief. Sie spürte MacGregors Anwesenheit hinter sich. Genoss er es, mit anzusehen, wie sie gedemütigt wurde? Besonders, da sie vorher seine Einladung
Weitere Kostenlose Bücher