Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
weit ist es zur nächsten Stadt mit einem Telegrafenamt?“
Isaiah antwortete nicht sofort. Auf seiner breiten Stirn erschienen tiefe Falten. „Warum?“
„Weil ich einem Mann in der Willow Springs Bank ein Telegramm schicken muss.“ Larson holte tief Luft und versuchte, seine Schmerzen zu ignorieren. „Es ist wichtig, dass ich ihm eine Nachricht zukommen lasse. Ich könnte alles verlieren, was ich in diesem Leben habe, alles, was ich besitze. Meine Ranch, mein Land.“
Isaiah stand abrupt auf. „Das ist leider unmöglich.“ Er wandte sich ab und ging mit der Schüssel in der Hand zum Schrank zurück. Dort blieb er mit dem Rücken zu Larson stehen. „Es schneit seit Tagen. Der Schnee ist schwer und nass. Es dauert mindestens einen Monat, bis die Pässe so frei sind, dass sie passierbar sind. Und das auch nur, wenn wir gutes Wetter haben.“ Er warf einen schnellen Blick zum Fenster. „Und das ist momentan sehr zweifelhaft.“
Larson spürte, dass ihm seine letzte Chance genommen wurde. Er suchte nach einem anderen Argument und schämte sich, dass Kathryn nicht sein erster Grund gewesen war, ein Telegramm zu schicken. „Aber auf diese Weise könnte ich meiner Frau eine Nachricht schicken, dass ich lebe. Sie ist sicher außer sicher vor Sorge und …“
Isaiah drehte sich um. Der durchdringende Blick in seinen Augen sagte Larson, dass Isaiah seine wahren Motive durchschaute.
Larson sah verlegen zur Seite, weigerte sich aber zu akzeptieren, dass jeder Tag, den er in den letzten zehn Jahren damit verbracht hatte, diese Ranch aufzubauen, vergeblich gewesen sein sollte. „Hör zu, ich erstatte dir alle Kosten, wenn du …“
Isaiah knallte die Schüssel mit Wucht auf den Tisch und drehte sich wieder um. „Es geht dabei nicht um Geld, Jennings!“ Er schwieg für einen Moment, und Larson fühlte sich unter seinem Blick immer unbehaglicher. „Hast du das nach allem, was du durchgemacht hast, noch immer nicht begriffen? Nicht alles im Leben lässt sich in Dollars und Cents bezahlen.“
Larson legte sich verblüfft auf sein Kopfkissen zurück. Isaiahs dunkle Augen waren von Zorn erfüllt und von einem anderen Gefühl, das Larson nicht benennen konnte.
Isaiahs Lippen zitterten fast unmerklich. Er runzelte die Stirn. „Es tut mir leid, aber du weißt nicht, was du da von mir verlangst. Ich versorge deine Wunden. Ich helfe dir, wieder zu Kräften zu kommen, damit du gehen und in dein Leben zurückkehren kannst. Alles, was Abby und ich haben, steht dir zur Verfügung.“
Die Angst, die mit einem Mal in Isaiahs Gesicht geschrieben stand, traf Larson wie ein körperlicher Schlag.
Isaiah ging mit hängenden Schultern und gebeugtem Kopf zur Tür. Dann drehte er sich wieder zu ihm um. „Selbst wenn ich es über diese Pässe schaffen würde, was ich sicher nicht könnte, würde ich einen sehr hohen Preis bezahlen müssen. Weitaus mehr als Geld. Als ich das letzte Mal in dieser Stadt war, hätte es mich fast das Leben gekostet.“
Kapitel 6
K athryn zügelte die Fuchsstute, als sie die Höhe des Bergrückens erreichte. Sie beugte sich nach vorne und rieb das seidige Fell des Pferdes. Chestnut war ein Geschenk von Larson gewesen. Die Stute war ein treues Pferd. Kathryn schaute nach Osten, wo sich die schneebedeckte Prärie ausdehnte, so weit das Auge reichte und sich das Land in sanften Wellen dem Sonnenaufgang entgegenstreckte. Pastellfarben, wie von himmlischen Pinselstrichen gemalt, bedeckten den Horizont, spiegelten sich auf dem Schnee wider und zeugten von der Hand des Schöpfers.
Ein Gefühl von Frieden erfüllte Kathryn und vertrieb ihre Sorge auf eine Weise, die sie Matthew Taylor, der neben ihr ritt, nicht erklären würde können. Ihr Atem stieg in der kalten Morgendämmerung dieses Märztages in weißen Dampfwolken auf. Sie zog sich den Schal über die Nase und den Mund, damit ihr ein wenig wärmer wurde.
Matthew drehte sich zu ihr um. „Mrs Jennings, wir müssen das Vieh ohne Pause weitertreiben, wenn wir es bis Mittag auf die Jefferson-Ranch schaffen wollen. Wir können es uns nicht leisten, den Rest der Herde noch länger nur zwei Männern zu überlassen.“
Sie nickte und erinnerte sich an seinen Protest, als sie darauf beharrt hatte, mitzukommen. „Reiten Sie und Mr Dunham ruhig weiter. Ich hole Sie später ein.“
Matthew Taylor bedachte sie mit einem Blick, der besagte, dass er nicht davon begeistert war, sie allein zu lassen. Sie erwiderte seinen Blick mit einer zuversichtlichen
Weitere Kostenlose Bücher