Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
einen Blick auf die Schüssel. „Ich hoffe, dass das nicht mein Frühstück ist“, flüsterte er und testete seine Stimme. Seine Laune verbesserte sich, als Isaiah lächelte.
Isaiah schaute auf die Schüssel hinab, die in seinen großen Händen klein wirkte. Als er den Kopf hob, war sein Lächeln verschwunden. „Sagst du mir, wie du heißt?“
Larson sah ihn einen Moment stumm an. „Larson Jennings“, flüsterte er heiser.
„So wie ich das sehe, Larson, hat Gott dir eine neue Chance gegeben. Du kannst dein Leben zurückhaben. Nicht so, wie es war, aber so, wie es jetzt ist.“ Er stellte die Schüssel beiseite und beugte sich zu Larson. „Als ich dich in dieser ausgebrannten Hütte fand, habe ich dich nur herausgezogen, um dich zu begraben. Es gibt keinen irdischen Grund, warum du noch am Leben sein solltest. Es muss also einen himmlischen Grund dafür geben.“
Larson sah, wie starke Gefühle in Isaiahs gegerbtes Gesicht traten. Eine einsame Träne lief über die raue Wange des Mannes.
„Normalerweise reite ich nicht durch diese Schlucht. Ich mache einen Bogen um sie.“ Isaiah schaute auf seine gefalteten Hände hinab. „Man könnte sagen, mein früheres Leben hat mich vorsichtig gemacht. Ich weiß gern, was um mich herum los ist, und ich mag keine geschlossenen Räume. Besonders nicht nachts.“
Larson las den Schmerz in Isaiahs Augen und er wollte plötzlich mehr über diesen Mann wissen. „Wo warst du … früher?“ Seine Stimme ähnelte einem rostigen Scharnier.
„Ich wurde in Georgia geboren und arbeitete dort und in South Carolina lange auf einer Plantage. Vor fast zwanzig Jahren kam ich mit einem Mann, der mich beim Pokerspiel gewonnen hatte, in den Westen. Ich war sein Gewinn. Ich hatte nichts dagegen, den Süden zu verlassen. Der Mann, der mich gewonnen hatte, war Arzt.“ Er lachte leise. „Wie sich herausstellte, war er ein ausgezeichneter Arzt, aber ein schlechter Spieler. Jahre später wurde er erschossen, weil er falschgespielt hatte. Aber an dem Tag, an dem er mich beim Kartenspiel gewonnen hatte, wurde ich – der Herr segne ihn dafür – ein freier Mann.“
Die letzten Worte sprach Isaiah mit einem Seufzen, und Larson vermutete, dass das, was nach jenem Tag aus Isaiahs Leben geworden war, nicht seinen Erwartungen entsprochen hatte. Sonderbarerweise weckte dieser Gedanke neue Hoffnung in ihm und löste weitere Fragen aus. Bestand die Möglichkeit, dass Gott ihn doch nicht vergessen hatte? Und was hatte Isaiah gesagt? Dass es einen himmlischen Grund dafür gäbe, dass er diese Explosion überlebt hatte?
Larson erinnerte sich daran, dass Kathryn ihm einmal einen Bibelvers vorgelesen hatte, der einen ähnlichen Gedanken zum Ausdruck brachte. Darin hieß es, dass Gottes Wege anders sind als unsere Wege. Kathryn las oft abends im Schaukelstuhl am Kamin in ihrer Bibel. Die Erinnerung daran, wie sie aussah, wie ihre Gesichtszüge im Feuerschein noch weicher wurden und wie ihre honigfarbenen Haare das Licht widerspiegelten, weckte eine starke Sehnsucht in ihm.
Im Gegensatz zu Kathryn hatte Larson nie viel Wert darauf gelegt, die Bibel zu lesen. Wenn er gezwungen worden wäre, eine Antwort zu geben, hätte er schon beteuert, dass die Bibel Gottes Wort sei. Aber dennoch hatte er sich in seinem Leben nie wirklich davon beeinflussen lassen. Wie konnten Worte, die vor vielen hundert Jahren aufgeschrieben worden waren, heute einen Einfluss auf das Leben eines Menschen haben? Mit seiner redlichen, harten Arbeit Erfolg zu haben – das war es doch, worauf es in der Welt ankam. Gott investierte etwas in einen Menschen und erwartete dann eine Gegenleistung für diese Investition. So funktionierte das, oder etwa nicht?
Unerwartete Zweifel erschütterten Larsons Sicherheit. Wie sollte er jetzt noch Erfolg haben? Seine ganzen Träume, sein Geld und seine Energie waren mit der Ranch verbunden. Wenn er sie verlor, verlor er alles. Er rechnete schnell nach. Am sechzehnten März wäre die nächste Kreditrückzahlung fällig. Wenn er wieder zu spät zahlte, würde Harold Kohlman sicher seine Drohung wahr machen.
„Larson, hast du Hunger?“ Isaiahs Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. „Abby hat das Frühstück fertig.“
Larson blickte geistesabwesend auf. „Klar“, flüsterte er. Dann beugte er sich vor und zuckte bei den Schmerzen in seinem Rücken und in seinen Beinen zusammen. „Aber zuerst muss ich dich um etwas bitten.“
Das Funkeln in Isaiahs Augen war Antwort genug.
„Wie
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