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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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großen Appetit und bin ein wenig erschöpfter als sonst.“ Aufgrund der Ereignisse der letzten zweieinhalb Monate und der Last, die sie immer noch trug, hatte Kathryn, so wusste sie, ein Recht darauf, müde zu sein. Sie nahm ihren Mantel und ihre Handschuhe vom Stuhl und konnte es nicht erwarten, die Arztpraxis zu verlassen. Obwohl sie dem Arzt dankbar war, dass er ihre Verletzungen versorgt hatte, gefiel ihr seine direkte Art nicht.
    „Nun, das dürften Sie bald überwunden haben. Sie sind eine gesunde, kräftige, junge Frau.“
    Seine Gefühllosigkeit machte Kathryn sprachlos. Sie holte mehrere Münzen aus ihrer Manteltasche und legte sie auf den Schreibtisch.
    Der Arzt bedankte sich mit einem Kopfnicken für das Geld und folgte ihr zur Tür. „Und lassen Sie sich nicht durch Altweibergeschichten Angst vor etwas einjagen, das seit Anfang der Welt etwas ganz Natürliches ist.“ Er tätschelte ihr leicht den Rücken. „Frauen bekommen seit dem Garten Eden Babys. Sie werden das auch schaffen.“
    Kathryn erstarrte und fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Sie drehte sich überrascht um. „Wie meinen Sie das?“, flüsterte sie.
    Der Arzt berührte ihre Schulter. „Geht es Ihnen gut, Mrs Jennings?“ Dann wurden seine Augen groß. Er runzelte erstaunt die Stirn. „Sie meinen, das haben Sie nicht gewusst?“
    Kathryn fühlte, wie ihre Knie schwach wurden. Sie klammerte sich an seinen Arm. Er stützte sie und führte sie zu einem Stuhl. Sie sank darauf nieder. Die Schmerzen aufgrund ihrer gebrochenen Rippen und ihre Schürfwunden waren nichts im Vergleich zu den Schmerzen und der Freude, die jetzt ihr Herz durchfluteten.
    Sie war schwanger. Sie erwartete Larsons Kind. Endlich. Nach so vielen Jahren. Angesichts dieser bittersüßen Wahrheit schluckte sie schwer.
    „Wann?“ Ihre Stimme klang ganz leise.
    Der Arzt hob die Schultern. „Ich schätze im September, vielleicht Oktober. Das lässt sich so früh nicht genau sagen.“
    Tränen liefen ihr übers Gesicht. Kathryn machte sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. Sie strich mit einer Hand über ihren Bauch, über das Geschenk des Lebens, das in ihrem Leib heranwuchs, den sie so lange für unfruchtbar gehalten hatte. Wenn es ein Sohn war, hatte er dann Larsons blaue Augen und seine dichten, dunklen Haare? Oder bekämen sie eine Tochter, die Kathryns Haarfarbe und Augenfarbe erben würde? Ein jahrelanger Wunsch ging in Erfüllung, und sie dankte Gott für das Kind, das sie und Larson sich immer gewünscht hatten.
    Ein Kind, das Larson vielleicht nie in den Armen halten würde.

    Larson lag in der Nacht wach und starrte in die Dunkelheit hinein. Der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Das gedämpfte Ticken einer Uhr zählte die Sekunden ab und erinnerte ihn gleichzeitig daran, wie kurz die Zeit war und wie schmerzlich langsam sie dennoch verstrich.
    Die unerbittliche Endgültigkeit von Isaiahs Antwort auf seine Bitte vor über einer Woche ging ihm immer noch nicht aus dem Kopf. Hatte er wirklich so viel von dem Mann verlangt? Bei jedem leisen Ticken stellte sich Larson das Schwingen des Pendels vor und konnte gleichsam fühlen, wie die letzten zehn Jahre seines Lebens, wie alles, wofür er so schwer gearbeitet hatte, ihm aus den Händen gerissen wurde.
    Als er die Tür knarren hörte, drehte er sich um und sah Isaiahs großen Schatten, der den Eingang füllte. Sie hatten in den letzten Tagen nicht viel miteinander gesprochen, und Larson stellte fest, dass ihr letztes Gespräch bittere Wurzeln in ihm geschlagen hatte. Bis zu diesem Moment war ihm nicht bewusst gewesen, wie einsam er war und wie sehr er sich nach Gesellschaft sehnte, nach jemandem, mit dem er sprechen konnte.
    Beim Gedanken daran, wie Kathryns Reaktion darauf wohl aussehen würde, musste er leicht lächeln. Sie versuchte immer, ihn dazu zu bringen, mehr zu sprechen.
    „Ich konnte nicht schlafen“, flüsterte Isaiah mit seiner tiefen Stimme. „Die Sonne geht bald auf. Ich wollte dich fragen, ob du mir Gesellschaft leisten möchtest.“
    „Ich habe seit Ewigkeiten keinen Sonnenaufgang mehr gesehen“, antwortete Larson schließlich. Er spürte Isaiahs Lächeln, obwohl er es in der Dunkelheit nicht sehen konnte.
    Isaiah zog die Decken zurück und half Larson, der unter großen Schmerzen seine Beine über die Seite des Bettes bewegte. Als die Sohlen von Larsons nackten Füßen den kalten Holzboden berührten, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Isaiah legte eine schwere Decke um

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