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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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mal Luft, ehe du reingehst.
    Ich hörte, wie er Anlauf nahm und die Mauer hinter mir ansprang. Es war keine Trockenmauer, sie war hoch gebaut, nicht zum Einsperren von Schafen, sondern zum Aussperren der Eingeborenen. Ich drehte mich nicht um, aber er schaffte es mühelos drüber. Zwei Frauen kamen auf mich zu, ihre bunten Schals schleiften hinter ihnen über den kurz geschorenen Rasen. Auf dem Rough zogen sie die Schals zu sich heran und klemmten sich die Enden unter den Arm. Beide sahen mich und lächelten.
    – Sie haben das schöne Wetter mitgebacht, sagte die eine.
    Sie war jung, beide waren sie jung. Vielleicht schon um die dreißig, aber das Leben hatte ihnen den Schneid noch nicht abgekauft. Sie hatten – unglaublicherweise – Sommersprossen und rote Haare und waren bildhübsch.
    Ich sah weiter in Richtung Schloss. John Wayne dackelte die Treppe hoch. Vom Lough Corrib her war Wind aufgekommen und wehte mir den Wasserstaub des Springbrunnens ins Gesicht.
    Die Mädels hatten es nicht eilig.
    John Ford stieg aus einem der Autos. Er blieb stehen und sah über den Rasen dahin, wo wir standen. Ganz gezielt, obgleich er blind war.
    – Was macht ihr so? fragte ich und nickte zu dem Bus und dem ganzen Drum und Dran rüber.
    Ford war ein paar Stufen hochgestiegen. Meta Sterne war bei ihm, sie schleppte sich mit ihrem Tisch und einem Korb ab. Jetzt blieb er stehen und sah zu mir rüber. Ich hätte mich doch verstecken sollen.
    – Was geht hier ab? fragte ich.
    – Sind Sie nicht dabei?
    – Bei was?
    – Bei dem Film.
    Die eine führte das große Wort.
    – Nein, sagte ich. – Was ist denn das für ein Film?
    – Ein ganz toller, sagte sie.
The Quiet Man
heißt er. Wir spielen mit, sie und ich.
    Er ging die restlichen Stufen hoch.
    – Ist ja cool, sagte ich. – Dann seid ihr wohl die Stars?
    – Blödsinn, natürlich nicht.
    Jetzt kam Maureen FitzSimons die Treppe hoch, allein. An ihrem Gang merkte ich, dass sie müde war.
    – Und was habt ihr heute so gemacht? fragte ich.
    – Wir waren am Strand.
    Ein Strand kam in meinem Skript nicht vor. Ich hatte mal in Dollymount einen Spion bis zum Hals im Sand vergraben, während die Flut auf uns zurauschte. Er hatte zugegeben, dass er den G-Men, den Geheimen, in Dublin Castle wichtige Namen verraten hatte, und wir hatten ihn wieder ausgraben müssen, um ihn in den Dünen hinrichten zu können. Aber dieser Strand hatte es nicht bis in mein Drehbuch geschafft.
    – Wie schön, sagte ich. – Welcher Strand war das?
    – Lettergesh. Kennen Sie den?
    – Nein, log ich. – Ist es da nett?
    – Himmlisch.
    – Und was war am Strand los?
    – Das Pferderennen, sagte die Wortführerin. – Zumindest glauben wir, dass es ein Pferderennen war. Pferde waren jedenfalls dabei, nicht?
    Ihre Freundin nickte.
    Das Rennen stand noch im Drehbuch. Der Strand war neu, aber die Pferde waren es nicht. Irgendwie und irgendwo in dem ständigen Wechsel der Story von Ford zu mir und wieder zurück war aus der Feindschaft zwischen mir und dem Vetter meiner Frau, Ivan Reynolds, ein Rennen zwischen mir und ihrem Bruder geworden – zu Pferde. Ich hatte es geschehen lassen. Ich war zur Welt gekommen, ehe man Auto fuhr, hatte aber nie auf einem Pferd gesessen. Vor sichtbaren Dingen hatte ich kaum Angst, aber Pferde erschreckten mich. Sie waren zu gewaltig. Ich war immer ein groß gewachsener Mann gewesen, aber auf ein Pferd konnte ich nicht heruntersehen. Immer war das Pferdeauge da und sah durch mich durch. Der Gaul würde nie zulassen, dass ich im Sattel blieb, es war der einzige Kampf, den ich jemals verlieren würde. Aber ich hatte erlebt, was Ford mit Pferden zustande gebracht hatte – die Schönheit der Sandschwaden, das Trommeln der Hufe. Ich war ein Drehbuchautor, und fünf Seiten lang wurde mein Leben zum Western. Das Rennen kam ins Skript, über Berge und Moor, schwer bewaffnet. Ivan war hinter mir her, Fred Liam jagte Seán.
    Was jetzt im Buch stand, war nicht das, was wir geschrieben hatten. Aus dem Rennen über Stock und Stein, um das Leben des Rebellen zu retten, war ein Wettlauf am Strand geworden, um eine Frauenhaube, einen Hut.
    Ich starrte auf den Sitz vor mir, bis das Polster aufgehört hatte zu zittern und der Schweiß in meinem Haar abgekühlt war. Ich blickte wieder auf das Drehbuch, auf die erste Seite, auf etwas, was ich bisher noch nicht bemerkt hatte. Einen Namen unter dem Titel. Frank S. Nugent.
    Wer zum Henker war denn das?
    Ich lief über den Teppich und leise über die

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