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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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waren schon Veteranen. (Ich war gerade neunzehn geworden, aber das wusste keiner. Sie guckten mich an und sahen den Fenier, wie er im Buche stand.) Die Jungs hatten Menschen umgebracht und waren seit mehr als einem Jahr weg von zu Hause. Bauern, die nichts mehr zum Bebauen hatten, ein Lehrer, der nie wieder Schule halten würde. Sie guckten ins Feuer und redeten davon, wie sie Ashford Castle abfackeln würden.
    – Heute wohnt doch keiner mehr in diesen Schlössern. Ganz schön bescheuert, ein Streichholz an eine Ruine zu halten, nur weil da mal ein Protestant gelebt hat.
    Auch Ivan Reynolds war an dem Abend dabei und auf dem besten Wege, uns das Fürchten zu lehren.
    – Bei dem hier ist es was anderes, sagte Ivan.
    – Wieso?
    – Es gehört hohen Tieren.
    – Wem?
    – Der Familie Guinness.
    – Die das Porter machen?
    – Genau.
    – Dagegen haben wir ja nichts, oder? Verdammt gutes Bier.
    Sie lachten vor sich hin.
    – Wir könnten die ganze Bande umlegen, sagte Ivan, – und das Bier würde trotzdem gebraut werden.
    – Mit Getränken kann man viel Geld machen.
    – Stimmt, sagte Ivan.
    – Also schütten wir Benzin drüber?
    – Nein, sagte Ivan.
    Er sah übers Feuer zu mir hin. Ich sagte nichts. Der Krieg brauchte Ivan und die anderen Ivans. Ich machte meinen Job und ließ ihn größer werden.
    Der Junge von vorhin brach das Schweigen.
    – Warum nicht, Ivan?
    – Zu weit, sagte er. – In dieser Gegend gibt’s genug, was wir tun können. Zu einer Rebellion gehört mehr, als Herrenhäuser anzuzünden.
    Niemand widersprach. Ivan war ihr Mann.
    – Und noch was, sagte Ivan.
    – Nämlich?
    – Wir machen das ja nicht bis in alle Ewigkeit, sagte Ivan. – Irgendwann werden wir siegen.
    – Ganz genau.
    – Und eins sag ich euch, Jungs. Wir werden diese Guinness-Arschlöcher zum Tempel rausjagen, und einer von uns wird in das Haus da einziehen.
    – Das wird ein großer Tag.
    Ivan blieb ganz ruhig sitzen, während seine Leute allmählich begriffen, dass er von sich sprach. Sie fanden das toll und beängstigend zugleich. Es war kein Tagtraum, über das er redete, es war sein Plan. Sie sahen förmlich, wie er auf das breite hölzerne Portal zuging und mit dem Stiefel dagegentrat.
    Deshalb war Ashford Castle verschont geblieben, obgleich Ivan nie dort eingezogen ist. Das Schloss stand am Ortsrand, komplett mit Türmchen und allem Drum und Dran. Aber am Fahnenmast wehte eine Trikolore. Die Familie Guinness war fort, und jetzt war es ein Hotel. Ich würde problemlos reinkommen, die Tür würde weit offen sein. Aber ich wartete, bis es richtig dunkel war, so dunkel, wie es auf dem Land ist, wenn man gerade noch genug sieht und weiß, dass man selbst nicht gesehen werden kann.
    Die Protestanten hatten es immer geschafft, noch aus den miesesten Höllenlöchern ein Stück England zu machen. Bäume wuchsen, wo sonst keine gediehen, Hecken grünten an Stellen, wo die Katholiken alle Jahre wieder Mühe hatten, genug Erde zum Abdecken der Kartoffeln zusammenzukratzen. So war das eben hier gelaufen: Der Eroberer hatte sich das Land genommen, das die Bäume ernährte, hatte den Eingeborenen den restlichen Scheißdreck gelassen und kassierte von ihnen sogar noch Pacht. Klar, das wusste ich alles, aber man konnte auch leicht auf die andere Erklärung reinfallen: Der Eroberer war einfach besser, fleißiger, war hier, weil er es verdient hatte. Pflanzen wuchsen, weil er sie setzte und pflegte und ihnen sagte, sie sollten sich verdammt noch mal anstrengen. Ich neigte jetzt dieser Version zu, weil ich gut versteckt hinter protestantischen Bäumen stand, fünfzig Meter vor der Freitreppe zum Schloss.
    Der Arbeitstag ging zu Ende, und eine Autokolonne war eingetroffen. Personenwagen, ein Laster, ein grüner Doppeldeckerbus, der erste, den ich je gesehen hatte. Ich war beeindruckt. Ein irischer Bus, ein schönes Grün. Ich sah, wie Männer hinten aus dem Bus sprangen, noch ehe er angehalten hatte, winkend und rufend über den Rasen liefen und sich in alle Richtungen verteilten. Das waren die Statisten des
Quiet Man
, die Mayo-Navajos, die zum Abendessen gingen. Ein paar kamen in meine Richtung. Ich musste das Schloss im Auge behalten, weil ich sehen wollte, wer die Treppe hochging, deshalb machte ich Schluss mit dem Versteckspiel, lehnte mich an den dicksten Baumstamm und ließ die Statisten auf mich zukommen.
    – Du bist uns zuvorgekommen, sagte ein junger Bursche im Vorbeigehen.
    – Genau.
    – Recht so, sagte er. – Schnapp noch

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