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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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als sie ihn das nächste Mal eingelocht hatten. Er war noch jung, in den Zwanzigern, aber jung war nichts an ihm.
    Er streckte die Hand aus. Ich nahm sie. Männlicher Händedruck und so weiter. Große Pranken, von Waffenöl geschmeidig gemacht.
    (Sie denken jetzt, dass es Adams war, aber das ist falsch. Es war ein anderer. Adams saß in Long Kesh, in Cage 11, in dem er zu Gerry Adams wurde und in dem er drei weitere Jahre verbringen sollte.)
    –
A chara
, sagte er noch mal.
    Wahrscheinlich waren es die einzigen irischen Worte, die er kannte.
Mein Freund.
Von wegen! Ich verkniff mir den Spott, den konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Ich sah ihn an.
    Die anderen kamen ein Stück näher. Ich schüttelte allen die Hand, den Jungs aus Dublin ganz zum Schluss. Zu meiner Zeit war Dublin der Ort, wo durch uns alles Neue entstand. Es war nicht mehr meine Zeit.
    – Weißt du, wer du bist, Henry? fragte der Mann mit dem Bart.
    Er wollte keine Antwort hören, er hatte selber eine.
    – Du bist unser republikanischer Toter, sagte er.
    Keiner lachte. Keiner grinste.
    – Zurück von den Toten, sagte ich.
    – Ganz genau. Das Original.
    – Ich bin nicht der Einzige, der noch lebt, sagte ich. – Wir sind noch Hunderte.
    – Ja, aber die gab’s schon immer, wir sind mit ihnen aufgewachsen. Gute Leute, viele jedenfalls. Aber irgendwie komisch. Kleine verschrumpelte Typen. Nicht einfach, die Echten von den Angebern zu unterscheiden.
    Er lächelte.
    – Aber du bist Henry Smart.
    – Was wollt ihr?
    – Genau das meine ich: Mit Schmeichelei kommt man bei dir nicht weiter, du bist immer noch hellwach.
    Ich versuchte, nicht geschmeichelt auszusehen.
    – Nichts, sagte er. – Wir wollen nichts.
    – Ihr habt mich nur zum Picknicken hergebracht, sagte ich.
    Er lachte. Sie lachten.
    – Gut gekontert, sagte er und lachte wieder.
    Ein Späßchen unter Freunden. Er hörte auf zu lachen.
    – Ihr wollt doch was, sagte ich.
    – Ja. Aber wir wissen ...
    Er sah mich scharf an, bis ich den Blick erwiderte, bis er mich in seinen Blick hineinnahm.
    – Wir brauchen dich nicht zu fragen, sagte er.
    Es stimmte.
    Aber dann fragte er doch.
    Und ich nickte.
    Sie fuhren mich nach Ratheen zurück. Diesmal saß ich vorn.
    – Wo sind wir?
    – Balbriggan.
    – Das haben die Tans abgefackelt.
    – Richtig.
    – Hat sich nicht davon erholt.
    – Könnte schlimmer sein, sagte der Fahrer. – Ich hab einen Bruder, der wohnt hier und sagt, dass es ganz in Ordnung ist.
    – Ich hab eine Cousine hier, sagte der Mann hinter mir.
    – Und wie findet sie’s?
    – So gut kenn ich sie nicht. Ich hab letztes Jahr auf einer Hochzeit kurz mit ihr geredet, der von meiner Schwester nämlich, und die Cousine hat gesagt, dass sie hier wohnt.
    Das waren die Dubliner, mit denen ich zusammen war. Schon schämte ich mich für sie. Ich war auf dem Heimweg, aber vor einer halben Stunde hatte ich mit drei großen Männern von der Provisional IRA auf einer Decke gesessen, hatte mit ihnen republikanische Sandwiches gegessen und mir von einem dieser großen Männer meine Rolle in dem langen Krieg erklären lassen.
    – Wir müssen langfristig denken, und wir brauchen Männer, die wissen, was das bedeutet. Kann sein, dass wir alt oder sogar tot sind, ehe die Briten begreifen, dass es Zeit ist zu gehen. Alte Weltreiche sind dumm, das brauche ich dir nicht zu sagen.
    Die anderen hielten sich zurück. Sie lehnten an den Autos und sahen nach Norden und Süden. Sie waren bewaffnet für den Fall, dass die Polizei oder der Special Branch durch die Dünen oder über das flache Stück Straße anrückten. Ich spürte das harte Gras unter der Decke, während der Mann mit dem Bart mir sagte, wer ich war, wer wir alle waren.
    – Wir sind Irlands rechtmäßige Regierung, Henry, sagte er. – Und du bist der lebendige Beweis.
    Er atmete tief, und der Aranpullover spannte sich über seiner Brust.
    – Heute ist ein großer Tag.
    Die anderen nickten.
    – Aber auch ein außergewöhnlicher, sagte er. – Habt ihr euch das schon mal überlegt, Jungs?
    Ich wusste, dass er etwas sagte, was er schon mal gesagt und was die Jungs schon mal gehört hatten, er hatte es mit ihnen geübt.
    – Wenn es die Bombe nicht gegeben hätte. Wenn die UVF nicht das Auto gerade da geparkt hätte ...
    Jetzt sah er mich an.
    – ... hätten wir dich nie gefunden.
    Jetzt wusste ich, dass ich mich wieder vorsehen, mich wieder ängstigen musste. Denn das war gelogen.
    Was ist mit dem Priester
, hätte ich gern gefragt, um

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