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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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Bigamistin.
    Sie lachte. – Stimmt. Ich bin eine Bigamistin. Oder war es. Bin ich jetzt, wo mir der eine Mann weggestorben ist, keine Bigamistin mehr?
    – Aber du bist auch keine Witwe.
    – Da kannst du recht haben.
    – Und ob ich recht habe, verdammt noch mal. – Du bist mit mir verheiratet, und ich bin nicht tot.
    – Das krieg ich nicht auf die Reihe.
    – Du schaffst das schon.
    – Eine Weile war ich noch zu Hause, sagte sie, – dann bin ich nach Dublin gegangen. Da hatte die
Emergency
gerade angefangen.
    – Die ... was?
    – Der Krieg, sagte sie. Der Zweite Weltkrieg.
    – Den hab ich verpasst.
    Sie fragte nicht weiter nach, sondern erzählte weiter.
    Sie war mit Saoirse nach Dublin gegangen, denn die sollte am College of Art studieren, die Studiengebühren zahlte ihr Onkel Ivan. Sie hatten eine Wohnung in Rathfarnham. Ihren Mann hatte sie an einer Bushaltestelle in der Stadt kennengelernt.
    – War er jünger als du? sagte ich.
    Die alten Augen sahen mich groß an.
    – Ich frag ja nur, sagte ich.
    Er war jünger, aber nicht sehr viel jünger als sie, ledig und an ein geregeltes Leben gewöhnt. Bis er sie kennenlernte. Er setzte sich im Bus neben sie und wartete am nächsten Tag und an dem danach an der Haltestelle. Und in der nächsten Woche wartete er morgens und abends da, wo sie ein- und ausstieg.
    – Ich weiß gar nicht, ob ich all das hören will, sagte ich.
    Sie nahm ihn mit nach Hause und kochte ihm was und verhalf ihm zu der Nummer seines Lebens.
    – Seine erste Nummer? fragte ich.
    Sie nickte. – Er war sehr dankbar.
    – Hat er dich bezahlt?
    Sie knallte mir eine. Es tat nicht weh, aber für eine Frau in ihrem Alter steckte noch ganz schön Kraft dahinter.
    Er hatte ein neues Haus in Ratheen gekauft, am anderen Ende der Stadt. Er hatte es gekauft, aber noch nicht bezogen. Es war zu groß und zu leer.
    – Und da hast du ihn geheiratet.
    – Ich habe ihn geliebt.
    Ich starrte sie an.
    – Wirklich, sagte sie. Wir saßen dicht an dicht und schauten uns in die Augen.
    Er sah gut aus, war schüchtern und Beamter im Landwirtschaftsministerium. Ein großer Mann in einem großen Ministerium. Ihr Vetter Ivan war eine Zeit lang sein Chef gewesen. Es war Krieg, und seine Arbeit war wichtig. Wir mussten England ernähren und auch uns selber satt machen. Er schickte Vieh über die Irische See, um die U-Boote zu umgehen, nach Holyhead und Liverpool. Er kam spät heim und bestieg sie stundenlang im Bett.
    – Warum erzählst du mir das?
    – Ich möchte, dass du es weißt, Henry. Du sollst dir nichts vormachen. Ich hab nicht gewartet. Ich hab ein sehr gutes Leben gehabt und nicht nur am Feuer gesessen.
    – Hast du noch Kinder gekriegt?
    – Kannst du nicht rechnen? Herrgott noch mal, das ist dreißig Jahre her. Ich war fast sechzig.
    – Und noch aktiv.
    – Ja.
    – Bravo. Gab es sonst noch jemanden?
    – Wie meinst du das?
    – Männer, sagte ich. – Oder einen Mann.
    – Ja, natürlich.
    – Wie viele?
    – Komm, hör auf. Waren alles feine Kerle.
    – Wann?
    – Hör auf.
    – Ich könnt dich jetzt glatt aufs Kreuz legen.
    – Was hindert dich daran?
    – Mein Holzbein, mein kaputter Rücken, die Granatsplitter in meiner Brust.
    – Das sind nur Ausreden.
    – Ich weiß. Du bist unverändert.
    – Stimmt.
    – Wo guckst du hin? fragte ich.
    – Auf deine Stirn.
    – Sind sie noch da?
    Sie suchte nach den Spuren, die ihre Nippel 1916 bei mir auf dem Bett aus Briefmarken hinterlassen hatten.
    – Nein, sagte sie. – Da sind zu viele Löcher.
    – Sie sind noch da, kannst es mir glauben.
    – Ich hab meine Brille oben gelassen.
    – Ich höre da große Dinge.
    Ich hatte ihn hin und wieder gesehen, seit ich auf der Decke am Meer gesessen hatte, aber er war nie stehengeblieben. Hatte nur gewinkt und war weitergestiefelt, den Hang hoch zur Kirche und zu seinem Haus daneben. Er war immer zu Fuß unterwegs. Er klopfte an die Türen. Er kannte alle Namen, die Kommunionstermine, wusste, wenn jemand im Sterben lag. Er kannte seine Gemeinde. Das Auto nahm er nur, wenn er weiter weg musste.
    Ich wusste, dass er mich beobachtete. Aber ich wusste auch: Er war nicht der Boss.
    – Ja, sagte er. – Große Dinge.
    Er saß da, guckte mich über seine Brille weg an und tat, als sähe er dort etwas Wichtigeres als mich.
    Ich war einbestellt worden. Mister Strickland hatte mir die Nachricht überbracht.
    – Er würde dich gern gleich sehen, sagte er.
    – Ist gut.
    – Gleich, hat er gesagt.
    Strickland wusste, dass

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