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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Ohmacht, doch kann ich wiederum nur einige wenige Minuten bewußtlos gewesen sein. Als ich die Augen aufschlug, sah ich, daß sie das Silber aus dem Geschirrschrank geholt hatten; außerdem hatten sie eine Flasche Wein, die dort herumstand, aufgemacht. Jeder hielt ein Glas in der Hand. Ich habe Ihnen wohl schon gesagt, daß der eine ein älterer Mann war, mit Bart, während die anderen junge, bartlose Burschen waren. Es hätte ein Vater mit seinen beiden Söhnen sein können. Sie sprachen flüsternd miteinander. Dann kamen sie herüber und vergewisserten sich, daß meine Fesseln noch ordentlich saßen. Schließlich gingen sie und schlössen das Fenster hinter sich. Ich brauchte eine volle Viertelstunde, um meinen Mund freizubekommen. Auf meine Schreie hin kam mir dann das Mädchen zu Hilfe. Die anderen Dienstboten waren rasch alarmiert, und wir schickten nach der hiesigen Polizei, die sich sofort mit London in Verbindung setzte. Mehr kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, Gentlemen, und ich hoffe, ich werde diese schreckliche Geschichte nicht noch einmal erzählen müssen.«
    »Irgendwelche Fragen, Mr. Holmes?« sagte Hopkins.
    »Ich möchte Lady Brackenstalls Zeit und Geduld nicht weiter in Anspruch nehmen«, sagte Holmes. »Doch ehe ich in das Speisezimmer gehe, würde ich gerne noch hören, wie Sie die Sache erlebt haben.« Er sah das Mädchen an.
    »Ich habe die Männer schon gesehen, noch bevor sie in das Haus gekommen sind«, sagte sie. »Als ich an meinem Schlafzimmerfenster saß, sah ich im Mondlicht drüben bei der Pförtnerloge drei Männer, aber da habe ich mir nichts bei gedacht. Mehr als eine Stunde danach hörte ich meine Herrin schreien, ich lief hinunter und fand das arme Lämmchen genau so, wie sie sagt, und ihn auf dem Boden, und sein Blut und sein Gehirn übers ganze Zimmer verspritzt. Das hätte eine Frau glatt um den Verstand bringen können, so gefesselt dazuliegen, und sogar ihr Kleid war mit ihm besudelt; aber meiner Miss Mary Fraser aus Adelaide hat’s noch nie an Mut gefehlt, und die Lady Brackenstall von Abbey Grange hat sich da auch nicht verändert. Sie haben sie lange genug befragt, Gentlemen, und jetzt wird sie mit ihrer alten Theresa auf ihr Zimmer gehen, um endlich die Ruhe zu bekommen, die sie dringend braucht.«
    Die hagere Frau legte mit mütterlicher Zärtlichkeit den Arm um ihre Herrin und führte sie aus dem Zimmer.
    »Sie ist schon ihr ganzes Leben lang bei ihr«, sagte Hopkins. »Hat sie als Säugling großgezogen und ist mit ihr nach England gekommen, als sie vor achtzehn Monaten Australien zum erstenmal verließen. Theresa Wright heißt sie; ein Hausmädchen, wie man sie heute nicht mehr findet. Hier entlang, Mr. Holmes, bitte sehr!«
    Das gespannte Interesse war aus Holmes’ ausdrucksvollen Zügen gewichen, und ich wußte, daß mit dem Rätselhaften der ganze Reiz des Falles verschwunden war. Es blieb zwar noch eine Verhaftung durchzuführen, aber wer waren schon diese banalen Gauner, daß er sich an ihnen die Hände schmutzig machen sollte? Ein erfahrener Facharzt für abstruse Krankheiten, den man zu einem Fall von Masern herbeizöge, würde etwas von der Verärgerung spüren, die ich in den Augen meines Freundes las. Freilich war der Anblick des Speisezimmers von Abbey Grange merkwürdig genug, um seine Aufmerksamkeit zu fesseln und sein schwindendes Interesse wieder wachzurufen.

    Es war ein sehr großer und hoher Raum mit geschnitzter Eichendecke und ebensolcher Täfelung; die Wände waren mit einer Reihe von Tierköpfen und alten Waffen geschmückt. Das hohe französische Fenster, von dem wir bereits gehört hatten, befand sich an der der Tür gegenüber liegenden Seite. Drei kleinere Fenster zur Rechten erfüllten das Zimmer mit dem kalten Licht der Wintersonne. Zur Linken befand sich ein großer, tiefer Kamin mit wuchtig überhängendem Eichensims. Neben dem Kamin stand ein schwerer Eichenstuhl mit Armlehnen und Querstreben zwischen den Beinen. Das ganze Holzwerk war von einer roten Schnur umschlungen, die an beiden Seiten der unteren Querstrebe befestigt war. Bei der Befreiung der Lady hatte man die Schnur lediglich von ihr abgestreift, die Knoten aber so belassen. Diese Einzelheiten fielen uns erst hinterher auf, da unsere Gedanken vollständig von dem entsetzlichen Gegenstand in Anspruch genommen wurden, der auf dem Tigerfell vor dem Kamin hingebreitet lag.
    Es war die Leiche eines großen, gutgebauten Mannes von circa vierzig Jahren. Er lag auf dem Rücken, das

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