Die Rückkehr des Sherlock Holmes
Mein Freund Dr. Watson weiß aber noch gar nichts von der Sache, und mir könnte es auch nichts schaden, den Gang der Ereignisse noch einmal zu hören. Geben Sie uns nur einen kurzen Überblick über das Wesentliche.«
Stanley Hopkins zog ein Blatt Papier aus der Tasche.
»Ich habe hier ein paar Daten, aus denen Sie den Lebenslauf des Toten, Captain Peter Carey, ersehen können. Geboren ‘45 – fünfzig Jahre alt. Er war ein sehr kühner und erfolgreicher Walfänger. 1883 kommandierte er das Walfangschiff
Sea Unicorn
aus Dundee. Er unternahm damals mehrere erfolgreiche Fahrten hintereinander, und im Jahr darauf, 1884, setzte er sich zur Ruhe. Er reiste einige Jahre umher und kaufte sich schließlich ein kleines Anwesen namens Woodman’s Lee in der Nähe von Forest Row in Sussex. Dort lebte er sechs Jahre, und dort starb er vor genau einer Woche.
Der Mann hatte einige höchst merkwürdige Eigenarten. Im normalen Leben war er strikter Puritaner – ein schweigsamer, finsterer Bursche. Sein Haushalt bestand aus seiner Frau, seiner zwanzigjährigen Tochter und zwei weiblichen Bediensteten. Diese letzteren wechselten ständig, da die Stellung nie sonderlich lustig und häufig unerträglich war. Der Mann war Quartalssäufer, und wenn er seinen Anfall hatte, war er der reinste Satan. Es ist bekannt, daß er seine Frau und seine Tochter zuweilen mitten in der Nacht aus dem Haus getrieben und durch den Park gejagt hat, bis das ganze Dorf draußen von ihren Schreien wach war.
Einmal wurde er vorgeladen, weil er den alten Vikar, der ihn aufgesucht hatte, um ihm sein Verhalten vorzuhalten, brutal angegriffen hatte. Mit einem Wort, Mr. Holmes, Sie müßten lange suchen, ehe Sie einen gefährlicheren Mann als Peter Carey fänden, und ich habe erfahren, daß er denselben Charakter auch schon hatte, als er noch sein Schiff kommandierte. Er war in seinem Gewerbe als der Schwarze Peter bekannt, und diesen Namen erhielt er nicht nur wegen seines braungebrannten Gesichts und der Farbe seines gewaltigen Barts, sondern auch für seine Launen, die der Schrecken seiner ganzen Umgebung waren. Ich brauche nicht zu sagen, daß er von seinen sämtlichen Nachbarn verabscheut und gemieden wurde und daß ich nicht ein. einziges Wort des Bedauerns über sein furchtbares Ende vernommen habe.
Sie müssen in dem Untersuchungsbericht von der Kajüte des Mannes gelesen haben, Mr. Holmes; aber Ihr Freund hat vielleicht noch nicht davon gehört. Er hatte sich ein hölzernes Gartenhaus gebaut – das er immer ›die Kajüte‹ nannte –, und zwar einige hundert Yards von seinem Haus entfernt; hier verbrachte er jede Nacht. Es war eine kleine Hütte, die nur aus einem Zimmer bestand, sechzehn mal zehn Fuß groß. Den Schlüssel dazu hatte er immer in seiner Tasche, sein Bett machte er selbst, er räumte selbst auf, und er gestattete niemandem, seinen Fuß über die Schwelle zu setzen. An beiden Seiten sind kleine Fenster, die mit Vorhängen zugezogen waren und nie geöffnet wurden. Eines dieser Fenster ging zur Hauptstraße, und wenn nachts drinnen das Licht brannte, pflegten die Leute einander darauf hinzuweisen und sich zu fragen, was der Schwarze Peter dort wohl machte. Dieses Fenster, Mr. Holmes, lieferte uns eine der wenigen positiven Aussagen, die wir bei der Untersuchung erlangen konnten.
Sie erinnern sich, daß ein Steinmetz namens Slater, der um etwa ein Uhr morgens von Forest Row her kam – zwei Tage vor dem Mord –, stehenblieb, als er zu dem Grundstück kam, und zu dem hellen Viereck, das noch zwischen den Bäumen strahlte, hinübersah. Er schwört, daß der Schatten eines Männerkopfes im Profil deutlich auf dem Vorhang sichtbar war und daß dieser Schatten auf keinen Fall der von Peter Carey war, den er gut kannte. Es war der Schatten eines bärtigen Mannes, aber der Bart war kurz und sträubte sich auf eine Weise nach vorne, die sich völlig von der des Captains unterschied. So seine Aussage, aber er war vorher zwei Stunden lang in einer Kneipe, und von der Straße bis zu diesem Fenster ist es eine beträchtliche Strecke. Außerdem bezieht sich dies auf Montag, während das Verbrechen am Mittwoch geschah.
Am Dienstag hatte Peter Carey eine seiner schwärzesten Launen; er war vom Trinken erhitzt und wild wie ein gefährliches Raubtier. Er lief im Haus umher, und die Frauen rissen aus, als sie ihn kommen hörten. Spät abends begab er sich in seine Hütte. Um zwei Uhr am Morgen darauf hörte seine Tochter, die bei offenem Fenster
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