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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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könnte. Das Schloß war überaus primitiv, und es brauchte nur eine kräftige Klinge, um es aufzubrechen. Holmes schlug auch vor, daß wir nicht in der Hütte warten sollten, sondern draußen im Gebüsch, das um das Hinterfenster herumwuchs. Auf diese Weise wären wir in der Lage, den Mann, falls er Licht machte, zu beobachten und zu sehen, welches Ziel er mit seinem verstohlenen nächtlichen Besuch verfolgte.

    Es war eine lange und trübsinnige Nachtwache, und doch brachte sie etwas von der Erregung mit sich, die der Jäger empfindet, wenn er an einem Wasserloch liegt und auf das Herannahen des durstigen Raubtieres wartet. Welch grausames Wesen mochte sich aus der Dunkelheit auf uns stürzen? Ein wilder Tiger des Verbrechens, der nur im mühsamen Kampf mit blitzendem Fang und Klauen überwältigt werden konnte? Oder ein feiger Schakal, der nur den Schwachen und Ungeschützten zur Gefahr wurde? Wir kauerten in absolutem Schweigen in den Büschen und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Anfangs machten uns noch die Schritte einiger verspäteter Dorfbewohner oder der Klang von Stimmen aus dem Dorf die Wache erträglich; doch diese Unterbrechungen erstarben eine nach der anderen, und dann umgab uns völlige Stille, in die nur noch das Läuten der fernen Kirche drang, das uns vom Fortgang der Nacht unterrichtete, und das Rascheln und Wispern des Nieselregens, der auf das uns einhüllende Laubwerk fiel.
    Es hatte halb drei geläutet – die dunkelste Stunde der Nacht, die der Dämmerung vorausgeht –, als wir alle bei einem leisen, aber scharfen Klicken zusammenfuhren, das aus der Richtung des Tores gekommen war. Jemand hatte die Einfahrt betreten. Es folgte eine langgezogene Stille, und ich hatte schon angefangen zu befürchten, es sei falscher Alarm gewesen, als auf der anderen Seite der Hütte verstohlene Schritte vernehmbar wurden; einen Augenblick später hörten wir ein metallisches Kratzen und Klicken. Der Mann versuchte das Schloß aufzubrechen! Diesmal war er geschickter, oder sein Werkzeug besser, denn plötzlich knackte es, und die Türangeln quietschten. Dann wurde ein Streichholz angemacht, und gleich darauf erfüllte das stetige Licht einer Kerze das Innere der Hütte. Durch den Gazevorhang waren unser aller Augen auf die Szene drinnen geheftet.
    Der nächtliche Besucher war ein junger, zierlicher und dünner Mann mit schwarzem Schnauzbart, der die tödliche Blässe seines Gesichts noch hervorhob. Er mochte kaum über zwanzig Jahre alt sein. Nie zuvor habe ich einen Menschen gesehen, der sich dermaßen erbärmlich zu fürchten schien: Seine Zähne klapperten sichtbar, und er zitterte an allen Gliedern. Er war gekleidet wie ein Gentleman: Norfolk-Jacke und Knickerbockers, auf dem Kopf eine Tuchmütze. Wir beobachteten ihn, wie er sich mit angstvollen Augen umblickte. Dann stellte er den Kerzenstummel auf den Tisch und entschwand in eine Ecke und unseren Blicken. Er kam mit einem großen Buch zurück, einem der Logbücher, die auf dem Regal in einer Reihe standen. Er beugte sich über den Tisch und schlug rasch die Seiten dieses Buches um, bis er zu dem Eintrag kam, den er suchte. Dann schlug er das Buch mit einer wütenden Bewegung seiner geballten Hand zu, brachte es wieder in die Ecke und machte das Licht aus. Er wollte die Hütte eben verlassen, als Hopkins’ Hand dem Burschen an den Kragen fuhr; ich hörte ihn vor Entsetzen laut aufstöhnen, als er begriff, daß man ihn erwischt hatte. Die Kerze wurde wieder entzündet, und da stand unser elender Gefangener und bebte und wand sich im Griff des Polizisten. Er sank auf die Seemannskiste und sah uns hilflos an.
    »Nun, mein Lieber«, sagte Stanley Hopkins, »wer sind Sie, und was suchen Sie hier?«
    Der Mann riß sich zusammen und versuchte, uns mit einiger Fassung ins Gesicht zu sehen.
    »Sie sind Polizisten, nehme ich an?« sagte er. »Sie glauben, ich habe etwas mit dem Tod von Captain Peter Carey zu tun. Ich versichere Ihnen, daß ich unschuldig bin.«
    »Das werden wir ja noch sehen«, sagte Hopkins. »Zunächst einmal sagen Sie uns, wie Sie heißen.«
    »John Hopley Neligan.«
    Ich sah, wie Holmes und Hopkins einen raschen Blick austauschten.
    »Was machen Sie hier?«
    »Kann ich vertraulich reden?«
    »Nein, ganz gewiß nicht.«
    »Warum sollte ich es Ihnen dann sagen?«
    »Wenn Sie nicht antworten, könnte es Ihnen bei dem Prozeß schlecht ergehen.«
    Der junge Mann fuhr zusammen.
    »Gut, ich erzähl’s Ihnen«, sagte er. »Warum auch

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