Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
müssen uns weiter vor den Elohim in Acht nehmen. Sie sind nicht einverstanden mit dem, was wir zu tun versuchen. Du hast uns bisher nicht aufgehalten, und sie wissen nicht, weshalb nicht. Merken sie, dass wir in den Berg wollen, verlieren sie vielleicht die Geduld mit dir. Das möchte ich nicht riskieren.«
Linden studierte ihn. Weiter leise zu sprechen erforderte eine bewusste Anstrengung. »Was werden wir also tun?«
Covenant sah weiter grinsend zu ihrem Sohn hinüber. »Erklär's ihr, Jeremiah. Weshalb soll ich den ganzen Spaß für mich allein haben?«
Jeremiah zog den Kopf ein, als sei er verlegen, aber dann grinste auch er. Das Zucken in seinem Augenwinkel spiegelte seine Aufregung: »Dafür ist das Holz da. Es war einer der Hauptgründe dafür, dass wir Wildholz und die Gräuelinger aufhetzen mussten. Damit ich genügend Äste sammeln konnte. Ich werde eine Tür bauen.« In seiner Stimme schien Eifer zu knistern, zu prasseln. »Wie die in meinem Zimmer, durch die ich das Land besuchen konnte. Aber auch sie wird nicht wie eine Tür aussehen. Eher wie ein großer Kasten. Sobald wir hineinsteigen und ich die letzten Stücke einsetze, verschwinden wir hier ...« Sein Blick streifte flüchtig Lindens Gesicht. »... und erscheinen dort. Wo wir hinwollen.«
Die schlammige Färbung seiner Augen hatte sich in dunkles Lehmgelb verwandelt.
»Und das Beste daran ist, dass die Elohim nicht wissen, was wir tun. Wir sind dann unsichtbar. Sie müssen glauben, wir seien einfach verschwunden .«
Linden starrte ihren Sohn an, als sehe sie ihn zum ersten Mal im Leben.
»Ich weiß, was du sagen willst«, warf Covenant ein. Sein Lächeln wirkte jetzt falsch: aufgesetzt, eigentümlich verwundbar. »Wenn er das alles kann, warum hat er es dann nicht schon vor zwei Tagen getan? Wieso sind wir nicht von Schwelgenstein aus direkt hierher gekommen? Wir hätten vermeiden können, dem Theomach zu begegnen. Und warum können die Elohim uns nicht sehen? Wissen sie denn nicht alles? Sie sind verdammt davon überzeugt, dass sie es tun.«
Linden schüttelte sprachlos den Kopf. In gewisser Weise verstand sie, was sie gehört hatte. Die Wörter waren einfach, durchaus verständlich. Aber auf andere Weise war sie völlig verwirrt. Jeremiah hätte ebenso gut in einer fremden Sprache sprechen können. Er wollte eine Tür bauen? Als er früher einmal davon gesprochen hatte, seine raffiniert verschlungene Autorennbahn habe ihm als Eingang in das Land gedient, hatte seine Erklärung ähnlich gewirkt: Sie hatte nichts vermittelt, was Linden begreifen konnte.
Jeremiah?, wollte sie fragen. Jeremiah ...? Aber ihr fehlten die Worte für ihre Frage. In all ihren gemeinsamen Jahren hatte ihr Sohn sich grausam teilnahmslos verhalten – und trotzdem war er jahrelang imstande gewesen ...?
Einer der Insequenten, der Vizard, hatte ihn dazu überreden wollen, ein Gefängnis für die Elohim zu bauen.
Ihr war so kalt ...
»Komm jetzt, Linden.« Covenants Stimme schien sie aus weiter Ferne zu erreichen, über eine Kluft aus Jahrtausenden und zweifelhaften Absichten hinweg. »Für den Bau der Tür wird er eine Weile brauchen. Sie muss exakt konstruiert sein. Am besten lassen wir ihn dabei in Ruhe. Wir können einen Spaziergang machen.« Einen Herzschlag später fügte er hinzu: »Wir müssen miteinander sprechen.«
Linden hörte kaum, was er sagte. »Ich möchte lieber hier bleiben«, murmelte sie. »Ich möchte ihm zusehen. Ich könnte ihm den ganzen Tag lang zusehen.«
Schon früher hatte sie Stunden über Stunden damit verbracht, die erstaunlichen Fertigkeiten ihres Sohns zu beobachten.
»Klar, das könnte ich auch«, behauptete Covenant nicht gerade überzeugend. »Aber diese Sache ist wichtig. Wir sind nur ein bis zwei Stunden davon entfernt, die Welt zu retten. Da sollte Klarheit zwischen uns herrschen.«
Nicht was er sagte, sondern wie er es sagte, weckte Lindens Aufmerksamkeit. Sein Blick war trüb, fast leblos. Die Glut, die manchmal in seinen Augen glimmte, war versteckt, wie unter Asche verborgen. Sein Grinsen war zu einer krampfhaften Grimasse geworden. Offenbar hatte er sich dafür entschieden, seine Wut und seine Frustration, auch seine Enttäuschung über sie zu unterdrücken.
»Von mir aus.« Auch Linden wollte Klarheit haben. Es wurde Zeit, Entscheidungen zu treffen, die vorläufig noch über ihren Horizont gingen. Sie packte den Stab fester und überzeugte sich davon, dass sein Ring noch an der Kette um ihren Hals hing. »Gehen wir
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