Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
Schlaf Verständnis oder Erinnerung – und damit Hoffnung.«
Linden unterdrückte eine sarkastische Antwort. Sie wusste bestimmt, dass sie den wahren Namen des Theomachs nie gehört hatte. Und sie war sich sicher, dass sie keine Methode, gefahrlos durch Jahrhunderte zu reisen, vergessen hatte. Aber sie erkannte auch, dass keine Verbitterung und kein Flehen die Mahdoubt würden umstimmen können. Auf ihre Art hielt die Frau sich an einen Moralkodex, der so strikt wie die Rechtschaffenheit der Haruchai war. Er verlieh dem Leben der Mahdoubt seinen Sinn. Ohne ihn hätte sie Linden vielleicht der Würgerkluft und Caerroil Wildholz und ihrer Verzweiflung allein überlassen. Und aus diesem Grund unterdrückte Linden ihre wachsende Verzweiflung und entgegnete so ruhig wie möglich: »Tut mir leid, das glaube ich dir nicht. Du hast dir nicht all diese Mühe gemacht, nur um mich zu ernähren und zu trösten. Darfst du mir nicht sagen, was ich wissen muss, musst du mir auf andere Weise helfen können. Aber ich weiß nicht, auf welche.«
Jetzt wich ihre Gefährtin ihrem Blick aus, zog sich die Kapuze ihres Umhangs tiefer ins Gesicht und studierte die Nacht, als erwarte sie sich von den dunklen Bäumen Erleuchtung. »Die Lady besitzt alles Wissen, das sie benötigt«, murmelte sie. »Darüber gibt es nicht mehr zu sagen. Aber ist die Mahdoubt wegen der Notlage der Lady betrübt? Gewisslich ist sie das. Und bleibt ihr Wunsch, Unterstützung zu gewähren, unvermindert stark? Ebenso gewisslich. Vielleicht kann sie der Lady durch ihre eigene Suche nach Wissen beistehen.« Noch immer hielt die Alte ihren Blick auf den Wald gerichtet, und nun sprach sie Linden direkt an: »Wisse, Lady, dass die Mahdoubt mit Respekt fragt und nur Freundlichkeit im Sinn hat. Was aber sind deine Absichten? Welchen Weg gedenkst du zu beschreiten, wenn du erhältst, was du begehrst?«
Linden machte ein finsteres Gesicht. »Wenn es mir gelingt, in die Zeit zurückzukehren, in die ich gehöre, meinst du? Ich werde meinen Sohn retten.«
Sie nickte: »Oh, gewisslich. Wie es andere – vielleicht sogar die Mahdoubt selbst – an deiner Stelle täten. Aber begreifst du, dass dein Sohn die Macht a-Jeroths gespürt hat? Die Macht des Eingekerkerten, a-Jeroths von den Sieben Höllen?«
Linden fuhr zusammen. Einst hatte die Sonnengefolgschaft von a-Jeroth gesprochen. Covenant und sie hatten hinter diesem Namen Lord Foul vermutet – eine Annahme, die Roger bestätigt hatte.
»Er ist Lord Fouls Gefangener«, bestätigte Linden voller Grimm. »Das weiß ich, seit ich ins Land zurückgekommen bin. Jetzt hat ihn einer der Croyel in seiner Gewalt, aber das ändert nichts an seiner Gefangenschaft.«
Die Alte seufzte. »Darüber will die Mahdoubt nicht sprechen. Sie bemerkt nur, dass dem Jungen schon in frühen Jahren a-Jeroths Zeichen aufgedrückt wurde, wie die Lady sich erinnern wird.«
Ihre Feststellung traf Lindens Herz wie Feuerstahl auf Stein; sie traf es und ließ Funken sprühen. Das Feuer, dachte sie jäh verzweifelt. Jeremiahs Hand. Er hatte sich schon damals in Lord Fouls Gewalt befunden: von Augen wie Reißzähne in den wilden Flammen hypnotisiert, von seiner eigenen Mutter verraten. Das war es, unter dem Jeremiah seit damals litt. Und als sein kühnes Gebilde aus einer Autorennbahn ihm die Möglichkeit verschafft hatte, das Land zu besuchen, hatte er vermutlich direkt oder indirekt den Einfluss des Verächters gespürt. Die Mahdoubt schien anzudeuten, Jeremiah habe sich freiwillig auf eine Symbiose mit dem Croyel eingelassen. Weil ihn seine Qualen in der Einsamkeit seiner Dissoziation deformiert und korrumpiert hatten. Wäre Lindens Herz nicht versteinert gewesen ...
Die Alte schien ihren Schock nicht wahrzunehmen oder zog es vor, ihn zu ignorieren. »Respektvoll fragt sie erneut: Welche Absichten verfolgst du?«
Linden nahm die Schultern zurück. »Dadurch ändert sich nichts. Selbst wenn du recht hast, muss ich ihn zurückholen.« Irgendwie. »Ist er gebrandmarkt worden, kümmere ich mich darum, sobald er in Sicherheit ist.«
»Gewisslich. Das versteht die Mahdoubt. Trotzdem bleibt ihre Frage unbeantwortet. Welchen Weg wirst du einschlagen, um deinen Zweck zu erreichen?« Falls ihre Fragen und Behauptungen freundlich gemeint waren, hatten sie ihre Gütigkeit längst eingebüßt.
»Also gut.« Linden packte den Stab mit beiden Händen, als wolle sie damit nach der Mahdoubt schlagen. Aber das tat sie nicht, hätte sie nie getan; sie umklammerte
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