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Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Titel: Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Verwirrung und Gewissheit: »Meine Freundin, hoffentlich macht dir das Stehen nichts aus. Diese Sache wird eine Weile dauern.«
    »Die Mahdoubt ist geduldig«, erwiderte die Alte. »Oh, gewisslich. Hat sie nicht viele ihrer langen Jahre damit verbracht, auf die Lady zu warten? Und ist sie nicht erfreut darüber – ja, erfreut und dankbar zugleich –, dass die Lady ihr danken möchte? Wie sollte sie dann müde werden?«
    Halb als spräche sie zu sich selbst, versprach Linden ihr: »Ich arbeite so flink ich nur kann.« Und dann machte sie sich an die Arbeit.
    Sie durfte nicht darüber nachdenken, was sie vorhatte, denn dann wäre es ihr vermutlich so sinnlos erschienen, dass sie erstarrt wäre, ihren Vorsatz vielleicht nicht in die Tat umgesetzt hätte. Also: erst mal ein Stück Stoff. Dann irgendeine Art Nadel. Danach würde sie versuchen, einen Nähfaden zu finden.
    Sie hatte kein Messer, keine scharfe Kante irgendwelcher Art. Das war ein Problem. Trotzdem hielt sie nicht inne und hielt sich auch nicht damit auf, sich vor der Mahdoubt zu genieren. Sie legte den Stab beiseite, knöpfte ihre Bluse auf und zog sie aus. Der Blusenschoß schien am ehesten einen Flicken liefern zu können, aber der rote Flanell war so eng gesäumt, dass Linden ihn nicht würde zerreißen können. Und sie hatte kein Werkzeug, um den Saum aufzutrennen. Und so hob sie die Stoffkante an den Mund und machte sich daran, den Saum durchzunagen.
    Der Flanell erwies sich als unerwartet zäh. Sie nagte und zerrte daran, bis ihr Unterkiefer schmerzte und ihre Zähne wehtaten, aber der Stoff wollte nicht reißen.
    Einen Augenblick lang suchte sie die Umgebung des Kochfeuers ab, weil sie hoffte, einen scharfkantigen Stein zu finden, aber die dort liegenden Steine waren alt und verwittert, vom Wasser rund geschliffen. Zum Teufel damit, dachte sie, hob einen dürren Zweig auf und stieß ihn in den angenagten Flanell. Dann hielt sie diesen kleinen Teil des Saums ins Feuer. Als das Gewebe schwarz wurde und verkohlte, zog Linden es heraus und blies darauf, um die Flamme zu löschen. Indem sie sich die Bluse um beide Fäuste wickelte, zerrte sie an dem geschwächten Saum, und als sie ihre Bluse schließlich auf einen Stein legte, sich draufstellte und mit beiden Händen an dem Blusenschoß ruckte, entstand endlich ein Riss, der über eine Handspanne lang war.
    Die Mahdoubt beobachtete sie gespannt, aber Linden achtete nicht auf sie. Ihre Hand, ihre Finger waren wund, ihre Arme schmerzten, sie atmete keuchend, hielt den Saum ein weiteres Mal ins Feuer, und jetzt ließ das Gewebe sich leichter zerreißen. Ein gewaltiger Ruck genügte, und sie hielt einen passenden Fetzen in der Hand. Mehr aus Gewohnheit als aus Schamgefühl zog Linden ihre Bluse wieder an und knöpfte sie zu, obwohl sie schmutzig und voller Laub und Schlamm war. Jetzt hatte sie einen Flicken. Als Nächstes brauchte sie eine Nadel.
    In der Hoffnung, Caerroil Wildholz werde ihr das nicht verübeln, trat sie an den nächsten Nadelbaum – eine Krüppelkiefer – und brach einen mit grünen Nadeln besetzten geraden Zweig ab. Sie brauchte Holz, das noch saftig, nicht spröde oder brüchig war. Am Kochfeuer rieb sie ihren Zweig an Steinen, bis er so glatt wie möglich war. Dann hielt sie ein Ende in das kleine Feuer, um es hoffentlich zu härten. Bevor es Feuer fangen konnte, zog sie es heraus, um es erneut zu glätten. Als sie diesen Vorgang mehrmals wiederholte, begann sich am Ende des Zweigs eine Spitze herauszubilden.
    »Die Lady ist sehr erfinderisch«, bemerkte die Mahdoubt mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme. »Muss die Mahdoubt ihre Ängste begraben? Das muss sie gewisslich. Die Lady hat unter dem großen Melenkurion Himmelswehr gegen ihre Feinde bestanden. Ist es da denkbar, dass die Vernichtung der Erde ihren Listenreichtum überfordern könnte?«
    Linden machte eine kurze Pause, um sich ihr müdes Gesicht zu massieren, die trockenen Augen zu reiben. Also gut, sagte sie sich. Stoff. Eine Nadel. Jetzt noch Faden. Ihres Wissens hatte der Wald nichts Geeignetes zu bieten. Seine dünnsten Ranken und geschmeidigsten Fasern wären irgendwann verrottet und hätten so ihre Dankbarkeit entwertet. Seufzend breitete sie das Stück Flanell aus und machte sich daran, mit der Spitze ihres Zweiges Fäden von der zerfransten Stoffkante zu lösen. Das war eine schwierige Arbeit, und bald schon konnte Linden kaum mehr die Augen offen halten, schrumpfte die Welt, bis sie nur noch aus ihren Händen, der

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