Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
schön und strahlend: von Farbtönen leuchtend, die an Reflexionen von Edelsteinen erinnerten. Ihre Kleidung hätte aus Seidenchiffon sein oder aus Diamanten und Rubinen bestehen können, deren Schimmer und rötliches Feuer durch die unendliche Magie von Träumen verwoben war. Der prächtige Glanz ihres Haares wirkte kostbarer als Juwelen: Er leuchtete wie ihr reich geschmückter Umhang und ihre königlichen Augen, wie ein von Mondschein verzauberter See. Ihr matt glänzender Teint verursachte oder glich ihrem Glockenklang, und als sie sich bewegte, war jede Linie ihres Körpers in Exaltiertheit gehüllt. In ihrem Blick aber, in ihrer Haltung, kämpfte gebieterischer Hochmut gegen Kummer und Flehen an.
Linden erkannte sie sofort. Diese Frau war Infelizitas. Auf eine Weise, die Linden nie verstanden hatte, war sie die Anführerin oder Sprecherin oder regierende Herrscherin der Elohim. Für ihr Volk verkörperte sie, was es als »Wyrd der Erde« bezeichnete, obgleich der sanfte Tonfall der Elohim es auch wie »Würde«, »Wird« oder »Wort« klingen lassen konnte. Allein ihre Gegenwart gebot Demut, drängte zu Unterwürfigkeit. Während Hyn unbeirrbar ruhig blieb, spürte Linden den blinden Drang, beschämt vor Infelizitas niederzuknien.
Liand und die Ramen reagierten nicht anders. Ihre Gesichter spiegelten Infelizitas' Glanz wider. Sogar Mahrtiir wurde von Ehrfurcht und Kummer befallen. Und die Riesinnen, deren Volk die Elohim seit Jahrtausenden kannte, beeilten sich, ihre Schwerter wegzustecken und sich tief zu verbeugen. Nur die Haruchai ließen keine Reaktion erkennen – die Haruchai und der Egger.
Vor Jahrtausenden hatte das unbedingte Pflichtbewusstsein von Staves Vorfahren die Elohim gekränkt. In neuerer Zeit hatte Linden von dem Theomach erfahren, dass der Hochmut und die Macht der Elohim sein Volk verärgerten. Und der Vizard hatte versucht, Jeremiah dazu zu bringen, sie einzusperren.
Beim Elohimfest, auf dem Linden Infelizitas erstmals gesehen hatte, hatten ihre Leute Covenant verraten, weil sie ihm als Weißgoldträger misstrauten. Sie waren der Ansicht gewesen, Linden solle wilde Magie gebrauchen dürfen. Schon damals waren sie überzeugt gewesen, Covenant werde in seinem Kampf gegen Lord Foul letztlich unterliegen.
In Linden weckte der Anblick Infelizitas' plötzlich die Angst, ihre Not – und die des Landes – beweise nur, dass die Elohim von Anfang an recht gehabt hatten. Dass der Verächter wiederholt zu alter Stärke zurückgekehrt war, minderte den Wert von Covenants Siegen. Sie hätten ebenso gut Niederlagen sein können.
Infelizitas ging nicht durchs Gras; sie schwebte auf Augenhöhe mit den Riesinnen durch die Luft. Vielleicht wollte sie auf Linden und den Egger hinuntersehen. In ihrer Stimme klangen Glocken, als sie sagte: »Der Insequente sprich wahr, Weißgoldträgerin.« Um sie herum wurde die Nacht über den Hügeln und dem Seelentrost dunkler, als absorbiere ihre Erscheinung den letzten Rest Tageslicht. »Im heiligen Andelain werden keine Mächte gegeneinander kämpfen. Weil er verbittert und sich seiner Bedeutungslosigkeit bewusst ist, wirft er uns Arroganz und Selbstgefälligkeit vor. Zugleich will er nicht eingestehen, dass genau die Eigenschaft, die er beklagt – die Gewissheit, allem gewachsen zu sein –, seine kleinen Machenschaften, aber auch sein Leben bewahrt. Wären wir weniger, als wir sind, hätten wir schon früher Anstoß genommen und die Insequenten wegen ihrer ständigen Einmischungen liquidiert.«
»Du brüstest dich grundlos, Elohim «, widersprach der Egger. »Ist euer erwählter Wächter des Einholzbaums nicht von dem Theomach besiegt worden?«
»Ganz recht«, bestätigte Infelizitas in einem Tonfall, der nichts einräumte. »Und dann ist der Theomach seinerseits besiegt worden. Obwohl er das Wyrd der Erde verändern wollte, ist er einem bloßen Haruchai unterlegen. Daher ist unsere gegenwärtige Gefahr teilweise den Insequenten zuzuschreiben. Hätte der Theomach auf Größenwahn verzichtet, wäre vieles, was jetzt die Erde bedroht, nicht geschehen, und ich wäre nicht hergekommen, um deiner Unersättlichkeit entgegenzutreten.«
Der Egger lachte; er verspottete Infelizitas, wie er zuvor Linden verspottet hatte. »Du bist gewitzt, Elohim. Du sprichst, um die Wahrheit zu verschleiern. Bist nicht auch du gekommen, um die Lady von ihrem Vorhaben abzubringen?«
Infelizitas blieb unbeirrbar. »Ja, das stimmt.« In ihrem Gesicht vereinigten sich Zorn, Trauer und
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