Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
gleichgültig. Er hätte sie auf den Knien liegend um Verzeihung bitten können, ohne dass sie sich hätte umstimmen lassen. Aber weil Jeremiah dabei war, sagte sie ruhig: »Mach dir deswegen keine Sorgen. Wir lernen noch, miteinander zu sprechen. Wir sind alle übermüdet und frustriert. Wir sollten aufbrechen, ehe wir ernstlich streiten.«
Die Erleichterung auf Jeremiahs Gesicht war so offenkundig, dass Linden sie kaum ertragen konnte.
Covenant starrte sie wieder an: »Wohin aufbrechen? Du hast noch keinen ...«
Linden unterbrach ihn. »Wohin wohl? In Bereks Lager. Du hast selbst gesagt, dass er mitten in einer Schlacht steht. Aber er hat Proviant. Er hat warme Kleidung.« Selbst wahre Gläubige konnten nicht allein vom Glauben leben. »Und ich möchte wetten, dass er Pferde hat. Können wir ihn erreichen, lässt er sich vielleicht überreden, uns zu helfen.«
Das war ihr Ernst: Sie wusste nicht, wie sie sonst hoffen konnte, Covenants Ziel zu erreichen. Aber sie wollte auch hören, was er diesmal über mögliche Folgen sagen würde. Waren ihre Entschlüsse und Taten irgendwie mit dem Bogen der Zeit kompatibel ... Der Theomach hatte behauptet: Handelt sie frei, entsteht kein Schaden. Dafür werde ich sorgen.
Bereks Lager zu betreten war doch bestimmt weniger gefährlich, als die gesamte Vergangenheit der Ranyhyn umzugestalten!
»Ich habe es gesagt! «, krähte Jeremiah. »Manchmal tut sie instinktiv das Richtige. Das könnte klappen. Sie wird dafür sorgen, dass es klappt.«
Covenant betrachtete sie sekundenlang skeptisch, als vermute er irgendeinen Täuschungsversuch, dann nickte er: »Einen Versuch ist es bestimmt wert. Berek tappt noch in fast jeder Beziehung ziemlich im Dunkeln. Er weiß kaum, was er kann – und wie er es tun kann. Dass er uns als das erkennt, was wir tatsächlich sind, ist unwahrscheinlich. Und er besitzt natürlich Pferde. Ich muss dich allerdings warnen«, fügte er grimmig hinzu. »Dieses Vorhaben musst du zum Erfolg führen, denn ich kann es garantiert nicht. Berek ahnt bisher nichts davon, aber er steckt voller Erdkraft. Er kann uns ausradieren. Berührt er uns, waren alle Qualen vergebens.«
Linden nickte. Sie war nicht überrascht und sich ihrer Sache sicher. Falls sie vom »Pfad« des Theomachs abzukommen drohte, würde er sie korrigieren.
*
Anfangs übernahm Linden die Führung – nicht weil sie besser als die anderen wusste, wo Berek kämpfte, sondern weil sie es eilig hatte, den Hügel zu verlassen. Sie wollte sich nicht bis zur Erschöpfung anstrengen, indem sie den schwierigen Hügelkämmen folgte. Trotz seiner von Tod kündenden Atmosphäre brauchte sie den leichter begehbaren Talboden. Also stieg sie über die Steilhänge ab, so rasch sie konnte, und kehrte dem Westen den Rücken zu. In ihrer Hast geriet sie oft ins Straucheln, weil ihre Stiefel auf Steinen oder Knochen unter dem Schnee ausrutschten. Manchmal stürzte sie, aber ihr Umhang schützte sie einigermaßen vor dem Schnee. Erst als der Talboden erreicht war, verlangsamte sie ihr Tempo. Hier waren die Erinnerungen an die Gefallenen stärker, aber die Sonne stand nun im Westen und blendete sie nicht mehr. Nun ging sie langsamer, um sich nicht auszulaugen. Die Kälte nahm zu, als die Intensität der Sonneneinstrahlung abnahm. Hätte sie unter diesen Umständen ein rasches Tempo beibehalten wollen, wäre sie bald mit ihren Kräften am Ende gewesen.
Es dauerte nicht lange, bis Covenant und Jeremiah zu ihr aufschlossen. Eine Zeit lang beobachteten sie, wie Linden mühsam durch den Schnee stapfte, und hielten sicheren Abstand von ihr. Aber da beide gegen Kälte und Anstrengung immun zu sein schienen, gewannen sie bald einen kleinen Vorsprung, als widerstrebe ihnen Lindens Gesellschaft. Doch Linden wollte sich nicht abhängen lassen. »Covenant, warte!«, keuchte sie. »Ich habe noch eine Frage.«
Die beiden wechselten einige leise Worte, die sie nicht verstand, dann verlangsamten sie ihr Tempo, und sie keuchte: »Wie weit ist es überhaupt?«
»Drei Meilen«, antwortete Covenant schroff. »Vielleicht sogar mehr. Bei diesem Tempo kommen wir erst bei Dunkelheit an.« Erst wenn die Letzten Hügel nicht mehr von der schwach wärmenden Sonne beschienen wurden.
Dachte sie nicht an etwas anderes als ihre eigene Schwäche, würde sie bald ganz mutlos werden. »Ich habe keine Ahnung, worauf wir uns einlassen«, sagte sie. »Ich weiß, dass es Dinge gibt, über die du nach dem Willen des Theomachs nicht sprechen
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