Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
einzunehmen.«
Linden glaubte ihm noch immer nicht. Die Urbösen hatten zu viel für sie getan. Und immer wenn er sie dafür tadelte, dass sie den von ihr geschaffenen Stab auch einsetzte, verhärtete sich ihr instinktiver Widerstand gegen ihn. Der Mann, den sie zu seinem Tod begleitet hatte, hätte solche Dinge nicht gesagt. Und plötzlich sehnte sie sich mit aller Macht nach dem Thomas Covenant, der sie einst geliebt und akzeptiert hatte. Aber Streit brachte sie jetzt nicht weiter. Waren die Handschellen tatsächlich für Covenant bestimmt gewesen, waren die Urbösen gescheitert – und würden mit den Folgen dieses Fehlschlags leben müssen.
»Also gut«, sagte sie, als habe Covenants heftige Reaktion sie überzeugt. »Ich versuche nur, diesen Punkt zu verstehen. Muss ich entscheiden, was wir tun sollen, muss ich möglichst viel verstehen.« Sie holte tief Luft, atmete langsam aus. »Ich habe eine Idee. Weshalb rufen wir nicht die Ranyhyn?«
Hyn würde erst in Jahrtausenden geboren werden. Selbst die Herde, die sich vor Covenant aufgebäumt hatte, lebte Jahrtausende weit in der Zukunft. Aber Linden wusste nicht, wie sie die geheimnisvolle Beziehung zwischen den Ranyhyn und der Zeit beurteilen sollte. Ihre beschränkten linearen Auffassungen hatten sich wiederholt als unzulänglich erwiesen. Denkbar war durchaus, dass Hyns ferne Vorfahren längst wussten, dass Linden sie brauchte.
Aber Jeremiah bedeckte sein Gesicht mit den Händen, als geniere er sich für sie, und Covenant explodierte förmlich. »Höllenfeuer und blutige Verdammnis! Dieser idiotische Vorschlag ist sogar noch schlimmer als die Idee, nach Andelain zu ziehen.«
Linden, die seinem zornigen Blick standhielt, versuchte nicht, ihn zu unterbrechen.
»Vielleicht können sie dich hören«, fuhr er heftig fort. »Vielleicht auch nicht. Tun sie es, melden sie sich vermutlich auch. Dafür sind sie treu genug. Aber das ist nicht der springende Punkt. Du würdest sie auffordern, gegen die Geschichte des Landes zu verstoßen. Den Bogen der Zeit zu gefährden.«
»Wieso?«, fragte sie.
Covenant war sichtlich bemüht, seine Selbstbeherrschung zurückzugewinnen. »Weil es im Land gegenwärtig keine Ranyhyn gibt. Nachdem Foul Kelenbhrabanal getötet hatte, hat er sie vertrieben. Wären sie nicht geflüchtet, hätte er sie ausgerottet. Sie kommen erst in drei- oder vierhundert Jahren zurück. Bis sie die Ramen finden – oder die Ramen sie. Da Kelenbhrabanal tot ist, brauchen sie die Ramen als Führer. Rufst du sie jetzt – und kommen sie tatsächlich –, sind die Folgen noch in Jahrtausenden zu spüren. Und statt sich abzuschwächen, werden sie immer schlimmer. Eines kommt zum anderen, und daraus entstehen ständig weitere Veränderungen.«
Linden wartete kühl, bis Covenant ausgeredet hatte. Dann sagte sie ausdruckslos: »Das alles habe ich nicht gewusst. Es gibt zu viele Dinge, die du mir noch nicht erzählt hast. So kann ich unmöglich zwischen guten und schlechten Ideen unterscheiden.«
»Sie hat recht«, warf Jeremiah zögerlich ein. »Wir verlangen schrecklich viel von ihr. Es ist nicht ihre Schuld, wenn sie manchmal etwas Falsches sagt.«
Seine offensichtliche Unlust, sie zu verteidigen oder sich Covenant auch nur in dem kleinsten Punkt entgegenzustellen, schmerzte Linden tief, und einmal mehr biss sie sich auf die Unterlippe, um ihre tiefere Qual zu verbergen. Sie hatte einen großen Teil ihres Lebens damit verbracht, Jeremiah liebevoll zu versorgen. In dieser Zeit war Covenant ihm wichtiger geworden, als sie es jemals gewesen war. Einem Covenant, der ihr einst keine Vorwürfe gemacht hätte. Jeremiah konnte sie seine gewandelte Loyalität nicht zum Vorwurf machen. Sie liebte ihn genug, um dankbar dafür zu sein, dass er jetzt imstande war, Bindungen wie die zu Covenant einzugehen. Aber ihr hilfloser Zorn auf den Verächter wurde mit jedem neuen Beweis dafür, dass Jeremiah sie nicht liebte, nur noch stärker.
Covenant wich ihrem Blick aus. »Ich bin zu reizbar«, gestand er ein, als spreche er mit der Luft. »Das weiß ich selbst. Es kommt von der Frustration ... Was ich zu tun versuche, ist verdammt schwierig. Und es tut weh. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was Jeremiah erleidet. Ich möchte ihm so unbedingt helfen ...« Nach kurzer Pause fügte er hinzu: »Und dir. Und dem Land. Du hast keine dieser Verzögerungen, keines dieser Hindernisse verursacht. Aber sie machen mich verrückt.«
Linden war der Versuch seiner Entschuldigung
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