Die Rückkehr (German Edition)
hatte die Erwartungen an ihren Vater gesenkt, aber das hier war doch ein wenig zu peinlich. Sie hätte den beiden Frauen einfach ihr Geld zurückgegeben und sie weggeschickt, aber Wayne Wilson ließ sich niemals ohne großen Kampf einen Dollar aus der Tasche ziehen. Sogar das kleine Melodram mit der dicken Frau, die das Bewusstsein verloren hatte, hatte sich als ziemlich öde herausgestellt. Diese ganze Konferenz entpuppte sich immer mehr als nichts weiter als ein weiteres verschwendetes Wochenende.
Im Kontrollraum herrschte Chaos, nach nur zwei Stunden waren die Tourenplanungen schon über den Haufen geworfen. Ein Dutzend Leute beschwerte sich über die eigene Gruppe, und eine Frau hatte gesagt, dass sie im Dunkeln begrabscht worden sei. Wayne hatte versucht, sie zu beschwichtigen, indem er versuchte, ihr einzureden, dass sie von einem Geist berührt worden war, aber offenbar hatte der feministische Feuereifer der Frau über ihren Glauben an das Übernatürliche gesiegt.
»Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten wird alles wieder nach Plan laufen«, brüllte Wayne mit seiner besten Ausruferstimme und konnte damit vorübergehend die Rebellion ersticken. Der Raum roch nach Menthol und abgestandenem Tabakrauch, mit einem leichten Anflug von Körpergeruch. Während er sich mit Burton über ein Klemmbrett beugte, schlängelte sich Kendra durch die murmelnde Menge zu Cody, der auf die Tasten seines Laptops einhämmerte.
»Hey, Zukunft«, sagte sie. »Gibt’s schon was?«
Cody runzelte die Stirn, während er auf seinen Computer stierte, der auf einem Kartentisch platziert und mit einer Reihe von Monitoren verbunden war. »Guck dir das an«, sagte er, ohne hochzublicken.
Er drückte ein paar Tasten, wodurch eines der Videovorschaubilder seinen ganzen Bildschirm einnahm. Kendra lehnte sich über Codys Schulter, um den Videoclip sehen zu können. Codys Nacken roch sauber, mit einer natürlichen Frische, die sie ein wenig schwindelig machte. Sie überlegte sich, ob sie mit ihrer Brust seinen Rücken berühren sollte, kam aber zu dem Schluss, dass er zu sehr in seine Arbeit vertieft war, um es wahrzunehmen. Sie wollte ihre Munition nicht unnötig verschießen.
Sie grinste in sich hinein. Kleine Kugeln.
»Der Dachboden«, sagte Cody, womit er das Offensichtliche aussprach, während er auf den Bildschirm deutete. Das Bild zeigte Dachsparren, staubige Bretter, einen zerfallenden Kamin aus Ziegelsteinen und flauschige Haufen alten Isoliermaterials.
»Gruselig.«
»Nicht mehr, als jeder andere dunkle Ort. Jetzt guck.« Cody drückte eine Taste und das Video begann zu laufen.
Kendra sah keine Bewegung auf dem Schirm und wusste nicht, ob es sich nicht doch um ein Standbild handelte, bis schließlich eine Motte vor der Kamera vorbeiflatterte. Wie die meisten Geisterjäger verbrachte auch ihr Vater mehr Zeit mit dem Studium potenzieller Beweise als mit der Geisterjagd selbst – einer der banalsten und am häufigsten übersehenen Aspekte des Gebiets. Die Geisterjägershows im Fernsehen verzichteten darauf, die langweilige Forschung zu zeigen, die die Basis für das Sammeln der Kuriositäten bildete, weil die Zuschauer sonst zu Reality-Shows und anderen Formen der unmittelbaren Befriedigung umschalten würden. Cody war genauso ungeduldig wie jeder andere Teenager, deshalb hielt er sich nicht lange damit auf, Spannung aufzubauen.
Nach 20 Sekunden erschien Wayne auf dem Bildschirm, ging in die Hocke und bewegte sich unbeholfen zum Kamin. Er legte seine Hand auf die Backsteine, als ob er etwas taxieren wollte, dann zog er sich zurück.
»Okay, Dad verhält sich wie ein Idiot«, sagte sie. »Das ist nichts Besonderes.«
»Warte.«
Fünf Sekunden später erschien das undeutliche Bild eines Menschen auf den Backsteinen. Das Bild bewegte sich nicht, aber schien stärker und schwächer zu werden. Gerade als die Umrisse der Frau deutlich wurden und ihr wallendes Kleid und langes Haar zeigten, verschwand es.
»Wow«, sagte Kendra. »Hab ich das wirklich gesehen?«
»Yep.« Cody ließ die Aufnahme weiterlaufen, während Wayne die Gruppen organisierte und begann, sie aus dem Kontrollraum zu scheuchen. Cody stoppte das Video, machte eine Sicherungskopie und ließ den Abschnitt noch einmal laufen. Diesmal zoomte er heran und vergrößerte die Auflösung, so dass das Bild in großen rechteckigen Pixeln erschien.
»Hier ist das Seltsame«, sagte Cody und berührte den Bildschirm mit seinem Finger. »Siehst du die digitale
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