Die Rückkehr (German Edition)
mich nicht wundern, wenn Digger Wilson das selbst eingefädelt hätte«, sagte Duncan. »Vielleicht hat er eine dünne Angelschnur ans Kabel der Lampe gebunden.«
Ann machte eine weitere Aufnahme. »Glaub ich nicht. Er hätte ein wenig mit dem Publikum gespielt und das Drama bis zu einem befriedigenden Höhepunkt gesteigert. Er ist zumindest ein Entertainer, wenn schon sonst nichts.«
Am anderen Ende des Korridors kam eine kleine Gruppe um die Ecke. Angeführt wurde sie von einem Mann mittleren Alters in einem SSI-Overall. Während viele der Geisterjäger normalerweise ernst waren und gehetzt aussahen, war diese Gruppe ungestüm und fröhlich.
»Kein Respekt vor den Toten«, sagte Duncan.
»Der Teilnehmerliste nach zu urteilen sind die meisten dieser Leute von bekannten Gruppen«, sagte Ann. »Ich denke, sie wollen alle eine eigene Geistershow auf dem Sci-Fi Channel.«
»Mit wenig Wissenschaft und viel Fantasie«, sagte Duncan. »Ich bezweifle, dass viel Bedarf an einem ›Skeptiker Kanal‹ bestehen würde.«
»Skeptiker? Ich bin nicht skeptisch. Skeptiker räumen immer noch die Möglichkeit ein.«
Ann und Duncan drückten sich an die Wand, um die Gruppe passieren zu lassen. Der Gruppenführer im Overall lächelte ihnen zu und blickte auf ihre Namensschilder. Das Walkie-Talkie an seiner Hüfte rauschte und krächzte, und Diggers Stimme wurde von einer Welle statischer Geräusche herangetragen. »Wir müssen uns umorganisieren, Jungs. Bitte kommt zurück zum Kontrollraum.«
Der Overall stöhnte und schlug mit seinem Klemmbrett gegen seine Hüfte. »Auf diese Weise kann man keine Eisenbahn führen.«
Während er seine Herde Richtung Treppe führte, griff Ann nach Duncans Ärmel und zog ihn in die entgegengesetzte Richtung. »Komm schon, Hübscher, Zeit für ein Spielchen.«
»Wir haben doch gerade erst gespielt. Du weißt doch, dass es ein paar Stunden dauert, bis ich mich erholt habe.«
»Nicht diese Art von Vergnügen. Das hier ist für die Nachwelt.«
»Wohin gehen wir?«
»Ich hab auf dem Klemmbrett des Typen gesehen, dass sie auf dem Weg zu 302 sind. Wir haben Zeit, ihnen eine kleine Show zu bieten.«
»Was ist mit all den Kameras, die sie laufen haben?«
»Die benutzen wir.«
Nachdem sie um die Ecke gegangen waren, kamen sie zu einer Treppe, auf der jede Stufe knarrte. Ann bewunderte die Klugheit des Hausmeisterteams. Von den Spiegeln an der Wand bis zu dem sorgfältigen Verfall hätte ein Konstruktionsteam aus Hollywood auch keine bessere Bühne zusammenschustern können. Das Hotel verfügte sogar über einen frostigen Luftzug, der sich durch den Gang schlängelte.
302 war nicht abgeschlossen, genau wie Ann es erwartet hatte. Alle Schauplätze für die Geisterjagd waren garantiert rund um die Uhr zugänglich für den Fall, dass einer der eingefleischten Geistersüchtigen mitten in der Nacht eine Dosis benötigte.
»Also, was ist der Plan?«, fragte Duncan.
»Sehr schön, du sprichst wieder in Fragen.«
»Ich habe einen forschenden Geist.«
»Und du forscht auch gern anderswo. Aber ab und an solltest du einfach die Klappe halten und meine Anweisungen befolgen.«
»Und was habe ich davon?«
»Meine ewige Dankbarkeit. Jetzt geh zum Fenster und wickle dich in den Vorhang ein.«
»Darauf wird niemand hereinfallen.«
»Ich werde das Licht aufblitzen lassen. Wenn jemand draußen steht, wird er deine Silhouette wahrnehmen, aber keine Zeit haben, irgendwas genau zu sehen. So wirst du zu einer ›Erscheinung‹, und alle werden mit ihren Geräten hierher rennen wollen.«
»Ich kapier’s immer noch nicht.« Noch während er zweifelte, ging er zum Fenster und Ann lächelte in sich hinein. Sie wusste, wie sie bekam, was sie wollte, und wahrscheinlich hatte er noch ein paar gute Monate vor sich, bevor sie mit ihm fertig war.
»Wenn 302 ein Brennpunkt wird, haben wir Zeit, unser Zeug in den anderen Zimmern unterzubringen.«
»Was für Zeug?« Die Frau, die aus dem Badezimmer kam, überraschte Ann, und Duncan beeilte sich, sich aus dem Vorhang heraus zu wickeln.
»Oh, Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass jemand da drin ist.«
»Ja, unsere Gruppe hat hier gejagt und ich musste...« Sie rollte die Augen Richtung Badezimmer. »Das Scheißding spült nicht runter.«
»Wir haben nur herumgeblödelt«, sagte Ann.
»Sie haben etwas von einer Erscheinung gesagt.«
Ann hatte die Kontrolle verloren, vor den Augen Duncans. Die Frau sah aus wie Mitte Dreißig, war attraktiv und in keiner Weise so
Weitere Kostenlose Bücher