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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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seinem Dienstwagen den Mercedes auf der fast leeren, nächtlichen Autobahn schnell wieder einholen würde.
    Wenig später sah er die Rücklichter wieder größer werden, zügig schloß er auf. Ganz in der Ferne flackerten die Blaulichter der Autobahnstreife, doch der Mercedes verlangsamte kein bißchen. Laurenti schaltete die Lichter seines Wagens aus. Laura starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, die Knöchel ihrer Hand, mit der sie sich am Haltegriff festklammerte, schimmerten weiß.
    »Geh runter, Laura«, zischte er. »Tauch ab. Man weiß nie!«
    »Einen Teufel werde ich. Wenn ich schon in den Tod fahre, dann will ich das wenigstens sehen.«
    Einen Kilometer vor dem Streifenwagen, der quer auf den beiden Fahrspuren stand, setzte Laurenti zum Überholen an. Als er eine halbe Wagenlänge Vorsprung hatte, schaltete er Scheinwerfer, Blaulicht und Sirene ein und stieg in die Bremsen. Der Mercedes konnte die Blockade nicht mehr umfahren. Kaum eine Handbreit vor dem Fahrzeug der slowenischen Polizei kam er zum Stehen. Schlagartig setzte Laurenti zurück und stellte sich hinter dem Wagen quer, während die slowenischen Kollegen mit gezogenen Waffen dem Fahrer zuriefen, daß er mit erhobenen Händen aussteigen solle. Plötzlich schien er Zeit zu haben. Nur langsam kam er dem Befehl nach und legte die Hände aufs Autodach. Die Uniformierten durchsuchten ihn routiniert, legten ihm Handfesseln an und beförderten den Mann schließlich auf den Rücksitz ihres Streifenwagens. Dann kam einer von ihnen auf Laurenti zu.
    »Sie sind auf fremdem Staatsgebiet«, sagte der Polizist. »Ihre Papiere!« Dann leuchtete er mit der Taschenlampe ins Wageninnere. »Und die Ihrer Kollegin.«
    »Sie könnten wenigstens danke sagen«, sagte Laurenti.
     
    *
     
    Kommandant Mirko Rožman traf zehn Minuten später ein. Er schenkte Laurenti keinen Blick und wandte sich direkt an seine Kollegen. Die Beamten verloren nur wenige Worte, übergaben ihm einen Plastikbeutel, stiegen ein und fuhren mit dem Fahrer des Mercedes im Fond davon. Erst jetzt kam Rožman auf Laurenti zu, der zusammen mit Laura an der geöffneten hinteren Tür des Kombis stand.
    »Rožman, schauen Sie hier«, sagte der Kommissar der italienischen Polizei auf slowenischem Staatsgebiet. »Wir brauchen sofort einen Tierarzt.«
    Er beugte sich in den Wagen und hob den blutigen Kopf eines Hundes an, dessen Ohren zu Stummeln kupiert waren und der kaum Kraft hatte, ihn mit matten Augen anzustarren.
    »Wer hat das getan?« Laurenti schüttelte angeekelt den Kopf. »Auch der Beifahrersitz ist blutverschmiert und die Seitenscheibe zersplittert.«
    »Wir sollten ihm den Gnadenschuß geben«, sagte Rožman, nachdem er das Tier begutachtet und mit dem Frottéhandtuch, das auf dem Rücksitz lag, zugedeckt hatte. Er gab dem Uniformierten, der seinen Wagen fuhr, ein paar Anweisungen, die Laurenti nicht verstand, worauf der Mann zum Funkgerät griff. »Wir bringen ihn in die Tierklinik in Ljubljana. Wie kann man ein Tier nur so zurichten?«
    »Was ist das?« fragte Laurenti und zeigte auf den Plastikbeutel.
    »Was der Mann in den Taschen hatte. Verdammt viel Geld. Und eine vierundvierziger Magnum.«
    »Haben Sie die Dokumente des Fahrers?«
    Rožman zog einen Paß aus der Jackentasche und blätterte ihn auf. »Ihr Landsmann, Laurenti. Domenico Calamizzi, wohnhaft in Reinbek, Deutschland.«
    Laurenti warf einen Blick darauf und übertrug die Daten in sein Notizbuch. »Mal sehen, ob er in unserer Kartei ist.« Dann notierte er noch das Kennzeichen des Mercedes.
    »Unsere neue Zusammenarbeit fängt ja gut an«, sagte Rožman. »Wir werden Schlagzeilen machen, Commissario. Aber ich schlage vor, die Formalitäten erledigen wir morgen.« Rožman tippte auf seine Armbanduhr. Dann reichte er Laura die Hand. »Ihre Kollegin kenne ich noch gar nicht.«
    »Laura, meine Frau«, sagte Laurenti. »Warum ist der Mann eigentlich abgehauen?«
    »Eine Frau ist in seinen Wagen gelaufen. Sie hat aber keine lebensgefährlichen Verletzungen. Das Glück der Betrunkenen. Es war eindeutig ihre Schuld. Um so mehr verwundert es, daß diese Type geflohen ist. Wieso waren Sie eigentlich so schnell?«
    »Wir wollten gerade nach Hause fahren, als er sich davonmachte.«
    Das Klingeln von Laurentis Mobiltelefon unterbrach sie. Er erkannte die Nummer der kleinen Inspektorin und entfernte sich ein paar Meter, doch Laura und der Kollege aus Sežana hörten ihn trotzdem fluchen.
    »Was, verdammt noch mal, ist eigentlich los?

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