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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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von der korrekten Abfolge abgewichen. Er beugte sich nach vorn, sein Gesicht war nur ein paar Zentimeter von Horaces weg, und sagte mit einer Stimme, die viel zu laut für den kleinen Abstand war: »Sir Karel ruft die Schlagfolge auf, die er ausgeführt haben will! Du führst sie aus! Verstanden?«
    »Sir, das habe ich getan«, erwiderte Horace, der jetzt knallrot angelaufen war. Er wusste, dass man einem älteren Kadetten eigentlich nicht widersprechen durfte, doch er war sich auch sicher, dass er jeden Schlag ausgeführt hatte, den Sir Karel aufgerufen hatte.
    Der Kadett, erkannte Sir Rodney, war jetzt im Nachteil. Er hatte ja nicht gesehen, was Horace getan hatte. Also kaschierte er seine Unsicherheit mit Großtuerei. »Ach, hast du das? Tja, dann wiederholst du vielleicht einfach die letzte Schlagfolge für mich. Welche hat Sir Karel aufgerufen?«
    Ohne zu zögern antwortete Horace: »Schlagfolge fünf, Sir: Zwerg, Ochs, Eber, Dach, Dachparade.«
    Der Kadett zögerte. Er hatte angenommen, dass Horace einfach vor sich hingeträumt und willkürlich auf den Pfosten eingeschlagen hatte.
    »Was geht hier vor, Paul?« Sir Morton klang nicht allzu erfreut.
    »Sir, der Rekrut sagt , er hätte die Schlagfolge korrekt ausgeführt«, erwiderte Kadett Paul. Horace wollte sich schon gegen die Unterstellung, die in der Betonung des Wortes sagt lag, verteidigen, doch dann hielt er lieber den Mund.
    »Einen Augenblick!«
    Paul und Sir Morton sahen verblüfft auf. Sie hatten Sir Rodney nicht kommen sehen. Um sie herum nahmen die Rekruten Hab-Acht-Stellung ein. Vor Sir Rodney hatten alle Mitglieder der Heeresschule großen Respekt. Selbst Sir Morton richtete sich unwillkürlich gerade auf und straffte die Schultern.
    Horace biss sich besorgt auf die Lippe. Die Möglichkeit, von der Heeresschule verwiesen zu werden, schien immer näher zu rücken. Zuerst hatte er aus irgendeinem Grund die drei Kadetten aus dem zweiten Jahr gegen sich aufgebracht. Dann hatte er die unwillkommene Aufmerksamkeit von Kadett Paul und Sir Morton auf sich gezogen. Und jetzt das – der Heeresmeister selbst! Und dabei wusste er nicht einmal, was er falsch gemacht hatte.
    »Erinnerst du dich an die Schlagfolge, Kadett Horace?« , fragte der Heeresmeister.
    Der Kadett nickte nachdrücklich, dann wurde ihm klar, dass dies wohl kaum eine akzeptable Antwort auf die Frage eines vorgesetzten Offiziers war, und sagte: »Ja, Sir. Schlagfolge fünf, Sir.«
    Dies war das zweite Mal, dass er die Schlagfolge identifiziert hatte, bemerkte Sir Rodney. Er hätte wetten mögen, dass kein anderer der Kadetten in der Lage gewesen wäre, anzugeben, welche Schlagfolge aus dem Exerzier-Handbuch sie gerade vollführt hatten. Er bezweifelte, dass sämtliche älteren Kadetten das wussten. Sir Morton wollte etwas sagen, doch Sir Rodney hob abwehrend die Hand.
    »Vielleicht könntest du die Übung jetzt für uns wiederholen«, sagte er, und seine strenge Stimme verriet nichts von dem wachsenden Interesse, das er an diesem Rekruten verspürte. Er deutete auf den Übungspfosten.
    »Nimm deine Position ein. Ruf die Schlagfolge auf – und los!«
    Horace vollführte die Schlagfolge fehlerlos und zählte die Schläge dabei auf. »Zwerg, Ochs, Eber, Dach, Dachparade!«
    Das Übungsschwert schlug im perfekten Rhythmus gegen die Lederpolsterung. Diesmal, bemerkte Sir Rodney, gab es keinen zusätzlichen Schlag. Sir Rodney wusste auch, warum. Horace konzentrierte sich darauf, die Schlagfolge völlig korrekt durchzuführen. Vorher hatte er instinktiv reagiert.
    Sir Karel, der auf Sir Rodneys Einmischung bei einer unspektakulären Exerzierübung aufmerksam wurde, kam nun durch die Reihen der Rekruten herbei. Er blickte zu Sir Rodney und hob fragend die Augenbrauen. Als altgedienter Ritter durfte er sich eine solche Vertrautheit leisten. Der Heeresmeister hob erneut die Hand. Er wollte nicht, dass jetzt irgendetwas Horaces Aufmerksamkeit ablenkte. Aber er war froh, dass Karel da war, um das mit anzusehen, von dem er sicher war, dass es wieder passieren würde.
    »Noch einmal«, sagte er mit der gleichen strengen Stimme und erneut vollführte Horace die Schlagfolge. Sobald er fertig war, befahl Sir Rodney: »Folge drei!«
    »Zwergparade! Stich! Dach! Knaufschlag!«, rief Horace aus, während er die Bewegungen vollführte.
    Jetzt konnte Sir Rodney auch sehen, dass der Junge sich absolut leichtfüßig bewegte. Sein Schwert zuckte gekonnt vor und zurück.
    Karel suchte Sir Rodneys Blick. Er nickte

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