Die Ruinen von Gorlan
alte Mann kicherte wieder und nickte einige Male.
»Das sind sie, ja, das sind sie!«, antwortete er. »Hier entlang.«
Er führte sie hinter die Hütte zu einer kleinen eingezäunten Weide. Am anderen Ende befand sich ein offener Schuppen. Eigentlich waren es nur ein paar überdachte Pfosten ohne Wände. Der alte Mann stieß einen durchdringenden Pfiff aus, bei dem Will zusammenzuckte.
»Da sind sie, seht ihr?«, sagte Bob der Waldkauz und deutete zu dem Schuppen.
Will blickte genauer hin, und jetzt entdeckte er zwei kleine Pferde, die über die Weide auf den alten Mann zutrotteten. Als sie näher kamen, erkannte er, dass eines davon ein Pony war. Beide waren jedoch kleine, zottige Tiere, nicht zu vergleichen mit den kräftigen, einschüchternden Schlachtrössern, die der Baron und seine Ritter im Kampf ritten.
Das größere der beiden trottete sofort zu Walt. Der tätschelte ihm den Hals und reichte ihm aus einem Korb neben dem Zaun einen Apfel. Das Pferd schnappte danach und fraß ihn gierig. Walt beugte sich nach vorne und sagte ein paar Worte in sein Ohr. Das Pferd warf den Kopf nach hinten und wieherte, als ob es einen geheimen Witz mit dem Waldläufer teilte.
Das Pony wartete bei Bob, dem Waldkauz, bis es ebenfalls einen Apfel bekommen hatte. Dann blickte es Will aus großen, intelligenten Augen an.
»Der hier heißt Reißer«, erklärte der alte Mann und reichte Will die Zügel. »Sieht aus, als hätte er ungefähr deine Größe, oder?«
Will fasste die Zügel und musterte das Pony. Es war ein zottiges kleines Tier mit kurzen, aber kräftigen Beinen. Der Rumpf hatte fast die Form eines kleinen Fasses. Mähne und Schweif waren zerzaust. Alles in allem war es für ein Pferd nicht sehr beeindruckend, fand Will.
Er hatte oft genug von dem Pferd geträumt, auf dem er eines Tages in die Schlacht reiten würde. In diesen Träumen war das Pferd groß und majestätisch gewesen. Es war stark und rabenschwarz, und er würde es kämmen und bürsten, bis sein Fell wie eine schwarze Rüstung schimmerte.
Das Pony schien zu spüren, was er dachte, denn es stieß mit dem Kopf leicht gegen seine Schulter. Ich mag nicht sehr groß sein, sagten seine Augen, aber ich könnte dich überraschen.
»Nun«, sagte Walt. »Was hältst du von ihm?« Er streichelte die Nüstern des anderen Pferdes. Er und das Tier waren offensichtlich alte Freunde. Will zögerte. Er wollte niemanden beleidigen.
»Es ist recht klein«, sagte er schließlich.
»Das bist du auch«, erwiderte Walt. Darauf fiel Will keine Antwort ein. Bob der Waldkauz lachte schallend los.
»Is’ kein Schlachtross, was, mein Junge?«, fragte er.
»Na ja… nein, ist es nicht«, sagte Will verlegen. Er mochte Bob und hatte das Gefühl, dass jede Kritik an dem Pony vielleicht persönlich genommen werden könnte. Doch der Alte lachte wieder.
»Aber er wird jedes dieser feinen Schlachtrösser in Grund und Boden laufen!«, verkündete er stolz. »Is’n kräftiger Kerl, der da. Er läuft und läuft, auch dann noch, wenn die mächtigen Rösser sich bereits hingelegt und aufgegeben haben.«
Will sah das zottige kleine Tier zweifelnd an.
»Bestimmt tut er das«, sagte er höflich.
Walt lehnte sich gegen den Zaun.
»Warum überzeugst du dich nicht davon?«, schlug er vor. »Du bist selbst doch recht schnell. Lass ihn laufen und schau, ob du ihn wieder einfangen kannst.«
Will hörte die Herausforderung in der Stimme des Waldläufers. Er ließ die Zügel los. Das Pferd lief leichtfüßig auf der kleinen umzäunten Weide davon, als hätte es gemerkt, dass dies eine Art Probe war. Will duckte sich unter den Zaunbrettern hindurch und ging langsam auf das Pony zu. Lockend streckte er die Hand aus. »Komm schon, Junge«, sagte er. »Bleib schön stehen.«
Er streckte die Hand nach den Zügeln aus und das Pony drehte plötzlich um. Erst wich es nach der einen, dann nach der anderen Seite aus und tänzelte schließlich rückwärts aus Wills Reichweite.
Will versuchte es erneut.
Auch diesmal wich das Pony geschickt aus. Will kam sich langsam albern vor. Er näherte sich dem Pony und es wich zurück, immer wieder. Dann, als Will schon dachte, er hätte es in die Ecke getrieben, tänzelte es einfach zur Seite und war wieder entkommen.
Will verlor jetzt die Geduld und rannte ihm nach. Das Pferd wieherte voller Freude und entkam erneut. Es genoss anscheinend das Spiel.
Und so ging es weiter. Selbst in dem umzäunten Bereich der kleinen Weide bekam Will das Pony nicht zu
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