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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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behalten. Aber er darf es nicht merken.«
    »Hab schon verstanden«, erwiderte Sir Karel. »Wir wollen ja nicht, dass er sich für etwas Besonderes hält.«

    Im Augenblick bestand jedoch überhaupt keine Gefahr, dass Horace sich für etwas Besonderes hielt – zumindest nicht im positiven Sinne. Er hatte allerdings den Eindruck, dass er Probleme ganz besonders anzog.
    Es waren bereits Gerüchte über das, was auf dem Exerzierplatz passiert war, im Umlauf. Seine Klassenkameraden, die nicht verstanden hatten, was da vor sich gegangen war, nahmen alle an, dass Horace den Heeresmeister verärgert hatte und sie deshalb die unvermeidliche Strafe erwartete. Während des ersten Halbjahres galt die Regel, dass die ganze Klasse für den Fehler eines Einzigen geradezustehen hatte. Dementsprechend war die Atmosphäre im Schlafraum, um es gelinde auszudrücken, ziemlich angespannt. Horace hatte das Zimmer schließlich verlassen, um den feindseligen Blicken der anderen zu entkommen. Er ging hinunter zum Fluss, doch unglücklicherweise lief er geradewegs Alda, Bryn und Jerome in die Arme.
    Die drei älteren Jungen hatten eine verstümmelte Version der Szene im Exerzierhof gehört. Sie nahmen einfach an, dass Horace für seine Schwertarbeit gerügt worden war, und beschlossen, ihn dafür bezahlen zu lassen.
    Sie wussten zwar, dass ihr Verhalten gewiss nicht den Beifall der Lehrer an der Heeresschule fand, Horace konnte das als Neuling jedoch nicht ahnen. Er nahm an, dass es eben üblich war, Neulinge zu demütigen, und deshalb ließ er es sich gefallen.
    Um ungesehen zu bleiben, marschierten die drei Kadetten des zweiten Jahrgangs mit Horace noch ein Stück weiter, bis zum Flussufer. Hier ließen sie ihn bis zu den Schenkeln in den Fluss waten und dann in Hab-Acht-Stellung verharren.
    »Das Wickelkind kann sein Schwert nicht richtig halten«, höhnte Alda.
    Bryn nahm den Refrain auf. »Das Wickelkind hat den Heeresmeister verärgert. Wickelkinder gehören nicht an die Heeresschule. Wickelkinder sollten keine Schwerter zum Spielen bekommen.«
    »Wickelkinder sollten stattdessen Steine werfen«, stimmte Jerome in die höhnische Litanei ein. »Nimm einen Stein, Wickelkind!«
    Horace blickte sich zögernd um. Das Flussbett war voller Steine und er bückte sich, um einen aufzuheben.
    »Nicht so einen kleinen Stein, Wickelkind«, sagte Alda und grinste ihn böse an. »Du bist ein großes Wickelkind, also brauchst du auch einen großen Stein.«
    »Einen großen, großen Stein«, stimmte Bryn zu und zeigte mit den Händen die Größe an. Horace blickte sich um und sah verschiedene Gesteinsbrocken im kristallklaren Wasser. Er bückte sich und nahm einen davon. Der Stein war jedoch im Wasser leichter gewesen als an der Oberfläche, und Horace stöhnte unwillkürlich, als er ihn hochhob.
    »Lass mal sehen, Wickelkind«, sagte Jerome. »Halt ihn hoch.«
    Horace stellte sich breitbeinig hin, denn die Strömung des Flusses machte es schwer, das Gleichgewicht zu bewahren und gleichzeitig den schweren Felsbrocken zu halten. Sobald er festen Stand hatte, hob er den Stein auf Brusthöhe, damit seine Peiniger ihn sehen konnten.
    »Noch höher, Wickelkind«, kommandierte Alda. »Genau über deinen Kopf.«
    Unter Ansammlung all seiner Kräfte gehorchte Horace. Der Felsblock fühlte sich mit jedem Moment schwerer an, doch er hielt ihn hoch über seinen Kopf und die drei Jungen waren endlich zufrieden.
    »Gut so, Wickelkind«, sagte Jerome und mit einem erleichterten Seufzer senkte Horace den Stein.
    »Was tust du denn da?«, wollte Jerome verärgert wissen. »Ich sagte, gut so. Also will ich, dass der Stein genau da bleibt.«
    Horace strengte sich an und hob den Felsblock noch einmal über den Kopf und streckte die Arme durch. Alda, Bryn und Jerome nickten.
    »So bleibst du jetzt«, befahl Alda, »und zählst bis fünfhundert. Dann kannst du zurück in den Schlafsaal gehen.«
    »Fang an zu zählen«, befahl Bryn grinsend.
    »Eins, zwei, drei…«, begann Horace, doch sofort schrien sie ihn an. »Nicht so schnell, Wickelkind. Schön langsam. Fang noch einmal an.«
    »Eins … zwei… drei …«, zählte Horace.
    Alda nickte. »Schon besser. Also, jetzt zähle schön langsam bis fünfhundert, dann kannst du gehen«, sagte Alda.
    »Versuch bloß nicht zu schummeln, denn das merken wir«, drohte Jerome. »Und dann stehst du wieder hier und zählst bis eintausend.«
    Die drei Schüler lachten und machten sich auf den Weg zu ihren Unterkünften. Horace

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