Die Ruinen von Gorlan
dem Weg zu gehen. Aber in letzter Zeit hatten sie gemerkt, dass er das tat, und angefangen, ihn gleich vor dem Speisesaal abzupassen. Als er diesen Morgen auf den Exerzierplatz hinaustrat, sah er sie dort bereits grinsend auf ihn warten. Er zögerte. Es war zu spät umzukehren. Mit einem tiefen Seufzer ging er weiter.
»Horace!«, wurde er von einer Stimme direkt hinter ihm aus seinen düsteren Gedanken aufgeschreckt. Er drehte sich um und sah Sir Rodney, der den drei Kadetten des zweiten Jahrgangs, die im Hof warteten, einen neugierigen Blick zuwarf. Horace fragte sich, ob der Heeresmeister von der Behandlung wusste, die man ihm verpasste. Wahrscheinlich! Horace nahm an, dass dies wie alles andere als Teil des Auswahlverfahrens betrachtet wurde.
»Sir!«, erwiderte er und fragte sich, was er wohl diesmal falsch gemacht hatte. Rodneys Gesicht wurde weicher und er lächelte den Jungen aufmunternd an. Er schien über irgendetwas außerordentlich erfreut zu sein.
»Steh bequem, Horace. Schließlich haben wir Samstag. Warst du jemals auf einer Wildschweinjagd?«
»Ähm … nein, Sir.« Trotz Sir Rodneys Aufforderung, bequem zu stehen, blieb er in Hab-Acht-Stellung.
»Dann wird es Zeit. Hol dir eine Saufeder und ein Jagdmesser aus der Waffenkammer. Lass dir von Ulf ein Pferd zuteilen und melde dich in zwanzig Minuten wieder hier.«
»Ja, Sir«, erwiderte Horace.
Sir Rodney rieb sich mit offensichtlichem Vergnügen die Hände. »Scheint, als hätten Walt und sein Lehrling ein Wildschwein für uns aufgetrieben. Zeit, dass wir alle ein wenig Spaß haben.« Er grinste den Schüler nochmals aufmunternd an und machte sich dann eiligst auf den Weg, seine eigene Ausrüstung zu holen. Als Horace sich umdrehte, bemerkte er, dass Alda, Bryn und Jerome nirgendwo mehr zu sehen waren. Er hätte vielleicht weiter darüber nachgedacht, warum die drei Tyrannen verschwanden, sobald Sir Rodney in der Nähe war, aber er hatte jetzt die Wildschweinjagd im Kopf und fragte sich, was man dabei wohl von ihm erwartete.
Es war später Vormittag, als Walt die Jagdgesellschaft zum Versteck des Wildschweins führte.
Das Tier hatte sich in einem dichten Unterholz tief im Wald versteckt. Walt und Will hatten das Versteck am Vorabend erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit gefunden.
Als sie sich ihm jetzt näherten, gab Walt ein Zeichen und der Baron und seine Jagdgesellschaft stiegen ab. Sie ließen ihre Pferde in der Obhut eines Stalljungen und legten die letzte Strecke zu Fuß zurück. Walt und Will waren die Einzigen, die im Sattel blieben.
Es waren insgesamt fünfzehn Jäger und jeder war mit einer Saufeder bewaffnet. Sie näherten sich in einem großen Kreis dem Unterholz. Zu seiner Überraschung entdeckte Will auch Horace in der Jagdgesellschaft. Er war der einzige Heeresschüler, der dabei war. Alle anderen waren Ritter.
Sobald es nur noch knapp hundert Meter zum Versteck waren, hob Walt die Hand und signalisierte den Jägern anzuhalten. Er ritt hinüber zu Will, dessen Pony sich unruhig bewegte, da es das Wildschwein witterte.
»Vergiss nicht«, mahnte der Waldläufer Will leise, »falls du schießen musst, dann ziele auf eine Stelle unmittelbar unterhalb der linken Schulter. Ein sauberer Schuss ins Herz wird deine einzige Chance sein, das Tier aufzuhalten, wenn es angreift.«
Will nickte und leckte sich nervös über die trockenen Lippen. Er beugte sich vor und tätschelte Reißer beruhigend den Hals. Das Pony warf als Antwort den Kopf in den Nacken.
»Und bleib in der Nähe des Barons«, erinnerte Walt ihn, bevor er auf die andere Seite ritt, um dort seine Position einzunehmen.
Walt befand sich dort, wo es am gefährlichsten war, da er die Jäger begleitete, die am wenigsten Erfahrung hatten – und deshalb auch am ehesten einen Fehler begingen. Wenn das Wildschwein den Kreis auf seiner Seite durchbrach, musste er selbst es verfolgen und töten. Er hatte Will bei dem Baron und den erfahrenen Jägern gelassen. Dadurch kam Will in die Nähe von Horace. Sir Rodney hatte den Heeresschüler zwischen sich und dem Baron postiert. Schließlich war das die erste Jagd des Jungen und der Heeresmeister wollte kein Risiko eingehen. Horace war lediglich dabei, um zuzusehen und zu lernen. Wenn das Wildschwein in ihre Richtung rannte, sollte er das Erlegen dem Baron oder Sir Rodney überlassen.
Horace sah sich um und schaute Will direkt in die Augen. Es lag keine Feindseligkeit in seinem Blick. Vielmehr grinste er den Lehrling des
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