Die Rumplhanni
Alte macht's so wichtig und überzeugend, daß schließlich auch der Glaube ihrer Tochter wankend wird und der Zweifel an der treuen Ehelieb ihres Lenz in die Höh kommt. »Ja ja; – mei, daß 's net sein kunnt!« sagt sie nachdenklich. Und sie seufzt. Aber dann wird ihre Stimme entschlossen und fest, als sie sagt: »Drum muaß s' aus 'm Haus. Glei. Auf der Stell.« Damit hat sie auch schon mit der Faust an die Tür geschlagen und ruft nun hinein: »Ja, willst jetz du aufmacha oder net, du Herrgottsakramonter! Willst ins guatwilli einelassen, moanst, he!« Und sie packt die Klinke; die Kollerin lehnt mit ihrem Kehrbesen fest an der Tür und pumpert mit Füßen und Fäusten; die Hauserin reißt in aufflackernder Wut wild an dem Türgriff, und dann liegen sie beide, sich überkugelnd, in der leeren Kammer.
Die Hauserin ist die erste, welche sich faßt und erhebt. »Die is ja gar net da!« ruft sie; »die hat ins ja grad für an Narrn ghalten!« Die Kollerin rafft sich mühsam an ihrem Besen zur Höhe. Und auch sie muß sehen, daß die Hanni dahin ist samt der Leiter. Bei dieser Erkenntnis steigt ihr Zorn schier ins Ungemessene. »Was?! Furt is die Karnalje!« kreischt sie; »beim Fenster is s' auße, das Gfriß! Ja, die soll doch glei ...« – »Auf der Stell der Teife holn!« ergänzt die Hauserin und geht voller Gift und Galle hinab, die Dirn zu suchen und ihr den Laufpaß zu geben, indes die Kollerin droben knerrend am Fenster steht und nach der Leiter schaut, wobei sie den Bauern sieht. »I wett, daß der Tropf im Gspiel is!« murmelt sie und beobachtet ihn lauernd, wie er langsam in die Holzschupfe geht, eine Weile herumsucht und plötzlich etwas vom Boden aufhebt. »Is jetz dees net ...« – Sein Geldbeutel ist's, ja. Er zieht ihn auf und zählt flüchtig den Inhalt; dann schiebt er ihn rasch in den Sack, nickt etliche Male vor sich hin und geht danach ins Haus.
»Jetz hat er 'hn ja!« sagt die Alte für sich und geht hinab. »Also hat er 'hn gwiß und sicherli verlorn, wie er d' Loater gholt hat. Also is er am Fenster gwen. Drum muaß a End gmacht werdn, a gschwinds!« Sie läuft sogleich in den Stall. Da steht schon die Hauserin, reißt der Hanni den Melkkübel aus der Hand und plärrt sie an: »Du melchst mir nimmer, sag i! Du schaugst, daß d' mir aus mein Haus außekimmst! Du waarst no so oane, du ...« – »Aha!« sagt die Hanni protzig; »du bist nachher mehra wia oane!« – »Ha! Hoaßen möchst mi du was!« Die Hauserin erhebt drohend die Faust. Da mischt sich die Alte ein. »Was will die? Aufmandeln will sie sich no mit ihra Schlechtigkeit! Des Laster!« – »Und du nachher erscht, du alter Bachofa! Du werst nachher besser gwen sei! Di werdn s' scho in die Kindswindln heilig gsprocha habn! Da balst mir net ganz staad bist!...« Die Kollerin muß krampfhaft nach Luft und Worten schnappen. Die Hauserin aber packt die Dirn rauh bei der Schulter und stößt sie zurück. »Jetz glangts aber!« schreit sie; »jetz is 's gnua! Jetz gehst, du Flitschen, du z'ammzepfte, oder i mach dir Füaß!«
Die Hanni hält sich gerade noch am Barren fest, um nicht rückwärts zu fallen von dem Stoß. Sie wird jäh bleich, ballt die Faust und macht einen Schritt gegen die Hauserin. Plötzlich aber lacht sie verächtlich kurz auf: »Ha! Werd i mi do net vergreifa ... an so ana gwamperten Bauernsau! – An so an Scherbn ...« Damit läßt sie beide stehen und rennt davon, aus dem Haus, zu ihrer Großmutter, der alten Rumplwabn. Und auf dem Weg dahin sagt sie sich: »Habts mi guat außegworfa! I kimm scho wieder eine! Aber nimmer als Dirn! Nur als Hochzeiterin, dees mirkts enk! Nachher knerrts mir guat und plärrts mir guat, ös zwoo Michelidrachan!« Bei dieser Erwägung wird sie wieder ruhig und heiter und summt, als sie die Tür bei ihrem Ähnl öffnet:
»Der Franzos streit't ums Elsaß, der Ruß streit't ums Geld;I streit um an Bauernhof und pfeif auf die ganz Welt!«
Im Hauserhof geht's bös her. Die Hanni ist nun drei Tage bei ihrer Wabn. Und die Hauserin merkt allmählich, daß ohne Ehehalten schwerer arbeiten ist. Aber – nachdem sie schon einmal mit Händen und Füßen gewerkt hat, bis das Weibsbild aus dem Haus war ... Das heißt: hat sie denn das? Sie steht müd und schwitzend vor dem Herd und sinniert. Und mittendrin sagt sie grandig zur Kollerin, die neben dem Ofen sitzt und Butter ausrührt: »Herrschaft, aber heunt hockst wieder lang da bei dein Rührfaßl! Dalebn konn ma di aber jetz scho nimmer!«
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