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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die Ergebnisse der Morgenvisite; rief Leute an, die auf ihren Anrufbeantworter gesprochen hatten; las Faxe mit Ratschlägen zur Behandlung ihrer Patienten; zeichnete Bestellungen für Medikamente und Klinikbedarf ab. Dabei sah sie bewusst nicht wieder zu ihrem Wagen hinüber.
    Als der Druck, etwas, irgendwas gegen ihre Befürchtungen zu tun, übermächtig wurde, ging sie los, um erneut nach Joan zu sehen. Aber auch das verschaffte ihr keine Erleichterung.
    Beim Lunch horchte sie Maxine schamlos nach Klatsch aus, weil sie hoffte, in deren weit gespanntem Netz aus Freunden und Bekannten gäbe es vielleicht Gerüchte über Roger Covenant. Doch Maxine wusste diesbezüglich weniger als Linden selbst, was mehr als ungewöhnlich war. In einer derart kleinen Stadt wie der ihren konnte man kaum eine Anwältin aufsuchen – oder eine seit langem leer stehende Farm betreten –, ohne bemerkt zu werden. Dennoch war Roger Covenant niemandem aufgefallen.
    Nach dem Essen erledigte Linden weitere Routinearbeiten, sagte aber alle Behandlungstermine ihrer Patienten und sonstige Termine ab. Die Vorstellung, Sheriff Lytton könne sie ignorieren, irritierte sie zu sehr. Schließlich jedoch rief Lytton zu ihrer Überraschung und Erleichterung zurück.
    »Doktor Avery?« Er sprach in gedehntem Good-ol'-boy-Tonfall, vielleicht bewusst ihretwegen. »Sie wollten mich sprechen?«
    »Danke für Ihren Anruf, Sheriff.« Linden fühlte sich plötzlich nervös, ihrer Sache nicht sicher. Der Sheriff war mit Sicherheit kein ›Fan‹ von ihr, und sie würde ihn erst irgendwie dazu bringen müssen, sie ernst zu nehmen.
    »Hier gibt es eine Situation, die mir Sorgen macht«, begann sie. »Ich hoffe, dass Sie bereit sind, mir zu helfen.« Sie holte tief Luft. »Ich glaube, Sie haben mit Roger Covenant gesprochen?«
    »Klar habe ich das«, antwortete er, ohne zu zögern. »Er hat mich gestern aufgesucht. Netter junger Mann. Sohn dieses Schriftstellers, des Leprakranken, der auf der Haven-Farm gelebt hat.« Das Wort Leprakranker betonte er.
    »Er hat sie aufgesucht?« Ihre Stimme bebte. Sie hatte angenommen, Roger habe mit Lytton telefoniert. Hatte er gewusst, dass sie den Sheriff anrufen würde? Dass er ihr Vorhaben würde vereiteln müssen?
    »Klar doch. Er ist hier neu«, erklärte Lytton, »aber er bleibt in der Stadt. Er sagt, dass er auf der Haven-Farm leben wird. Hat sie offenbar geerbt. Sie steht schon so lange leer, dass er nicht wollte, dass ich ihn für einen Vagabunden halte, der sich dort einquartiert hat. Wie gesagt, ein netter junger Mann.«
    Nett, dachte Linden. Und offenbar überzeugend, wenn er es darauf anlegte. Lytton war seine Erklärung zweifellos völlig plausibel vorgekommen.
    Lindens Herzschlag raste, doch sie verzagte nicht. Als Ärztin war sie für Notfälle ausgebildet. Und sie war Linden Avery die Auserwählte, die an Thomas Covenants Seite gegen das dem Land drohende Verderben gekämpft hatte. Männer wie Sheriff Lytton – oder Roger Covenant – konnten sie nicht einschüchtern. Wie beiläufig fragte sie: »Was haben Sie ihm erzählt?«
    Lytton lachte bellend. »Ich habe ihm geraten, die Farm niederzubrennen, Doktor. Mit diesem Leprascheiß ist bestimmt nicht zu spaßen. Seine Mutter hat ihm damals einen Gefallen getan, als sie mit ihm weggezogen ist.«
    Aufblitzender Zorn schob Lindens Ängste für einen Augenblick beiseite, aber sie behielt ihre Verärgerung für sich. Ganz ruhig, gefasst und in ihrer Entschlossenheit kalt fuhr sie fort: »Hat er auch erwähnt, weshalb er dort draußen wohnen will? Hat er gesagt, warum er zurückgekommen ist?«
    »Nein, das hat er nicht getan. Und ich habe nicht danach gefragt. Will er in dem Haus wohnen, in dem er zur Welt gekommen ist, geht mich das nichts an. Ich habe ihm gesagt, was ich von seiner Idee halte. Sonst hatten wir nichts miteinander zu besprechen.«
    »Ja, ich verstehe.« Linden zögerte ein paar Herzschläge lang, weil sie sich ihrer Sache nicht ganz sicher war, aber dann fasste sie sich ein Herz. »Ich frage, weil er heute Morgen bei mir war. Er hat mir erzählt, weshalb er hier ist.«
    »Nämlich?«, fragte Barton Lytton gedehnt.
    »Er will seine Mutter zu sich holen. Er will sie selbst betreuen.«
    »Na, das ehrt ihn«, meinte Lytton. »Er ist ein pflichtbewusster Sohn, das steht fest. Nur schade, dass Sie sie nicht einfach entlassen können, stimmt's, Doc?«
    »Nicht ohne richterliche Anordnung«, bestätigte sie. »Deshalb habe ich Sie angerufen, Sheriff.« Sie

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