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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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er den Erzabt angewiesen, uns allein hierher zu schicken, Merrick, obwohl er ein Konklave hätte schicken können? Vermögt Ihr diese Frage zu beantworten?«
    Merrick hielt sich den Kopf, als würde er gleich explodieren, und Mitgefühl trieb Raed dazu, ihm einen Rettungsanker zuzuwerfen. »Lasst uns ohne Beweise keine voreiligen Schlüsse ziehen.« Bei den Knochen, es kam ihm falsch vor, den Kaiser zu verteidigen.
    Sorcha trommelte mit den Fingerspitzen auf ihren Oberschenkel. »Allerdings. Wir müssen uns mit dem Erzabt beraten und einige Antworten finden – zum Beispiel auf die Frage, welche Rolle die Schwester des Kaisers in der ganzen Sache spielt.«
    Nynnia hob das Kinn und sah der Diakonin direkt in die Augen – eine beeindruckende Leistung, wie Raed fand. Sorchas Miene war reserviert und gefährlich, doch die kleinere Frau sprach voller Überzeugung. Einmal mehr staunte Raed über die Veränderung, die mit dem Mädchen vorgegangen war.
    »Königliches Blut erfüllt viele Zwecke.« Nynnias Stimme war hart.
    Bei ihren Worten verstummte das Gespräch.
    »Verdammte und Heilige Knochen.« Sorcha drehte ihnen den Rücken zu und sah zum Nachthimmel empor.
    Königliches Blut erfüllt viele Zwecke.
Diese Worte. Raed hatte sie vor Jahren schon mal gehört. Ein abgesetzter Abt, ein Wrack von einem Mann, hatte sie ihm in dem Raum zugeflüstert, den er so verzweifelt hatte verlassen wollen. Kleidermief und Altmännergeruch stiegen ihm in die Nase, gemischt mit dem Aroma der Angst, die er damals als kleiner Junge verspürt hatte.
    Raed schüttelte den Kopf, um die Erinnerung loszuwerden, und merkte, dass Merrick ihn ansah. Das Murmeln in seinem Kopf war noch da. Das war es: Er war verletzt worden, und dadurch hatte sich vieles gelöst.
    »Da ist noch etwas.« Kyrix zog ein weiteres Stück Papier hervor. Es war bloß ein Fetzen, denn das Feuer hatte das Blatt fast völlig zerstört, aber ein Wort war noch leserlich: »Murashew.«
    Der jüngere Diakon stieß einen überraschten Laut aus. »Ein Geistherr … Sorcha, sie haben vor, einen Geistherren zu entfesseln.«
    Sorcha ballte die Fäuste, bevor sie sich wieder zu ihnen umdrehte. »Nicht
einen
Geistherren, Merrick.
Die
Geistherrin.«
    Alle sahen einander an, und selbst Raed wusste, was sie meinte. Die Murashew war das Monster unter jedem Kinderbett: die mythische Kreatur, die in den Tiefen der Anderwelt lebte und sich nicht nur von den Seelen der Lebenden nährte, sondern auch von anderen Geistern.
    »Sie haben ›Erster‹ geschrieben.« Merrick hatte seine Sprache wiedergefunden. »Aber das Wort hat noch andere Bedeutungen – es kann auch ›Familie‹ heißen. Sie haben es über mir in der alten Sprache geschrieben, haben es in mich eindringen lassen. Die Murashew kann nicht einfach in unsere Welt kommen, andere Geistherren müssen sie herbringen.«
    »Nun, hier habt Ihr einen gebremst.« Raed stieß die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. »Also brauchen wir nicht …«
    Kyrix machte einen Laut, der mehr Schnaufen als richtiges Atmen war. »Sie haben nicht alle sieben Geistherren gebraucht.«
    Nynnia drückte ihm die Schulter, als er ins Stocken geriet. »Wenn sie alle sieben gehabt hätten, wäre es leichter für sie gewesen, die Murashew durchzubringen, aber es gibt andere Wege.«
    Merrick und Sorcha tauschten wieder einen Blick. Raed brauchte ihre bleichen Gesichter nur anzusehen und wusste alles, was er wissen musste, aber er fragte trotzdem. »Welche ›anderen Wege‹?«
    Der junge Diakon leckte sich nervös die Lippen, bevor er antwortete. »Viele, viele Tode.«
    »Ich habe Aulis belauscht.« Kyrix taumelte und war am Ende seiner schwindenden Kräfte. »Sie sprach von einem großen Ereignis, das in drei Tagen stattfinden soll – in Vermillion.«
    »Wir können nicht in drei Tagen zurück in der Stadt sein, und die Wehrsteine des Klosters sind ausgebrannt, also können wir niemanden verständigen.« Merrick sah Sorcha mit der Eindringlichkeit eines kleinen Jungen an, der sich Rat suchend an seine große Schwester wendet.
    »Selbst wenn das Eis bei Sonnenaufgang brechen würde, könnte ich die
Herrschaft
in so kurzer Zeit nicht in die Nähe von Vermillion bringen.« Irgendwann hatte Raed festgestellt, dass er sich nicht länger um seinen Fluch und die Geister Sorgen machte, die ihn hervorrufen konnten. Wenn die Murashew real wurde, würden diese Dinge keine große Rolle mehr spielen. Die letzten Worte des altersschwachen, abgesetzten Abts hallten

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