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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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ihre Manieren verloren, denn sie fiel ihm wieder ins Wort. »Aber das tue ich … ich
weiß
, wie es ist.« Ihr Gesicht hellte sich kurz in einem seligen Lächeln auf, als könnte sie etwas sehen, das er nicht sah. Raed blickte nervös hinter sich, als er begriff, dass sie durch ihn hindurchschaute. Er verspürte plötzlich den starken Drang, einen Stein aufzuheben und ihr an Ort und Stelle den Rest zu geben. Jemand, der dem Rossin huldigte, musste wahnsinnig und auch gefährlich sein.
    Sie streckte einen Arm aus, verbogen und verdreht, wie er war, und deutete auf ihn. »Der Westentaschenprinz hat Euch geschickt, und unser Herr hat den Rest geliefert.« Blut schäumte ihr aus dem Mund. Ihr letztes Wort war: »Beinahe …«
    Raed hockte für einen Moment reglos da und verdaute ihre Worte. Sie mochte wahnsinnig sein, aber ihr Lächeln zeigte ihm, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Eine weitere Bestätigung war nicht nötig: Felstaad hatte ihn absichtlich hergeschickt. Doch der Prinz hatte kaum voraussehen können, dass Raed seinem Hof einen Besuch abstatten würde. Seit vier Generationen war kein Wahrsager mehr bekannt. Ein sehr viel wahrscheinlicheres Szenario war ein Informant aus der eigenen Mannschaft – ein Gedanke, der Raed gar nicht gefiel.
    »Beim Blut.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und blickte auf die tote Priorin hinab. »Noch eine Komplikation, die ich nicht brauchen kann.«
    »Wir scheinen nichts als Komplikationen gefunden zu haben.« Sorcha stand über der frischen Leiche, und ihre Handschuhe blitzten grün. »Vielleicht können wir diesem verräterischen Miststück noch ein paar Antworten abringen.« Sie machte eine Handbewegung, und ein sehr bleich aussehender Merrick trat im Mondlicht neben sie.
    Raed schwieg, doch seine Haut kribbelte. Die mythische Verbindung zwischen den Diakonen arbeitete offenbar auf Hochtouren, denn die beiden tauschten einen bedeutungsschweren Blick.
    »Die ist tot.« Der Prätendent erhob sich, und eine Woge der Erschöpfung überkam ihn. »Die wird nur noch den Göttern Antwort geben.«
    Merrick schüttelte den Kopf. »Nein … noch nicht, nein.« Seine Stimme war ungerührt und kälter als die Winternacht. »Wenn wir nekromantische Zauber benutzen und ich Kebenar in vollem Umfang einsetze …«
    »Nekromantie?« Raed bekam ein flaues Gefühl im Magen und sah Sorcha mit besorgtem Stirnrunzeln an.
    Sie wischte seine Bedenken beiseite. »Wir sind ausgebildet. Wir sind keine dummen Bauern, die mit etwas herumspielen, das sie nicht verstehen.«
    Raed sah ihren Partner an und erwartete seine Unterstützung, aber Merrick schüttelte energisch den Kopf. »Wir müssen herausfinden, was sie planen. Dies ist nur der Anfang des Fadens.«
    »Na los«, bellte Sorcha, »ehe der Schatten entkommt.« Ein fahles Licht flackerte über Aulis’ sterblichen Überresten. Sorcha schnaubte erheitert, und grünes Feuer erwachte auf ihren Fingerkuppen zum Leben. Sie zeichnete ein Muster über der Leiche und wirkte zufrieden.
    »Jetzt«, sagte sie freudig, »werdet Ihr unsere Fragen beantworten, Aulis.«
    Raed hatte von solchen Ritualen gehört, aber nie eines erlebt. Die Unbegabten nannten es Nekromantie, und obwohl der Prätendent viel gelernt und gelesen hatte, musste er ihnen recht geben, dass es gegen die natürliche Ordnung verstieß.
    Merrick schob sich den ledernen Riemen über die Augen, und die dunklen Symbole wanden sich wie aufgespießte Schlangen; die Wirkung war verzaubernd und verstörend zugleich. Er holte tief Luft. Der geschwächte Schatten schwankte, kämpfte, konnte aber nicht widerstehen; er wurde in den Diakon hineingezogen. Die meisten verständigen Menschen hätten einen Schatten nicht freiwillig in ihren Körper aufgenommen, doch Merrick trat mit einer Zuversicht auf, die in Raed eher Neugier als Sorge um seine Sicherheit weckte. Es war zweifellos eine schöne Ironie, dass der Junge den Schatten dessen einsaugte, der ihn hatte töten wollen.
    Die sich drehenden Symbole auf dem Leder flammten für eine Sekunde blauweiß, dann flackerte das Licht wieder auf, aber diesmal hinter dem Riemen, als blickte etwas hinaus in die Welt. Raed war froh, dass Merrick den Riemen nicht abnahm – er hatte den bangen Verdacht, Aulis würde dann zurückblicken.
    Es war verstörend genug, als Merrick mit ihrer Stimme sprach. Eine geschlagene Minute lang war das Einzige, was die gerade verstorbene Frau zu sagen vermochte: »Idiot, Idiot, Idiot …« Es war allerdings schwer zu

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