Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
noch in seinem Kopf nach – die letzten Worte, bevor er versucht hatte, den Rossin in ihm zu bezwingen:
Du bist ihr Werkzeug, du dummer Junge. Die Geister werden dich als Hebel benutzen, um den Weg zu öffnen.
Er hatte damals nicht gewusst, was diese Worte bedeuteten, obwohl sie ihm sein Leben lang große Angst gemacht hatten. Aber jetzt begriff er, dass die Priorin ihn noch aus anderen Gründen als nur wegen seiner Verbindungen zum Adel hatte haben wollen.
»Es gibt noch einen anderen Weg.« Sorcha sah ihn an, und ihre niedergeschlagene Miene verschwand wie Meeresnebel. Der Prätendent wusste nicht, ob ihm das gefiel, und als sie weiterredete, bestätigte sich sein Verdacht: Es gefiel ihm nicht.
»Die Kaiserliche Luftschiffstation ist vier Meilen von hier entfernt.« Die Diakonin strahlte. »Wir fliegen nach Vermillion zurück.«
»Das kann nicht Euer Ernst sein!« Raed musste unwillkürlich lachen. »Ihr wollt, dass ich nicht nur meine Mannschaft, sondern auch mich selbst in ein Kaiserliches Luftschiff verfrachte und mit Euch nach Vermillion fliege?«
»Nein.« Sie zückte eine Braue. »Nicht Eure ganze Mannschaft. Nehmt Aachon und fünf Leute mit, denen Ihr vertraut.«
Raed warf einen Blick auf Merrick, aber der jüngere Mann würde ihm keine Unterstützung bieten. Er unterhielt sich leise mit Nynnia und überließ es praktisch seiner Partnerin und dem Prätendenten, die Sache unter sich auszumachen.
»Falls Ihr es vergessen habt«, sagte Raed zu ihr mit ebenfalls gezückter Braue, »ich bin ein gefragter Mann – und nicht nur die Damen des Kaiserhofs sind hinter mir her.«
Sie stieß ein kurzes Lachen aus, doch ihre Miene blieb reglos. »Dieser Kult – oder was immer es ist – will Euch aus irgendeinem Grund haben.« Sie lächelte langsam. »Um Euch zu beschützen, müssen wir Euch im Auge behalten.«
»Das wird Euch vortrefflich gelingen, wenn sie mich zum Galgen führen«, murrte Raed. Er strich sich kurz über den schmalen Bart und sah Sorcha spekulierend an. »Seid Ihr sicher, dass das nicht nur ein Versuch ist, selbst das Kopfgeld zu kassieren?«
»In Momenten wie diesem kommen mir Zweifel an Eurer Erziehung.« Sie seufzte. »Was bringt man euch heutzutage eigentlich an der Prätendentenschule bei? Habt Ihr noch nie etwas vom Kirchenasyl gehört?«
Ein ängstlicher Schauer durchlief ihn. »Ihr plant, mich in der Abtei zu vergraben?«
Er sah zu, wie sie einen Handschuh überstreifte. Sie flüsterte, wahrscheinlich, damit er es hörte: »Seym.« Als er einen Schritt zurück machte, hielt sie den Handschuh hoch. Die Rune war farblos, aber die Luft um Sorchas Finger flimmerte wie vor Hitze. »Die Rune des Fleisches, und ich verspreche Euch, dass es nicht wehtut.«
Raed hatte ihr bereits alles anvertraut, was er hatte. Als sie ihm den Zeigefinger an die Stirn legte, zuckte er daher nicht zurück. Ihr Finger fühlte sich so kühl an wie der Hauch einer Meeresbrise. Ein sauberer, scharfer Duft stieg ihm in die Nase. Die Rune des Fleisches. Das ließ ihn darüber nachdenken, was dieses Wort bedeutete. Eine Erinnerung an alles, was er in der vergangenen Nacht oben auf dem Hügel gesehen hatte, brachte ihm unvermittelt wieder zu Bewusstsein, wie nah ihm die Diakonin eigentlich war.
»So.« Sie zog ihren Handschuh aus, und Raed war sich nicht sicher, ob er es sich einbildete, aber ihre Miene war etwas besitzergreifend. »Euch wird nun offiziell vom Orden Asyl gewährt – nicht einmal der Kaiser kann das Siegel brechen, ohne zu riskieren, die Unterstützung der Erzabtei zu verlieren.«
Raed runzelte die Stirn. »Also bin ich praktisch Euer Besitz?«
Sorcha wirkte so selbstgefällig wie eine Katze, die endlich eine lästige Maus gefangen hatte. »Im Grunde genommen … ja.«
Es war definitiv die
falsche
Antwort, und Sorcha musste es gewusst haben, denn als er die Kiefer so fest aufeinanderpresste, dass er sich beinahe einen Zahn abgebrochen hätte, reagierte sie mit einem Grinsen. Der Prätendent überlegte kurz, etwas Dummes zu tun, nur um zu sehen, wie ihr diese Miene verging. Er war überrascht, als sie seine Hand nahm. Die Wärme und Stärke ihrer Finger war ein Schock, umso mehr, als sie seine Hand leicht drückte. Er fragte sich, ob sie die Waffen einer Frau einsetzte, bis er in die absolute Aufrichtigkeit ihrer blauen Augen schaute. »Bis wir herausfinden, warum sie Euch wollen, Raed, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir zusammenbleiben. Das Meer ist für Euch nicht mehr sicher.«
Er
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