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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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gleichgültig war. Sie trug den dunkelblauen Umhang der Aktiven, und als sie sich schließlich doch auf beinahe lässige Weise umdrehte, waren ihre im Gürtel steckenden Handschuhe deutlich zu sehen. Sie innerhalb der Abtei dort aufzubewahren, war unüblich und geschah wahrscheinlich ebenfalls seinetwegen.
    Die Diakonin war durchschnittlich groß, aber das war das einzig Unauffällige an ihr. Die rotbraun leuchtenden Locken, die sie gewöhnlich hochgesteckt trug, fielen ihr über Schultern und Rücken. Vielleicht hatte sie gehört, dass er jünger war als sie, und wollte gleichaltrig erscheinen. Ihr Gesicht war trügerisch sanft und schön, aber wenn sie sprach, erweckte ihre starke Persönlichkeit einen ganz anderen Eindruck. Das war eine weitere Waffe in ihrem Arsenal, und Merrick war davon überzeugt, dass sie sie einzusetzen wusste.
    Bei den Novizen war Sorcha Faris immer dafür gut, ein Gespräch in Gang zu setzen. Sie war einer der jüngsten Diakone gewesen, hatte jedoch als eine der Letzten Teisyat erhalten. Stundenlang debattierten die Novizen darüber, woran das gelegen haben mochte. Anders als die meisten hatte Merrick sich das sehr gut erklären können.
    Er hatte gehört – und hielt es für die Wahrheit –, dass sie die Macht in vollem Umfang besaß, ihre Kontrolle darüber jedoch manchmal nicht vollständig war. Es war einfach die absolute Ironie, dass er genau die Diakonin als Partnerin zugewiesen bekam, die ihm Albträume bescherte.
    Und jetzt musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. Er brauchte kein Sensibler zu sein, um zu wissen, was sie dachte:
Unheilige Knochen, man hat mir ein Kind zugewiesen!
    Ursachen dafür waren sein dunkles, gewelltes Haar und vielleicht auch, dass in seinen Adern ein wenig Altes Blut floss. Alle hielten ihn für einen Jugendlichen, obwohl er inzwischen dreiundzwanzig war. Sorcha mochte Ende dreißig sein, aber er ärgerte sich trotzdem über die Mutmaßungen, die sie in den ersten dreißig Sekunden über ihn anstellte. Was Merrick betraf, hatte Alter nichts mit Kompetenz zu tun.
    »Sind wir uns nicht schon mal begegnet?«, fragte sie und zog die Brauen in dem angestrengten Versuch zusammen, sich an etwas zu erinnern.
    Er erstarrte kurz, und nur seine Ausbildung als Diakon befähigte ihn, sich sein Erschrecken nicht anmerken zu lassen. Dann begriff er, worauf sie anspielte. »Ihr habt in meinem zweiten Jahr einen Grundkurs zum Aufbau des Handschuhs gegeben.«
    Sie grinste etwas animalisch. »Ihr habt eine Frage über Teisyat gestellt, nicht wahr?«
    Damals, so erinnerte Merrick sich, hatte er das gleiche üble Gefühl im Magen verspürt wie jetzt. Er wusste nicht, ob sie sich an den Wortlaut der Frage erinnerte, aber er tat es:
Wie viel Kontrolle erfordert die zehnte Rune der Aktiven?
    Sie hatte ihn damals nur wütend angefunkelt. Die Frage war jedoch ganz unschuldig gewesen, denn er hatte keine Ahnung gehabt, dass sie genau damit Probleme hatte. Jetzt beschloss er, bloß die Achseln zu zucken und den unbedarften Sensiblen zu spielen.
    »Gut«, seufzte Sorcha, »dann sollten wir die Sache hinter uns bringen.«
    Merricks Herz vollführte einen Satz und raste wie das eines Feldhasen, aber er hielt ihr die Hände hin, mit den Handflächen nach oben. Die Geschäftigkeit der Diakone und Laienbrüder vor der Tür schien plötzlich nach ihm zu rufen. Würde er einfach auf den Korridor eilen, könnte er sich ihnen anschließen und diesem Moment entfliehen.
    Er warf einen schnellen, nervösen Blick auf seine Hände; zum Glück waren sie noch trocken.
    Sorcha legte ihre Hände auf seine und sah ihn fest an. Ihre Augen waren vom dunkelsten Blau, das er je gesehen hatte, mit einem beinahe schwarzen Kreis direkt um die Iris. Einen Moment geschah scheinbar nichts, dann kam das Zerren.
    Es war seine erste Partnerschaft; er wusste, dass es ihre fünfte war. Sie war nicht sanft, aber das hatte er auch nicht erwartet. Es riss ihn aus der wirklichen Welt. Er fiel in Sorcha Faris hinein, wirbelte in ihren Augen und ihrem Bewusstsein schmerzlich herum und spürte das leuchtende Tor in ihr, die Stelle, durch die die Aktiven Energie aus der Anderwelt bezogen. In ihrem Kopf loderte es, und das Feuer schien alles verzehren zu wollen, was er war.
    Mit unterdrücktem Jaulen kehrte Merrick in seinen Körper zurück. Die Verbindung war hergestellt, und obwohl sie zerbrechlich und nicht allzu angenehm war, war sie doch eindeutig vorhanden. Er würde einige Zeit brauchen, um sich an Sorchas Präsenz an der
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