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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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vorderhand unter Kontrolle, und es schien, als genösse sein Schiff das so wie er. Nicht mal ein Fluch könnte sie bei dieser Geschwindigkeit einholen. Selige, sturmgeschüttelte und hektische Stunden lang war der Junge Prätendent wieder glücklich.
    Dieses Gefühl wurde jedoch am nächsten Tag zerstört. Aleck, der immer noch im Mastkorb saß, brüllte etwas und wedelte mit den Händen, bevor er nach backbord zeigte. Raed spitzte die Ohren, um über dem Tosen des Sturms die Schreie des Ausgucks zu hören, zog sein Fernglas unterm Ölzeug hervor und konnte es nach kurzen Schwierigkeiten in die Richtung halten, in die Aleck wies.
    Es war ein anderes Schiff, dem Aussehen nach eine Art Handelsfrachter. Es war nicht so schnell wie die
Herrschaft,
denn ihm stand kein heraufbeschworener Sturm zu Gebote, und deshalb entfernten sie sich von ihm. Was immer es war, es war kein Kaiserliches Kriegsschiff. Ein großer Schwarm Seevögel schien es zu umkreisen. Das Schiff war zweifellos seltsam, aber ungefährlich. Obwohl Raed sich wunderte, was Aleck solche Sorgen machte, verlor er das Interesse daran und wollte gerade den Blick abwenden, als er noch etwas Merkwürdiges sah, das ihm in seiner Zeit auf See erst einmal begegnet war. Das Wasser um das andere Schiff herum begann zu brodeln, als würde es kochen. Er sah große Tangklumpen auftauchen, und weißer Schaum und Bläschen sammelten sich um den Rumpf.
    Jeder Seemann wusste, dass es in den Tiefen Untiere gab, aber man sah sie nur selten und sprach bloß flüsternd über sie. Raed zog Aachon herum und reichte ihm das Fernglas, um sicherzugehen, dass seine Augen ihn nicht täuschten. Mit offenem Mund beobachteten sie, wie die Bestie, die gut doppelt so groß war wie das Schiff, die Fangarme um die Masten schlang und sie zu Fall brachte. Das Ungeheuer hatte einen gewaltigen, keilförmigen Kopf, der bösartig über dem Wrack hing. Es erinnerte Raed an einen Mann, der eine Nuss mit bloßen Händen knackt. Undeutlich konnten sie winzige Gestalten ausmachen, die verzweifelt über Bord sprangen, um zu entkommen.
    Es gab ein ungeschriebenes Gesetz des Meeres und der Seefahrt: Die Besatzung der
Herrschaft
durfte an einem solchen Unglück nicht vorbeisegeln. Raed drückte Aachons Schulter und beugte sich an sein Ohr, um seine Entscheidung hineinzuschreien. »Blast den Sturm ab. Wir müssen helfen.«
    Aachon nickte nur. Er hob den Wehrstein erneut und wandte sich ab, um die Macht zurückzunehmen, die den Sturm antrieb. Der kobaltblaue Stein blitzte weiß auf, zeitigte jedoch keine sofortige Wirkung. War ein Sturm einmal beschworen, konnte man ihn nicht so leicht beenden. Der Erste Maat wappnete sich für diesen kräftezehrenden Akt.
    »Alle Mann an Deck«, brüllte Raed, und Laython sprang vor, um mit unglaublicher Kraft die Glocke zu läuten. Die Mannschaft kam mit beinahe militärischer Schnelligkeit herauf. »Hart backbord«, rief er und drehte das Steuerrad, während geschickte Hände die Segel setzten. Hätte der Wind nicht ein wenig nachgelassen, wären sie zerfetzt worden.
    Sie fuhren mit der letzten Kraft des Sturms und nahmen Kurs auf das wild um sich schlagende Monster und das sterbende Schiff. »Habt Ihr einen Plan?« Aachon war so erschöpft, dass er wankte. Einen Sturm zu beenden, brachte ihn an die Grenzen seiner Möglichkeiten.
    Raed grinste. Mit Meeresungeheuern kannte er sich aus. »Sie können sich nicht lange an der Wasseroberfläche halten, diese schuppigen Dämonen«, rief er zurück. »Die Zerstörung des Schiffs sollte das Ding verausgabt haben.«
    »Sollte?« Sein Erster Maat schüttelte den Kopf. »Ihr klingt nicht gerade sicher …«
    »Betrachtet es als Experiment. Wir können die Ergebnisse bestimmt an interessierte Gelehrte verkaufen.«
    »Und falls Eure Vermutung nicht stimmt?«
    »Dann sterben wir zumindest in dem Wissen, Teil des wissenschaftlichen Verfahrens gewesen zu sein!« Raed drehte bei, als sie sich näherten.
    Es stank fast überwältigend nach verfaultem Tang. Als die
Herrschaft
herumschwang, zerbrach das andere Schiff mit gewaltigem Krachen, und die letzten verbliebenen Masten klatschten ins Wasser, als es von den Fangarmen des Ungeheuers in einer letzten, tödlichen Umarmung umschlungen wurde. Das Wrack tanzte sekundenlang auf den Wellen, ohne dass sich der Rumpf und die wirbelnde Schuppengestalt klar hätten auseinanderhalten lassen, und ging dann langsam unter.
    Raed warf Aachon ein zufriedenes Grinsen zu, als die Kreatur im Meer versank.

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