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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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doch die Seiten eines Tagebuchs würden mehr enthüllen.
    Die kleine, braunäugige Maus in der Ecke quiekte. »Ich denke, das solltet Ihr nicht tun …«
    Sorcha warf einen Blick über die Schulter. Die Frau war kaum den Kinderschuhen entwachsen und saß mit ach so brav gefalteten Händen da. Zweifellos hatte sie moralische Einwände gegen Sorchas kleine Dieberei, aber vielleicht hatte sie auch noch nie in der realen Welt leben müssen.
    Mit einem Schnauben konzentrierte Sorcha sich wieder auf das Schloss.
    »Nein, ich denke wirklich, Ihr solltet …«, riskierte Nynnia es von Neuem.
    »Jetzt hör endlich auf damit«, fuhr Sorcha sie an, verstummte dann aber abrupt. In der Tür stand der Besitzer des Buchs, das sie aufzubrechen versuchte.
    Für einen Moment starrten alle drei einander an wie schockgefrorene Darsteller einer Schmierenkomödie. In diesem Licht waren die Augen des Kapitäns hart und grün. Sorcha kramte in ihrem Gedächtnis nach einer geistreichen Ausrede. Der Prätendent sagte streng in das Schweigen hinein: »Würden Sie uns bitte entschuldigen, Miss Macthcoll?«
    Das Mädchen verließ die Kajüte ohne einen Mucks, warf Sorcha jedoch einen seltsam triumphierenden Blick zu und hatte dabei die Miene einer sehr viel älteren Frau.
    Sorcha richtete sich auf und schob sich so gelassen wie möglich die Nadel zurück ins Haar. »Ich wüsste nicht, dass wir einander etwas zu sagen hätten, Kapitän Rossin.«
    Er schloss sorgfältig die Tür und ging mit strichdünnen Lippen und sauber gestutztem Bart zum Tisch. Sorcha war keine große Sensible, vermochte an ihm aber etwas Seltsames zu spüren: Aus dieser Nähe roch er auf schwache, aber attraktive Weise nach Leder und Meersalz. Unwillkürlich ließ sie ihr Zentrum in seine Richtung fallen.
    Merrick hatte recht. In der normalen Welt war Raed ein gut aussehender Mann, aber in der Geistsicht strahlte er, und zwar nicht nur optisch.
    Ihr Partner hatte den Geruch nicht erwähnt, wahrscheinlich weil er ein Mann war. Raeds Duft war wie ein berauschendes Parfüm. Sorchas Zentrum verstärkte all ihre normalen Sinne, was einige ziemlich unangenehme chemische und physikalische Reaktionen hervorrufen konnte. Mit einem leisen Keuchen kehrte Sorcha in ihren Körper zurück und schüttelte den Kopf, um sich zu fangen.
    »Geht es Euch gut?« Raed beugte sich vor und stützte die Hand auf die Karten. »Oder versucht Ihr nur, Euch zu entschuldigen?«
    Sorcha bemühte sich, ihr rasendes Herz zu beruhigen. Die Unlebenden vermochten die Sterblichen auf vielfache Weise dazu zu verleiten, sich ihrem Willen zu beugen, und wenige dieser Methoden waren primitiver als Sex. Die Besessenen verhielten sich oft sexuell aggressiv. Dieser Mann, dieser Verfluchte, trug eine Flamme in seinem Inneren, die dazu geschaffen war, Menschen anzuziehen. Auch wer kein Diakon war, würde sich unbewusst zu ihm hingezogen fühlen und ihn attraktiv, charmant und sehr, sehr sexy finden.
    Sorcha wusste von Adligen, die solcher Wirkungen wegen töten würden. Aber sie wollte verdammt sein, wenn sie es ihm sagte. »Ich weiß nicht, was Ihr meint«, blaffte sie und spürte, wie ihr Körper auf ihn reagierte.
    Der Anflug von Sorge verschwand aus seinem Gesicht und wurde durch ein finsteres Stirnrunzeln ersetzt, das Sorcha wie eine kalte Dusche treffen sollte, aber nichts ausrichtete. »Nun, dann könnt Ihr vielleicht erklären, warum Ihr meine Gutmütigkeit ausnutzt und Euch an meinem Eigentum vergreift.«
    Sie ließ sich ihr Schuldgefühl nicht anmerken, schob das Buch seinem Besitzer zu und versuchte, schlagfertig zu sein. »Als Diakonin habe ich das Recht auf Untersuchung jedes Gegenstands, der möglicherweise Informationen über die Unlebenden enthält.«
    Er biss die Zähne zusammen. »Fangt Ihr wieder damit an.« Er beugte sich erneut vor und stützte nun beide Hände auf den Tisch. »Ich bin
kein
Bürger des Kaiserreichs, und daher gelten Eure dummen Regeln für mich nicht.«
    Sorcha lachte kurz, drehte sich auf dem Absatz um und warf sich mit ausgesuchter Gleichgültigkeit in den Sessel. »Ich denke schon, dass unsere Abmachung mir das Recht dazu gibt. Schließlich muss ich mich vielleicht mal zwischen Euch und einen wütenden Geist werfen.«
    Er öffnete den Mund, verkniff sich dann aber doch jede bittere Erwiderung. Sorcha schwang ein Bein über die Armlehne des Sessels und bemühte sich, seinen Geruch nicht einzuatmen.
    Statt zu antworten, grunzte Raed missmutig und kehrte ihr den Rücken zu, um die

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