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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Zauberwirbeln geschmückt, als er je an einem Ort gesehen hatte. Viele kannte er, aber es gab einen, dessen Schwünge und Spiralen die Mitte der Decke einnahmen und genau über seiner Körpermitte lagen.
    Dieser Zauber war in der Sprache der Alten geschrieben, einer Sprache, die seit tausend Jahren tot war. Nur Diakone machten sich die Mühe, sie zu lernen, und zwar nur, weil die Alten die ersten Experten in Bezug auf die Anderwelt und die Unlebenden gewesen waren. Er hatte noch nie gesehen, dass die verschnörkelte Schrift für einen Zauber benutzt worden war, aber da war er, ein riesiger scharlachroter Buchstabe, der nur mit Blut geschrieben sein konnte und mit Kohle umrandet war, von der Merrick intuitiv wusste, dass sie von den Überresten der Sensiblen stammte. Das Wort lautete »Erster«. Warum es so groß und bedeutungsvoll über ihm geschrieben stand, konnte er nicht sagen, doch vermutlich verhieß es nichts Gutes.
    Merrick kämpfte gegen seine Fesseln, aber sie waren aus Eisen, stark und eng. Verzweifelt griff er erstmals seit Jahren nach seiner Aktiven Kraft. Die Flamme brannte in jeden Nerv und jeden Muskel hinein, und der sengende Schmerz löschte alle Gedanken. Merrick bäumte sich auf und war sich seines Körpers quälender bewusst als je zuvor.
    »Töricht, aber unterhaltsam.« Als er endlich klar genug denken konnte, um seinen Versuch in Sachen Aktivität aufzugeben, war Aulis wieder über ihm. Ihr Grinsen war eine widerliche Parodie großmütterlicher Sorge. »Jedes Mal, wenn Ihr nach Eurer Macht greift, ganz gleich nach welcher, fährt das Feuer in Euch hinein. Öffnet Euch weit genug, und es brennt Euch Augenlicht und Geist aus. Nur zu – wir brauchen beides nicht.«
    Sie wandte sich wieder ihren Aktiven zu, da Merricks Schmerz ihr nun offenbar genug Unterhaltung geboten hatte. »Der Prätendent muss vor morgen Abend und dem Dritten Durchgang gefunden werden.«
    Sie verbeugten sich, schoben die Hände in die Ärmel und verließen den Raum. Der Dritte Durchgang. Vor Merrick drehte sich alles, aber er hatte richtig gehört.
    »Das kann nicht Euer Ernst sein«, brachte er heraus, und seine Stimme klang ihm wie trockenes Quieken in den Ohren. »Die Theorie des Durchgangs wurde vor dreihundert Jahren verworfen; es gibt keine zyklische Annäherung der Anderwelt.«
    »Ach nein?« Aulis’ eigenartig grüne Augen verhärteten sich unter ihrem grauen Haar.
    Merrick blinzelte und versuchte, klar zu sehen.
    »Diese Theorie fiel nicht zufällig in Ungnade, sondern wurde aus der Angst heraus verworfen, das gemeine Volk würde sie benutzen. Genau wie die Verwendung von Wehrsteinen. Der Orden hat immer versucht, die Ausübung von Macht zu unterdrücken. Er will das Wissen über die Unlebenden kontrollieren und für sich behalten.«
    Gut: Er hatte sie zum Reden gebracht. Mochte er jetzt auch machtlos sein – vielleicht würde es einen Augenblick geben, in dem er es nicht war. Wissen war das Einzige, was er in diesem Moment gewinnen konnte.
    »Aber Ihr seid eine von uns«, stieß er hervor. »Eine Priorin, eine Vertraute des Erzabts …«
    Ihr Lächeln zeigte eine Menge gelber, spitzer Zähne. »Ich bin viel mehr als das, Junge, und morgen Nacht wird alles offenbart.«
    Der kalte Klumpen in seinem Magen wuchs sich zu Angst von der Größe eines Felsbrockens aus. Aulis blieb nicht, um weitere Erklärungen abzugeben. Man ließ ihn allein, an den Boden gekettet, den Blick auf das Wort gerichtet, das unheilverkündend an der Decke stand. Der Diakon konnte nicht sagen, wie lange er dort mit seinen bitteren Gedanken gelegen hatte.
    »Merrick.« Die vertraute Stimme zu seiner Linken stimmte ihn unfassbar froh und traurig zugleich.
    »Nynnia.« Er hob den Kopf und drehte ihn von einer Seite zur anderen, um sie zu entdecken. Schließlich sah er sie im tanzenden Schatten der Wandfackeln stehen. Ihr süßes Gesicht war bleich und voller Sorgenfalten, aber sie kam nicht näher, sondern blickte zu den Zaubern über ihm hinauf.
    »Keine Sorge«, flüsterte er, fürchtete aber, Aulis und ihre Aktiven könnten zurückkehren. »Diese Zauberwirbel sollen mich hier nur festhalten und die Verbindung zwischen Faris und mir ersticken. Vielleicht könnt Ihr den Schlüssel für die Handschellen finden?«
    Sie blieb neben ihrer Säule stehen und richtete ihre braunen Augen mit einem Grauen aufwärts, von dem er immer gedacht hatte, es könnte nur Geistern oder Mördern gelten. »Ich … ich kann nicht.« Sie sprach sehr leise, so

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