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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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leise, dass er beinahe Angst hatte, sie sei nur ein Geschöpf seiner Fantasie.
    »Bitte, Nynnia, Ihr müsst mir helfen. Sie werden Sorcha töten und Kapitän Rossin etwas noch Schlimmeres antun.« Er brachte sie nur ungern in Gefahr, aber was blieb ihm übrig? Es stand nicht nur sein Leben auf dem Spiel. Alle in Ulrich – und vielleicht auch anderswo – waren in Gefahr. Aulis hatte einen Plan, und die Herrschaft über eine abgelegene Kleinstadt war das Risiko kaum wert, die Erzabtei gegen sich aufzubringen.
    »Ich wünschte, ich könnte es.« Sie hielt inne, und er spürte, wie aufrichtig sie war. Nynnia klang wirklich hin- und hergerissen. »Mein Vater, Merrick … Was werden sie ihm antun, wenn ich Euch helfe?« Sie kam immer noch nicht aus dem Halbdunkel hervor.
    Seufzend sackte er zurück auf den Boden, und allmählich dämmerte ihm, dass es nur eine Wahl gab. Er betrachtete kurz die Zauber an der Decke und fragte dann: »Was ist mit meinem Riemen, Nynnia? Habt Ihr gesehen, wohin sie ihn gebracht haben?«
    Aus dem Augenwinkel sah er sie schnell nicken.
    »Könnt Ihr ihn holen – könnt Ihr ihn mir bringen?« Seiner Sicht beraubt und voller Furcht, fiel es Merrick sehr schwer, etwas zu beurteilen. Ihre pochende Halsschlagader zeigte, dass sie tatsächlich Angst hatte, doch ihre Miene war kaum zu deuten.
    »Ich kann es versuchen.« Sie klang, als kämpfte sie mit den Tränen. »Ich werde es versuchen, Merrick. Aber ich habe Angst vor den Aktiven. Wenn sie Euch das hier antun konnten …«
    Er wusste, dass er eine Menge von der jungen Frau verlangte, aber wenn sie ihm nicht brachte, was er benötigte, würde Sorcha nur die Erste sein, die starb. Er brauchte den Plan der Priorin nicht zu kennen, um sich dessen gewiss zu sein.
    Merrick versuchte, leise und gleichmäßig zu sprechen, als redete er mit einem nervösen Tier. »Nur den Riemen, Nynnia. Bringt mir einfach den Riemen, und ich erledige den Rest.« Seine nächsten Worte blieben in ihm verschlossen …
Wenn ich den Mut dazu habe.
    Als sie die Anhöhe binnen zweier Tage zum zweiten Mal erklommen, bemerkte Raed, dass Sorcha ihr Schwert einige Male zur Probe aus der Scheide zog. Diakone gaben sich selten mit greifbaren Waffen ab, aber er hatte gehört, dass sie hart mit ihnen trainierten. Der Prätendent brauchte seinen Säbel nicht zu überprüfen.
    Kurz vor dem Gipfel und fast in Sichtweite der Stelle, an der sie die Städter versammelt wussten, legte sie ihm bremsend eine Hand in die Armbeuge. »Eure Mannschaft, Kapitän Rossin – wie viele davon können kämpfen?«
    Vielleicht hätte er etwas sagen sollen wie »So weit wird es nicht kommen« oder »Ihr macht aus meinen Männern kein Kanonenfutter«, aber ein Blick in ihr todernstes Gesicht, und er wusste, dass mehr auf dem Spiel stand, als sie zugab. Vermutlich ging es nicht nur um ein Dutzend besessener Kinder, sondern um etwas viel Dunkleres. Was einem Diakon Angst machen konnte, noch dazu dieser Diakonin, durfte er nicht ignorieren. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, betrachtete er dies immer noch als sein Königreich.
    »Etwa die Hälfte sind erfahrene Krieger«, antwortete er. »Die anderen sind recht tapfer, aber nicht ausgebildet. Wir meiden Konflikte lieber, als dass wir uns in sie hineinstürzen.«
    Sie nickte nachdenklich, als überschlüge sie im Geiste, wie die Dinge gegen sie standen. Dann hob sie ruckhaft den Kopf, und ihre scharfen blauen Augen begegneten seinen. »Also sollten wir besser sehen, welche anderen Ressourcen wir zur Verfügung haben.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und schritt in Richtung des Lagers davon.
    Raed fragte sich, wie Ulrichs Bürger wohl darauf reagieren würden, wenn man sie auf diese Weise beschrieb.
    Es war gut, dass Sorcha nicht den sofort erkennbaren Umhang einer Aktiven trug, denn sie wären wahrscheinlich von Schrotkugeln durchsiebt worden, bevor sie sich der Gruppe auf dreißig Schritt genähert hätten. Es war auch hilfreich, dass die Bürger alle das Kloster und nicht den Weg von der Stadt im Auge behielten.
    Selbst wenn sie nicht gerade durch Ulrichs leere Straßen gekommen wären, wäre offenkundig gewesen, dass dies fast die ganze Bevölkerung war. In der Menge befanden sich Männer und Frauen, die alle improvisierte Waffen trugen: Fischer Landungshaken, Bauern Sensen und Mistgabeln, Bäcker lange, hölzerne Schießer. Alle blickten auf das grimmige Gebäude über ihrer Stadt. Nach überschlägiger Zählung schätzte Raed, dass über hundert

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