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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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war es beinahe zu einer Notwendigkeit geworden, die Toten in Sichtweite eines Klosters oder einer Abtei zu begraben, und das wurde auch weiterhin empfohlen. Gerade fand eine Beerdigung statt.
    Jey flüsterte ihrer Partnerin etwas ins Ohr – ein ziemlich schlechtes Benehmen, wie Sorcha fand.
    »Wir müssen hier kurz haltmachen.« Delie drehte sich um und richtete ein wenig steif das Wort an die Diakone aus Vermillion. »Vergangene Nacht hat es weitere Todesfälle gegeben.«
    Es war keine weitere Erklärung nötig. Sorcha wartete am Tor, während Merrick zurückging, um Bandele zu sagen, er solle schon zur Abtei vorgehen. Sie mussten sich um Diakonangelegenheiten kümmern.
    Es war ein gutes Gefühl, ihren Gastgebern von Nutzen sein zu können. Die beiden Diakonpaare untersuchten mit geübtem Auge die Szene. Die Sensiblen sandten ihre Zentren aus, während die Aktiven sich für den Fall bereithielten, dass ihre Kollegen etwas fanden.
    Die Trauergemeinde strömte auf den Friedhof. Tor und Zaun bestanden aus knochenweißem Holz und klapperten im leichten Wind. Das Geräusch war klagend, beunruhigend und musste Absicht sein. Als es sich mit dem Schluchzen der Hinterbliebenen mischte, bekam Sorcha trotz der Hitze eine Gänsehaut.
    Anders als in Vermillion gab es keinen Sarg. Der Leichnam war einfach in ein leuchtend buntes Tuch aus Baumwolle gewickelt und wurde von den Männern auf den Schultern getragen. Kleine Medaillons hingen von dem Toten herab und glitzerten und blitzten im Sonnenlicht. Sorcha hatte genug gelernt, um zu wissen, dass es die Symbole der kleinen Götter waren – ein Hinweis darauf, dass dieser Mann ein Gläubiger gewesen war. Für die Geister spielte das keine Rolle.
    »Ich bemerke nichts Verdächtiges«, flüsterte Merrick. Seine Augen waren geschlossen, aber da er seine Sicht mit Sorcha teilte, konnte sie sehen, was er meinte. Die Trauer des Leichenzugs war alles, was den Äther befleckte.
    »Die Gespenster waren in letzter Zeit ziemlich schlau.« Jeys Lider flackerten. »Wir sollten auf Nummer sicher gehen.«
    Beide Sensiblen griffen intuitiv nach ihren Riemen. Als Merrick sich das runenverzierte Leder über die Augen zog, sah Sorcha erneut das Gleiche wie er. Durch die Augen ihres Partners war die Welt ein wunderschöner Ort. Sie sahen die Bewegungen des Windes, die betrübten Trauerschwaden, die von den Gästen der Beerdigung ausgingen, und das Schwirren von Insekten über den Blumen des Friedhofs. Nichts entging ihrer Aufmerksamkeit.
    Keine Schatten folgten dem Toten. Kein Gespenst trug das Gesicht des Verstorbenen. Sorcha stieß einen angehaltenen Seufzer der Erleichterung aus, als sie die Hand von ihrem Gürtel fallen ließ.
    »Könnt Ihr das sehen, Diakonin Jey?« Merricks Stimme war voller Grauen, aber er sah nicht mehr zum Friedhof.
    Sorcha teilte seine Sicht, und was er betrachtete, war in weiter Ferne. Am Horizont, auf dem anderen Ufer des Saal-Flusses, befand sich ein niedriger Hügelzug. Sie hatte ihn bereits bemerkt, als sie aus der Hafenstadt aufgestiegen waren. Der Tag war wolkenlos, und es herrschte eine unbarmherzige Hitze. Mithilfe des Riemens sah die Szene jedoch ganz anders aus. Auf diesen Hügeln sammelte sich eine graue Masse, die man mit Gewitterwolken hätte verwechseln können. Der Anblick traf Sorcha wie ein Schlag in die Magengrube.
    »Ja«, stieß die chiomesische Sensible mit erstickter Stimme hervor, »aber mir ist noch nie etwas Ähnliches begegnet.«
    »Mir auch nicht.« Die Stimme ihrer Partnerin klang rau und erschüttert.
    Natürlich hatten sie so etwas noch nicht gesehen. Beide waren zu jung dafür. Sorcha jedoch war vor Jahren mit dem Kaiser aus Delmaire gekommen und hatte viele tödliche Dinge erblickt.
    Sie hatte auf einem Schiff zwischen Erzabt Hastler, der später seinen Orden verraten sollte, und Kolya gestanden. Sie hatte seine Sicht geteilt und zu dem Kontinent hinübergeschaut, der ihre neue Heimat werden sollte. Sie hatte Wolkenmassen gesehen, wo in Wirklichkeit keine gewesen waren. Sie hatte ihren Abt gefragt, was sie zu bedeuten hatten, und seine Antwort hatte sie damals ebenso frösteln lassen wie jetzt.
    »Die Geister sammeln sich, bereiten sich auf uns vor, warten auf die Schlacht.«
    »Bei den Knochen.« Mit zitternden Händen nahm Merrick den Riemen ab. »Das sollten wir besser dem Prior melden.«
    Ihr einfacher Zug in die Bienenkorbstadt fiel mit etwas anderem zusammen, etwas weitaus Bedeutsamerem. Sorcha kam sich dumm vor, dass sie jemals

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