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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Name?«
    »Deren.« Seine Augen, die am Wasser noch so leblos gewirkt hatten, glänzten jetzt.
    »Deren« – Zofiya stieß den Atem aus – »gibt es eine Möglichkeit, dass ich vielleicht allein bete?«
    Er machte eine kleine Verbeugung. »Ich laufe voraus und arrangiere das mit der Priesterin. Ich bin mir sicher, dass sie Eurem Wunsch nachkommen kann, Kaiserliche Hoheit.« Und er huschte davon, um seinen Worten Taten folgen zu lassen.
    Die Großherzogin stand im Schatten, fächelte sich Luft zu und versuchte, ihren Missmut zu verbergen. Schließlich kehrte Deren zu ihnen zurück. Seine Zähne blitzten in seinem dunklen Gesicht vor ehrlicher Freude auf. »Die Nachmittagsgebete haben noch nicht begonnen, daher konnte die Priesterin den Tempel für Euch räumen, Kaiserliche Hoheit.«
    Sie erklommen die Stufen zu den Türen, und Zofiya war einen Moment lang verwirrt – es war genauso, wie die Göttin es ihr gezeigt hatte. Schweiß, der nichts mit der Hitze zu tun hatte, brach ihr am ganzen Körper aus, und ihr Herz fing an zu rasen. »Bleibt hier, Ylo«, flüsterte sie über die Schulter.
    »Aber Hoheit.« Er klang unsicher, versuchte aber trotzdem, seine Pflicht zu tun – daraus würde sie ihm keinen Vorwurf machen.
    »Diesmal nicht.« Zofiya reckte den Hals und blickte zum Tempel empor, wo das Bild der Hatipai auf ihre Anhänger hinabsah wie auf Ameisen – was sie natürlich auch waren. »Dies«, sagte die Großherzogin, »ist privat.« Dann ging sie in dem Wissen, dass sie zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren allein im Tempel ihrer Göttin sein würde, ehrfürchtig die letzten paar Stufen hinauf.
    Die Hitze blieb draußen, obwohl das Licht durch glaslose Fenster fiel und weiß auf dem roten Boden brannte. Zofiya schlüpfte aus den Schuhen und spürte unter ihren nackten Sohlen das raue Kratzen der prächtigen Teppiche. Einen solchen Ort ganz für sich allein zu haben, war eine der wahren Freuden als Mitglied des Königshauses – ihrer Meinung nach vielleicht die einzige.
    Du bist ein Kind von Königen, aber du genießt nicht die damit verbundenen Privilegien,
flüsterte Hatipais Stimme, und Zofiya konnte sich nicht sicher sein, ob sie sie im Kopf hörte oder ob die schwach erkennbare, hohe Decke vielleicht einen verborgenen Engel enthielt.
    Du musst lernen, die Zügel der Macht zu ergreifen. Sei das, was dein Erbe dir zu sein befiehlt.
    Trotz des Glaubens und der Liebe, die sie für die Göttin empfand, trafen sie ihre Worte. Ihre Natur lehnte sich dagegen auf. »Ich bin die Schwester des Kaisers, Herrin. Ich wache über sein Leben. Ich berate ihn, so gut ich es vermag.«
    Und du denkst nie daran, dass sein königliches Blut auch in deinen Adern fließt. Törichtes Mädchen – du bist genauso zum Herrschen geboren wie er. Nur die lächerliche Tradition von Männern auf dem Thron von Arkaym verhindert, dass du dein wahres Potenzial ausschöpfst.
    Ein Kloß bildete sich in Zofiyas Kehle. Arkaym und Delmaire hatten dies gemeinsam. Während viele Fürstentümer, aus denen das Reich bestand, von Frauen regiert wurden, hatte noch nie eine Kaiserin auf dem prächtigen Thron in Vermillion gesessen. Kaiserin wurde man durch Heirat – nicht durch Geburt.
    »Mein Bruder ist gebeten worden zu kommen – um Kaiser zu werden«, meinte sie schließlich und ging weiter in den Tempel hinein, aber jetzt mit zögerndem Schritt. »Ich bin niemals auch nur in Betracht gezogen worden. Ich könnte unmöglich …«
    Und das ist der Grund, warum du immer im Schatten bleiben wirst.
Die Stimme der Göttin war jetzt scharf und schmerzte Zofiya, als würde sie geschlagen. Als sie zusammenzuckte und sich zurückzog, änderte sich der Ton der Göttin und wurde sanfter und leiser.
Du musst noch viel lernen, Kind – dies ist freilich nicht die Zeit dafür. Geh zum Taufbecken.
    Das Vertrauen der Großherzogin war erschüttert. Plötzlich war der Tempel nicht mehr kühl und geheimnisvoll – er war geradezu eisig und finster. Das heilige Wasserbecken, das in der Vision der Göttin Glück zu verheißen schien, war in Wirklichkeit ziemlich bedrohlich.
    Liebst du deine Göttin nicht?
Hatipais Flüstern hallte durch das hohe Gewölbe.
Du bist ein gutes Kind, voller Glauben – tu, worum ich bitte.
    Zofiya schluckte, schloss die Augen und dachte wieder an ihren ersten Besuch im Tempel von Delmaire. Wenn sie sich mit Macht konzentrierte, konnte sie sich an diesen Augenblick völliger Akzeptanz erinnern, vollkommener Liebe und des Gefühls,

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