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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Teil von etwas zu sein – während sie in den Augen ihrer Eltern nur ein überschüssiges Kind war. Jetzt klammerte sie sich an diese Erinnerung und konnte in das Dunkel treten.
    Der Tempel war sehr karg. Der zentrale Punkt bestand aus einer schmucklosen silbernen Schale, die in den Boden eingelassen war. Sie war drei Meter breit, und Gläubige hatten auf der ruhigen Wasseroberfläche duftende Blumen schwimmen lassen. Der Geruch war berauschend und beruhigte sie irgendwie.
    Sie erreichte die Treppe und stieg zum Altar empor, und zwar in der angemessenen Weise, also auf den Knien. Schließlich begann sie zu lächeln, als die Wärme ihres Glaubens sie einhüllte. Während ihr Zögern verflog, tauchte Zofiya die Hand ins Wasser. Es war eiskalt. Sie drückte sich die nassen Fingerspitzen an den Mund und ließ das Wasser bei sich ein.
    Jetzt geh hinunter ins Dunkel – bring mir zurück, was ich brauche.
    Zofiya erhob sich und tat, was alle Anhänger Hatipais für Gotteslästerung gehalten hätten: Sie stieg in das Becken. Jetzt wurde ihr Körper der Göttin überantwortet. Jetzt konnte sie tun, was von ihr verlangt wurde.
    Für einen langen Augenblick kam es ihr so vor, als würde nichts geschehen, und dann erfüllte ein lautes Stöhnen den Raum, mechanisch und tief, von irgendwo unter ihr. Wasser begann aus den Becken abzufließen, während ein Riss rings um den Rand erschien. Es floss in einen verborgenen Raum, während der Altar selbst auseinanderfuhr. Staub und abgestandene Luft quollen von unten herauf und ließen Zofiya husten und spucken – sehr unschmeichelhaft im Haus ihrer Göttin.
    Als der Staub sich wieder legte, sah sie eine Wendeltreppe, die unter einer dicken Schmutzschicht lag und tausend Jahre alt sein mochte. Nach allem, was sie wusste, war die Treppe tatsächlich so alt. Zofiya, von deren Körper heiliges Wasser tropfte, stieg aus dem Becken und auf die Treppe. Die Stufen knarrten unter ihrem Gewicht, aber das leichte, biegsame Metall fühlte sich, so schmutzig es war, stark an. Als sie tiefer hinabging, sah sie die Stufen an silbernen Ketten hängen, konnte aber keine Spur von einem Mechanismus entdecken.
    Nichts von alledem sah aus wie das Werk einer Göttin, und die verblassten Verzierungen an den Treppenwänden waren ihr unvertraut. Zofiya verstand nicht recht, was ihre Göttin von ihr verlangte, warum sie nicht jemand anderen hier herunterschicken konnte.
    Endlich erreichte die Großherzogin den Fuß der Treppe. Licht flackerte, erwachte zum Leben und erhellte den Raum mit einem blauen Schimmer, der sie ein wenig aus der Fassung brachte. Sie hatte unter dem roten Schein der Kronleuchter im Palast von Vermillion getanzt und ihr Leben im bernsteinfarbenen Flackern von Kerzen und Laternen gelebt – aber noch nie hatte sie blaues Licht gesehen.
    Der Raum roch nach Leinöl, das ihr scharf in die Nase stach. Ihre einzige vergleichbare Erfahrung stammte von ihrem Besuch in der Gasse der Mechaniki, wo sie bei der Konstruktion der Motoren für das neueste Luftschiff ihres Bruders zugesehen hatte. Die schwer bewachten Geheimnisse der Gilde der Mechaniki hatten sie fasziniert. Doch als sie sich umschaute, erkannte Zofiya schnell, dass dieser Ort sehr viel älter war als alles, was sie in Vermillion gesehen hatte – bis auf das Gefängnis, aus dem sie dem Engel zur Flucht verholfen hatte.
    Damals hatten Wärme und die Stimme ihrer Göttin sie vorangetrieben und vor der Merkwürdigkeit jenes Ortes geschützt. Doch nun war sie allein und stand zitternd in einem seltsamen Raum, der so eisig war, dass ihr die Kälte bis ins Mark drang. Die Wand war mit Ziffern und Figuren bedeckt und fühlte sich metallisch an. Das Licht kam aus den Augen der dargestellten Personen, und diese Augen waren aus blauem Glas. Doch die Bilder ähnelten denen im Palast. Menschen, die vor Entsetzen aufschrien, als die Offenbarung der Anderwelt begann, die Zeit des Betens – aber diesmal waren keine anderen Götter dargestellt, nur Hatipai.
    Die Menschen, die diesmal schrien, waren offensichtlich Bürger Chiomas, erkennbar an ihrem hohen Kopfschmuck und ihren üppig drapierten Kleidern. Dem Künstler, der dies geschaffen hatte, war es unglaublich gut gelungen, die Qual in Gesicht und Haltung der Menschen einzufangen. Mit einer Ausnahme.
    Zofiya runzelte für einen Moment die Stirn. Eine zentrale Gestalt stand in der Mitte der beinahe liegenden Menge, und während die vielen gebeugt und angstverzerrt waren, war dieser Mann aufrecht

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