Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
in eine Million Scherben zerbrechen oder vielleicht verbrennen.
Doch nichts geschah. Alles war still. Zofiya stand auf, wickelte die Kugel in die rote Seide ihres Halstuchs und schob sie in das Futter ihres Umhangs.
Vorsichtig trat sie in die staubigen Fußabdrücke, die sie beim Hereinkommen hinterlassen hatte, und verließ rückwärts den Raum. Kaum hatte sie den großen Metallfries passiert, glitt er dicht vor ihrer Nase zu.
Das Geflüster begann von Neuem, schwoll an und klang zorniger als zuvor.
Jetzt sagten sie etwas anderes, das ihr das Herz gefrieren ließ.
Zerstöre sie.
Zerbrich sie, Tochter des Blutes.
Zerbrich sie, wie wir es nicht konnten.
Zofiya biss die Zähne zusammen. Sie antwortete nicht auf ihre dummen Forderungen. Ihre Göttin hatte ihr einen Befehl gegeben, und die Großherzogin würde ihr gehorchen.
Sie drehte sich um und ging die Treppe wieder hinauf, zurück in die Realität. Wer oder was auch immer dieser seltsame Ort war: Sie hatte das, weshalb sie gekommen war. Das Flüstern konnte ihr gestohlen bleiben.
Kapitel 21
Befragung in einer Bibliothek
Raed wusste, wie es war, wenn Aufruhr in einem Palast herrschte. Während sie durch Flure und Lichthöfe gingen, fühlte er sich an das Haus des Unbesungenen im Exil erinnert. Sein Vater hatte immer einen Hang zum Dramatischen gehabt. Er konnte Dienstboten und seinen überlasteten Kammerdiener herumscheuchen, als hätte sich die Anderwelt wieder geöffnet.
Sie entzündeten kleine Weihrauchkegel in Wandhaltern. Der Duft war blumig und kraftvoll, und obwohl er einladend sein sollte, fand Raed ihn unangenehm süß. Es blieb abzuwarten, was Großherzogin Zofiya davon halten würde.
Sie war die Zweite in der Thronfolge von Arkaym, und seit seinem Großvater war niemand mehr in Orinthal gewesen, der der ultimativen Macht im Reich so nahe war. Es war für Chioma ein großes Ereignis.
»Ich wünschte, sie würden uns verdammt noch mal aus dem Weg gehen«, brummte Sorcha. Er wollte wieder nach ihrer Hand greifen, beherrschte sich diesmal aber.
Fraine war dort draußen, und Sorcha war es gelungen, eine Spur aufzutun, während alles, was Isseriah gefunden hatte, ins Leere lief. Doch sie mussten sich beeilen. Der Schatten dieses Mädchens hatte seine Ängste geschürt. Es hätte seine Schwester sein können.
Sorcha blieb stehen und richtete ihre blauen Augen mit jener Intensität auf ihn, die er erstaunlich und auch ein wenig furchteinflößend fand. »Wir holen sie zurück, Raed.« Dann beugte sie sich vor und flüsterte ihm ins Ohr: »Und wenn wir dafür jeden Stein dieser Stadt niederreißen müssen.«
Aus anderem Mund wäre das vielleicht ein Scherz gewesen, aber die Diakonin meinte es todernst. »Dann lass uns mit dem Stein anfangen, den wir kennen«, erwiderte er.
Sie warf ihm ein schelmisches Lächeln zu und ging mit langen Schritten zu den Frauenquartieren. Draußen vor der Tür stand ein Wachposten, ein Eunuch, der fast zwei Meter groß sein musste und die Arme verschränkt hielt. Er wirkte nicht annähernd so beeindruckt von der Diakonin, wie er hätte sein sollen.
»Kein ganzer Mann darf eintreten«, grollte er.
»Ich verbürge mich für sein Benehmen«, gab Sorcha zurück und verschränkte ihrerseits die Arme. »Ich und mein Orden.«
Der Eunuch veränderte leicht die Haltung.
Die Diakonin machte einen Schritt nach vorn. »Oder ich könnte zu Eurem Prinzen zurückkehren und ihm sagen, dass Ihr der Ermittlung, mit der er uns betraut hat, im Weg gestanden habt …«
Der Berg von einem Mann sah sich um, als erwartete er seine Ablöse, aber schließlich gab selbst er der Diakonin Sorcha Faris nach, schloss die Tür auf und trat beiseite.
Sie war mit ihm noch nicht fertig. »Ich möchte, dass alle blonden, blauäugigen Frauen des Harems zusammenkommen. Wie viele werden das sein?«
Der Eunuch musterte sie von Kopf bis Fuß und nickte dann. »Der Prinz wählt seine Frauen fast ausschließlich in Chioma – diese Beschreibung passt nur auf drei von ihnen, Mylady.« Das war nicht die korrekte Anrede für ihren Rang, aber der Posten hatte zweifellos nicht viel Kontakt mit den Diakonen des Ordens.
Raed bemerkte Sorchas leichtes Zusammenzucken, aber sie nickte. »Und wir brauchen einen Raum, um sie zu befragen.« Der Wachposten führte sie in ein Vorzimmer unmittelbar neben dem geschlossenen Bereich; darin war eine Bibliothek untergebracht, damit die Haremsdamen nicht nur schwatzten und nähten.
Während er die Frauen holen ging, sah
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