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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Herzlederbeutel in die Hand und knöpfte ihn auf.
    Der Diamantring, der zum Vorschein kam, funkelte facettenreich und verheißungsvoll.
    »Wera, willst du meine Frau werden? Willst du, dass ich dich bis ans Ende unserer Tage küsse und liebe und ehre?«
    Und Wera, die nur langsam aus ihrer Schreckstarre erwachte, hauchte leise, aber umso bestimmter: »Ja!«

TEIL III
    Ich habe einst geliebt –
    Zum ersten und letzten Mal –
    Stets bleibt’s in meinem Herzen
    Ein wonniger Sonnenstrahl!
     
    Ein Stern, der sanft und milde
    Aus der Nacht hernieder blinkt,
    Auf ewig von mir scheidend
    In die Flut der Zeit versinkt.
     
    Mir ist’s, als wär’ das Alles
    Ein wunderschöner Traum,
    Der, an mir vorüberschwebend,
    Entschwand in des Himmels Raum.
    Aus: »Liederblüthen«, Gedichte von
Wera, Herzogin von Württemberg

27. KAPITEL
    Stuttgart, September 1875
    S onnenstrahlen fielen streifenförmig durchs Fenster und warfen wechselnde Muster auf die weiße Leinenbettwäsche. Noch drangen die Geräusche der Stadt nur gedämpft in das Schlafzimmer des riesigen Appartements. Dabei lag es mitten in der Stadt in der sogenannten »Akademie«, neben dem Neuen Schloss. Genau wie Weras und Eugens großer Haushalt mit all seinen Angestellten schlief auch Stuttgart noch. Aber es würde nicht mehr lange dauern, dann führen Fuhrwerke durch die Straßen und in der Wohnung würde Klein-Egi nach seiner Milch brüllen. Die Amme und die Köchin würden sich über den Platz am Herd streiten. Aus dem Esszimmer würde das Geklapper von Geschirr ertönen und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee würde durch den Flur ziehen. Der Hofmarschall würde mit einem Armvoll Tageszeitungen von draußen zurückkehren. Aber noch stand die Zeit für eine kleine Weile still …
    Wera schlug die Augen auf und schaute ihren Mann an. Als hätten sie es abgesprochen, erwachte auch Eugen just in diesem Moment. Mit einem schläfrigen Lächeln breitete er seine Arme aus, und Wera schmiegte sich an ihn.
    Wie immer, wenn sie sich am Morgen liebten, fehlte ihrem Liebesakt die fiebrige Hast nächtlicher Zärtlichkeiten. Ihre Bewegungen waren langsamer, ihre Empfindungen umso intensiver. Mit einem leisen Aufstöhnen erreichten sie beide gleichzeitig den Gipfel der Lust. Kurz darauf schlief Eugen nochmals ein.
    Lächelnddeckte Wera ihren Mann zu, dann kuschelte sie sich selbst auch wieder unter die Daunendecke.
    Schon immer hatte sie den frühen Morgen geliebt – dass manche Menschen gern bis zum Mittag schlafen würden, konnte sie nicht verstehen. Sie wurde fröhlich wach, begrüßte den neuen Tag am liebsten vor allen anderen. Oder hing wie jetzt – ungestört von den vielen Alltagspflichten – ihren Gedanken nach.
    Seit sie mit Eugen verheiratet war, waren diese Stunden noch kostbarer für sie. Nur in dieser Zeit hatte sie ihren Mann ganz für sich allein.
    Wie so oft wanderte ihr Blick zu dem großen Hochzeitsbild, das an der Wand links von ihrem Ehebett hing.
    Der 8. Mai 1874 , der schönste Tag ihres Lebens … Damals war sie Eugens Frau geworden. Sie, die füreinander bestimmt waren, hatten »Ja« zueinander gesagt.
    Das Stuttgarter Schloss war fast aus den Nähten geplatzt, so viele Gäste waren von überall angereist, um die Vermählung zwischen ihr und dem Herzog von Württemberg zu feiern. Ihre Eltern waren aus St. Petersburg gekommen, ihre Brüder, Eugens Eltern … Die Damen in Galakleidung, die Herren in Galauniform. Sie selbst hatte ein cremefarbenes, mit Hunderten Metern Spitze verziertes Kleid mit langer Schleppe getragen, drei Zofen hatten ihr beim Ankleiden geholfen. Gleich zwei Frisierdamen hatten sich um ihre Haare gekümmert. Der Aufwand hatte sich gelohnt: »Eine schöne Braut!«, bemerkten viele der Gäste. Bei so manchem schwang Erstaunen in der Stimme mit, anscheinend hatte man ihr so viel Attraktivität nicht zugetraut.
    »Das und vieles andere ebenfalls nicht«, murmelte Wera in die Daunendecke hinein. Dass ausgerechnet sie, das hässliche Entlein aus St. Petersburg, sich den attraktiven Herzog Eugen von Württemberg als Ehemann angelte, hatte für großes Aufsehen nicht nur am Stuttgarter Hof gesorgt. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, was alles hinter ihrem Rücken getratscht worden war und –
    »Liegst du wieder wach und sinnierst?«, murmelte Eugen plötzlich und riss Wera damit aus ihren Gedanken.
    »Solaut, wie du schnarchst, bleibt mir nichts anderes übrig«, erwiderte sie schmunzelnd.
    Eugen streckte sich ausgiebig.

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