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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nicht hier?«
    Gequält starrte Wera auf Eugens Sarg. »Vielleicht waren meine Worte zu harsch, verzeih.«
    Schweigend verließen sie die Gruft und stiegen nach oben.
    »Wollen wir ins Kinderzimmer gehen? Ich habe die Kleinen seit einer Woche nicht gesehen und vermisse sie«, sagte Olly, als sie Weras Appartement erreicht hatten.
    Abwinkend hängte Wera ihren Mantel an die Garderobe. »Elsa und Olga schlafen um diese Zeit meistens, und wenn sie aufwachen, ist Madame von Roeder bei ihnen. Komm, ich muss dir etwas zeigen!«
    Olly wollte Wera gerade in den Salon folgen, als Weras Hofmarschall, ein feiner älterer Herr, erschien. Er kniff die Augen zusammen, kam einen Schritt näher, um gleich darauf wieder ein Stück nach hinten zu treten.
    »Ihre Hoheit? Verzeihen Sie, ich wusste nicht …«
    Hatte er sie also trotz seiner schlechten Augen noch erkannt. Olly lächelte den Freiherrn von Linden, den sie sehr schätzte, an.
    »Wollen Sie meine Tochter sprechen?«
    Der Mann, der den herzoglichen Hof organisierte, schien kurz zu überlegen.
    »In der Tat wollte ich die Herzogin gerade aufsuchen, um ein paar Dinge mit ihr zu besprechen. Ich würde gern einen zweiten Hausdiener einstellen, unsere Weißzeugverwalterin ist krank und wir benötigen Ersatz, der Koch klagt über einen defekten Herd …« Er machte eine Handbewegung, die andeuten sollte, dass es noch mehr derlei Probleme gab. »Vor dem Tod des Herzogs war es für Ihre Tochter und mich Usus, dass wir alles gemeinsam entscheiden, aber seither …« Er winkte ab und empfahl sich mit einer tiefen Verbeugung. »Ich komme später noch einmal wieder.«
    Gedankenverloren schaute Olly dem Mann nach. Dass Wera ihren Haushalt derart schleifen ließ und wichtige Entscheidungen vorsich herschob, war ihr nicht bewusst gewesen. Ob sich dieses Verhalten auch auf die Kinder bezog? Ein Gefühl von Unruhe überfiel Olly. Sie ging in den Salon, wo Wera schon ungeduldig auf sie wartete.
    »Magst du nicht Kaffee auftragen lassen? Eine Stärkung käme uns ganz gelegen«, sagte sie und versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Warum war sie in letzter Zeit um die Mittagszeit herum oft so müde? Früher konnte sie den ganzen Tag ohne Pause hindurch auf den Beinen sein. Unentwegt war sie von einer Besprechung zur anderen gefahren, oftmals, wenn die einzelnen Termine nicht zu eng beieinanderlagen, hatte sie sogar auf die Kutsche verzichtet und war zu Fuß gegangen. Es gab so viel zu tun! So viele Entscheidungen zu treffen, um das Wohlergehen der vielen Kranken, Alten, Kinder und Blinden in allen Anstalten, denen sie vorstand, sicherzustellen. Doch in letzter Zeit ertappte sie sich immer öfter dabei, dass sie nach dem Mittagsmahl ein kleines Schläfchen vorzog und ihre Schreibarbeiten erst später wiederaufnahm. Heute war sie seit dem frühen Vormittag mit Wera unterwegs, nun war sie hungrig und erschöpft zugleich.
    Doch Wera ging nicht auf ihren Vorschlag ein. Stattdessen zeigte sie wild fuchtelnd auf den großen runden Esstisch, auf dem eine Vielzahl von Zeitungen fächerartig ausgebreitet lag. Die Blätter sahen lädiert aus, so, als wären sie durch etliche unsanfte Hände gegangen.
    »Du glaubst ja nicht, welchen Blödsinn die Zeitungen noch jetzt, Monate nach Eugens Tod, schreiben. Hier, die Schwäbische Kronik – Ein Mysterium: Warum musste ein guter Reiter wie Herzog Eugen durch einen Sturz vom Pferd aus dem Leben scheiden? Der Beobachter bläst ins gleiche Horn: Eine Brustfellentzündung oder doch ein Sturz vom Pferd – woran starb Herzog Eugen wirklich?« Wütend funkelte Wera ihre Mutter an. »Was fällt den Zeitungsleuten ein, in dieser Art über Eugens Tod zu spekulieren? Eine Lobrede hätten sie auf ihn schreiben sollen. Stattdessen stellen sie wüste Vermutungen an.« Sie tippte auf eine andere Zeitschrift. »Hier: Das tragische Schicksal des Herzogs Eugen von Württemberg  – fast könnte man glauben, es handele sich um eine Romanfigur! Und meine Lieblingszeitschrift Über Land und Meer hat noch keine einzige Zeile über Eugens Tod geschrieben, eine Unverschämtheit ist das!«
    Olly schaute Wera kopfschüttelnd an. »Dass du diese Blätter überhaupt liest … Die Menschen sind nun einmal sensationslustig, und die Zeitungsmacher befriedigen diese Gier, dagegen kannst du nichts tun.«
    »Und ob ich dagegen etwas tun kann«, fuhr Wera auf. »Hier!« Triumphierend zog sie einen Stapel Briefe aus der kleinen Schublade, die sich unter der Tischplatte verbarg. »Ich habe

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