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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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brauchen dich, ihre Mutter! Dasselbe gilt für deine Angestellten. Freiherr von Linden bemüht sich, deine Angelegenheiten nach bestem Wissen und Gewissen zu regeln, aber er ist ein alter Mann und du solltest ihn nicht überfordern. Darüber hinaus hast du Verpflichtungen, die über deinen Haushalt hinausgehen. Du bist die Herzogin von Württemberg! Die Menschen erwarten, dich zu sehen und das nicht nur an Eugens Grab.«
    Mit verschränkten Armen schaute Wera sie feindselig an.
    »Ich weiß, ich weiß, es gilt, in jeder Lebenslage die Contenance zu wahren, nichts anderes wird von uns Romanows erwartet«, äffte sie Ollys Tonfall nach. »Aber ich bin nun einmal nicht so kühl und abgeklärt wie du.«
    »Das erwartet auch niemand, ich möchte nur nicht, dass du dich in deiner Trauer vergräbst«, antwortete Olly gequält. Nachdenklich schaute sie ihre Tochter an. Schon seit längerem wollte sie mit Wera über ihre Arbeit sprechen, darüber, dass ihr alles nicht mehr so leichtfiel wie noch vor Jahren. Ihr wäre schon geholfen, wenn Wera ihr den einen oder anderen Vorsitz in einem Komitee abnehmen würde. Oder an ihrer Stelle hin und wieder einen Kontrollbesuch übernehmen würde. Aber war jetzt der richtige Zeitpunkt für solchein Anliegen? Wera war derart in ihr Leid verstrickt, dass sie nichts und niemand anderen wahrnahm.
    »Glaube mir, ich weiß, wie du dich fühlst. Als meine Schwester Adini so jung gestorben ist, sah ich im Leben auch keinen Sinn mehr. Es hat lange gedauert, bis ich erkannte, welche Aufgaben der liebe Gott mir zugedacht hat. Und –«
    »Wie kommst du darauf, dass ich keinen Sinn mehr im Leben sehe?«, unterbrach Wera sie. »In mir brennt das Feuer einer großen Liebe, und nichts und niemand wird es jemals löschen. Dieses Feuer am Brennen zu halten – das ist meine Aufgabe im Leben!«
    *
    Olly war noch keine zehn Minuten fort, als es erneut an der Tür klingelte.
    Was wollte ihre Mutter nun schon wieder? Neue Vorhaltungen darüber machen, dass das Leben weiterging? Was erwartete Olly eigentlich? Dass sie als trauernde Witwe keine drei Monate nach Eugens Tod durch die Ballsäle tanzte? Oder sich gar nach einem neuen Ehemann umschaute? Und was die Kinder anging – sie hatten alles, was sie brauchten. Sie würde sich hüten, bei den Mädchen denselben Fehler zu machen wie bei Klein-Egi und Eugen! Ein Zuviel an Liebe war tödlich, das hatte das Leben sie auf brutalste Weise gelehrt.
    Wera hatte eine bissige Bemerkung auf den Lippen, als sie die Tür öffnete. Doch es war nicht die Königin, die sie besuchte.
    »Verehrte Herzogin …« Lutz von Basten machte eine tiefe Verbeugung.
    »Lutz!« Mit allem hatte Wera gerechnet, nur nicht mit dem Besuch ihres alten Jugendfreundes.
    »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen?«
    »Du bist zum Offizier befördert worden?« Sie zeigte auf die dunkelblaue zweireihige Ulanka, die Offiziersuniform des Württembergischen Ulanenregiments Nr. 19 . Eine solche Jacke mit weißem Futter, gelb abgesetztem Kragen und eingesticktem württembergischemWappen hatte auch ihr Eugen getragen. Er hatte so schön darin ausgesehen. Die Erinnerung an ihren Mann traf sie wieder einmal wie ein Schlag in den Bauch. Er fehlte ihr so sehr! Wera blinzelte.
    Lutz von Basten räusperte sich.
    »Ich möchte nicht lange stören, aber … Unser Kommandeur schickt mich. Es wäre eine große Ehre für das Regiment, wenn Ihre Hoheit, die Herzogin, unserem Frühjahrsmanöver beiwohnen würde. Im Anschluss soll eine kleine Trauerfeier für den verstorbenen Herzog stattfinden.« Er hielt kurz inne. »Ich weiß, es ist viel verlangt, und ich persönlich –«
    »Oh, keinesfalls«, unterbrach Wera den Offizier hastig. »Es ist mir eine Ehre, dem Manöver beizuwohnen. Wann und wo soll es stattfinden?«
    Das Frühlingsmanöver des Ulanenregiments fand bei strahlendem Wetter in einem leicht hügeligen Gebiet nordwestlich von Ludwigsburg statt. Die gut gefütterten Württemberger Pferde glänzten in der Frühlingssonne, ihr lautes Wiehern erfüllte die taugetränkten Wiesen – wie ihre Reiter schienen auch sie das Spektakel zu genießen. Fasziniert ließ sich Wera von einem Offizier die verschiedenen Angriffstaktiken, die geübt wurden, erklären. Als der Kommandeur sie im Anschluss daran einlud, mit den Soldaten in der Feldküche einen kräftigen Eintopf zu genießen, sagte sie erfreut zu.
    Die Monate vergingen. Wera besuchte nun regelmäßig kleinere Manöver der Ulanen. Die Reitkünste der

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