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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sie in Stuttgart besaß und die immer so viel Hunger hatte.
    Bei jedem ihrer Treffen hatte sich die Tochter der Wäscherin stets als Erstes auf die Lebensmittel gestürzt, die Wera ihr mitbrachte: ein Stück Brot, ein Wurstzipfel, Kekse oder ein Apfel, je nachdem, was sie ergattern konnte. Danach hatten sie sich unterhalten. Nicht viel und nicht lange, beide Mädchen hatten schnell gemerkt, dass ihre Leben zu unterschiedlich verliefen, um großartige Gemeinsamkeiten zu finden. Dafür hielt Wera Wort und bemühte sich redlich, Margitta das Lesen beizubringen. Und so verbrachten sie die meiste Zeit mit den Büchern, die Wera auf den Dachboden schleppte und die sich Margitta begeistert auslieh. Dass Wera sie danach meist ziemlich lädiert zurückbekam, nahm sie gern in Kauf. Hauptsache, sie hatte eine Freundin.
    Bei diesem Gedanken beschlich Wera ein Hauch von Trauer über ihren Abschied aus Stuttgart, doch sie schüttelte ihn eilig ab.
    »Wann kommt denn nun die Überraschung aus Russland endlich an?«, fragte sie Evelyn. Wie jedes Mal musste sie bei dem Wort »Überraschung« kichern. Da taten die Erwachsenen schrecklich geheim, dabei hatte sie längst durchschaut, dass es ihre Eltern waren, die man erwartete. Wäre Tante Olly sonst so angespannt? Wie angestrengt sie in Richtung Schlossplatz schaute! Dass sie überhaupt aus dem Palais getreten war, um die Gäste persönlich zu empfangen, sagte doch alles. Wera kicherte noch lauter.
    »Wehe, du benimmst dich nicht«, fuhr Evelyn sie sofort an. »Du sagst unseren Gästen artig guten Tag, ohne herumzuhampeln. Dann gehen wir gemeinsam ins Haus. Deine Tante wird sich zuvor verabschieden,sie hat heute den ganzen Tag über wichtige Termine. Aber wenn sie am Abend heimkommt, möchte ich ihr berichten können, dass du ein braves Mädchen warst. Hast du mich verstanden?«
    Wera winkte ab. Natürlich!
    Evelyns Blick wurde daraufhin noch skeptischer. »Man hätte dem Kind sagen sollen, wer heute kommt«, flüsterte sie der Hofdame zu, die neben ihr stand.
    Diese zuckte mit den Schultern und sagte: »Ich hatte den Eindruck, dass die Kronprinzessin über die Ankunft der St. Petersburger Damen nicht sonderlich erfreut ist, was ich durchaus verstehen kann. Eine Gouvernante und eine Kammerfrau aus St. Petersburg – haben wir in Stuttgart etwa keine fähigen Damen für solche Aufgaben?«
    Evelyn warf Wera einen prüfenden Blick zu, und als sie sah, dass das Kind eingehend mit seiner Puppe beschäftigt war, sagte sie: »Vielleicht will der russische Hof so Weras Bindung an ihre Heimat stärken? Andererseits – wäre dafür nicht ein Besuch der Eltern besser gewesen?«
    Die zweite Hofdame nickte heftig mit dem Kopf.
    »Ist es nicht schrecklich, wie die Erwachsenen die ganze Zeit tuscheln?«, flüsterte Wera Eugen von Montenegro zu, der in ihrer Vorstellung daraufhin mit den Schultern zuckte.
    Im nächsten Moment trat Olly an ihre Seite und nahm ihre Hand, um sie gleich darauf wieder loszulassen.
    »Na, bist du aufgeregt? Herrje, deine Hände sind ja schrecklich fettig! Das kommt davon, dass du den halben Tiegel meiner Handcreme geleert hast. Evelyn, gib Wera bitte ein Tüchlein, damit sie sich die Hände abtupfen kann.«
    Stirnrunzelnd nahm Wera das Taschentuch und tat so, als würde sie ihre Hände abreiben. Dafür war die wertvolle Creme doch viel zu schade!
    Als sie vorhin ihre Tante abgeholt hatte, war diese noch mit ihrer Toilette beschäftigt gewesen. Fasziniert hatte Wera zugeschaut, wie Olly ohne Hilfe einer Zofe Wangenrouge und Lippenrot auflegte.Danach hatte sie versucht, mit einem weißen Puder die dunklen Schatten unter ihren Augen abzudecken. Müde hatte die Tante ausgesehen, und irgendwie traurig. Dennoch hatte jede ihrer Bewegungen sehr damenhaft gewirkt. Und alles roch so gut! Einen Tupfer Parfüm auf beide Handgelenke und einen ins Dekolleté. Wera mochte den Duft nach Zimt und Gewürznelken sehr. Zu guter Letzt hatte sich Olly die Hände eingecremt. Wera fiel auf, wie zart und glatt Ollys Hände waren. Ihre hingegen waren trocken und hatten rissige Nägel und Hornhaut am Zeigefinger.
    »Die Hände sind die Visitenkarte einer Dame. An ihnen sieht man ihren Lebenswandel ebenso wie ihr Alter. Magst du auch?« Lächelnd hatte Olly Wera den Cremetiegel hingehalten, die sogleich ihren rechten Zeigefinger tief in die duftende Creme tauchte.
    »Da kommen sie!«, sagte Evelyn und wies zur linken Seite des Schlossplatzes, wo eine erste Kutsche erschien. Davor ritt Cäsar

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