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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Bernhard Dohmke als Gesellschafter waren. Die Namen der anderen Gesellschafter kannte ich nicht, mit zwei Ausnahmen. Einer dieser Namen war erst vor kurzem als Gesellschafter aufgenommen worden. Besonders dieser Name war eine schwere Enttäuschung. Und er zeigte mir, was für ein obernaiver Möchtegerndetektiv ich war. Frustriert und deprimiert fuhr ich zurück in die Klinik.
    Marlies hatte ganze Arbeit auf meiner Station geleistet. Die Visite war fertig, die nächsten vierundzwanzig Stunden im Leben jedes meiner Patienten festgelegt. Die Anforderungsscheine für die nächste Runde Labortests, Röntgenuntersuchungen oder Gewebeproben waren ausgefüllt, die Medikamentenpläne auf dem aktuellen Stand. Das Maß für eine gute Visite ist, ob die Schwestern danach noch Fragen an den Stationsarzt haben – sie hatten keine. Schon am frühen Nachmittag hatte ich meine Neuzugänge aufgenommen und auch deren Lebensweg bis morgen festgelegt.
    Es gab nichts mehr zu tun. Nichts mehr zu tun? Ich fühlte mich unbehaglich, ein Relikt meiner Erziehung. Ich könnte sicher noch ein paar Arztbriefe diktieren. Vielleicht aber, meldete es sich bei mir, gehen die Aufgaben eines Arztes etwas über die Tag-zu-Tag-Routine hinaus.
    Ich strich den Programmpunkt »Arztbriefe diktieren« und mischte mich unter meine Patienten. Wir sprachen über ihre Familien, ihre Pläne, ihre Hobbys, aber auch über Angst und über Hoffnung. Danach fühlte ich mich besser, aber auch beschämt. Ich hatte Stärke und Mut gesehen in Menschen, die wußten, daß ihnen weder ich noch die ganze Medizin helfen könnten was wogen da meine aktuellen Probleme?
    Gegen fünf schaute Marlies vorbei und wollte wissen, wo ich ihren Wagen geparkt hätte. Um das Maß ihrer guten Taten für den Tag vollzumachen, nahm sie mich bis zum Sophie-Charlotte-Platz mit. Es war ein kleiner Umweg für sie, aber so ist Marlies. Wenig später saßen wir auf der Bismarckstraße im Feierabendstau.
    »Wo bist du eigentlich heute vormittag mit meinem Auto gewesen?«
    Marlies ist nicht der neugierige Typ, sie wollte sich nur ein bißchen unterhalten, die Zeit im Stau verkürzen. Ich murmelte etwas Unverständliches vor mich hin.
    »Du willst es mir nicht erzählen, Casanova?«
    »Glaub mir, Marlies, du willst es gar nicht wissen.«
    Marlies blickte mich kurz von der Seite an, dann löste sich der Stau auf. Am Sophie-Charlotte-Platz ließ sie mich raus. »Keine Sorge, Kumpel. Wenn die Bullen mich fragen, warst du die ganze Zeit in der Klinik. Null Problemo.«
    Sie lachte, winkte mir kurz zu und war im Verkehr verschwunden. Celine hätte mich zu Tode gelöchert mit der Frage, wo ich am Vormittag gewesen sei. Nicht Marlies. Sie wußte, daß ich es ihr sowieso irgendwann erzählen würde.
    Ich hatte in meiner Anspannung heute morgen nicht bemerkt, daß ich den Golf in einer Zwei-Stunden-Parkzone abgestellt hatte. Wenigstens war er nicht abgeschleppt worden, die Polizei hatte sich darauf beschränkt, mir ein Überweisungsformular über dreißig Mark hinter die Scheibenwischer zu klemmen. Kein Wort zu dem fehlenden TÜV. Und, fast ebenso erstaunlich, keine weiteren eingeschlagenen Scheiben und keine tote Ratte auf dem Fahrersitz. Ich stieg ein und fuhr los.
    Falsch. Ich wollte losfahren. Aber als ich anfuhr, erschütterte ein gewaltiges Krachen und Zittern den gesamten Wagen, mich auch. Autobombe! Ich sprang aus meinem Auto, das nun sich selbst und den Gesetzen der Physik überlassen weiter auf die Fahrbahn rumpelte. Die Folge waren quietschende Reifen hektisch gebremster Autos und ein wütendes Hupkonzert, aber keine Explosion.
    Mein herrenloser Golf stand unversehrt in der Mitte der Windscheidstraße und blockierte den Verkehr. Ich wartete noch eine Minute, mehr in der Hoffnung, daß die wütenden Autofahrer irgendwie verschwinden würden, als aus Angst, daß doch noch etwas explodieren würde. Der Stau wurde größer, einige Fahrer waren schon ausgestiegen. Ich wagte mich aus meiner Deckung und murmelte von defekter Handbremse, Werkstattpfusch und großem Bedauern. Die Menge sah von meiner sofortigen Steinigung ab, zwei Männer halfen mir sogar, den Wagen zurück in die Parklücke zu schieben.
    »Mit dem werden Sie sowieso nicht weit kommen.«
    Diese Ansicht hörte ich im Zusammenhang mit meinem Golf nicht das erstemal. Jetzt aber bezog sie sich auf den Grund für das Rumpeln und Zittern, das mich in Panik versetzt hatte. Man hatte alle vier Reifen zerstochen, und ich war auf den Felgen über das

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