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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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vernünftigen Infusionsplan, mit der Verpflichtung, nun täglich zu Frau Schön auf die Chirurgie zu latschen, hatte er den Knoten mit einer kurzen Notiz elegant und wenig zeitaufwendig durchgehauen: »Morgen früh Rückübernahme auf Innere IIIb.« Und da hatte ich sie wieder, die Frau Schön.
    Mit der effizienten Hilfe von Schwester Elke gab es bald einen vernünftigen Behandlungsplan. Wir würden sie mit ein paar Litern Flüssigkeit aus ihrem Trockenpflaumenzustand herausholen und ihr mit ein bißchen Insulin den Blutzucker senken, das Natrium und die Nierenwerte würden sich dann von selbst regeln. Harald hätte ihr wahrscheinlich erst einmal ein paar Stunden an der künstlichen Niere verpaßt, er ist vernarrt in blinkende Lämpchen und chromblitzende Schalter.
    Kurz vor zwei rief mich Frau Krüger an, Dr. Bredow habe jetzt Zeit für mich. Ich machte mich auf den Weg.
    Im Vergleich zu den Besenkammern, die er uns nach dem Umbau als Arztzimmer zugeteilt hatte, erinnerte mich Bredows Büro immer an Fotos von Hitlers Arbeitszimmer in Albert Speers »Neuer Reichskanzlei«. Es war wahrscheinlich der größte Raum im gesamten Krankenhaus nach der Cafeteria und der Zentralsterilisation.
    Aber der Verwaltungsdirektor einer großen Klinik ist heutzutage auch ein wichtiger Mann. Und immer ist die Macht da, wo sie hingehört: Wo das Geld liegt und wo es verteilt wird – beim Verwaltungsdirektor. Auch die einst so mächtigen Chefärzte müssen heute ihre Verträge mit dem Verwaltungsdirektor aushandeln: ihr Gehalt, wie viele Betten für Privatpatienten sie bekommen, wieviel sie vom Honorar ihrer Privatpatienten an die Klinik abführen müssen, wie viele Betten ihre Abteilung hat, wie viele Ärzte und Schwestern und wieviel Laborkapazität ihnen zusteht.
    Ohne daß sie es wissen, ist der Verwaltungsdirektor auch für die Patienten enorm wichtig geworden. Letztlich genehmigt er, ob zum Beispiel eine neue künstliche Niere gekauft wird, ob sie sich rechnet – und entscheidet dadurch eventuell über Patientenleben. Dr. Bredow hat nie einen Hehl daraus gemacht, daß er wichtig ist und gewillt, seine Macht einzusetzen.
    »Gehen Sie nur gleich rein. Der Chef erwartet Sie«, empfing mich Frau Krüger.
    Auch die Einrichtung seines Arbeitszimmers war vom Stil »Neue Reichskanzlei« nicht weit entfernt. Eine schwere Polstergarnitur um einen Rauchtisch, ein riesiger neogotischer Schreibtisch. Während Besprechungen mit Dr. Bredow suchte ich immer nach diskret in die Schnitzerei eingearbeiteten Hakenkreuzen oder wenigstens noch sichtbaren Spuren davon.
    »Ich bin gleich bei Ihnen, Dr. Hoffmann!«
    Wahrscheinlich war Dr. Bredow der einzige im Haus, der direkt neben seinem Arbeitszimmer ein eigenes Bad hatte. Als er herauskam, trocknete er sich noch die Hände.
    »Schön Sie zu sehen, Doktor!«
    Dr. Bredow, der in seinem immensen Arbeitszimmer noch kleiner wirkte, plazierte uns beide in seine übergroßen Ohrensessel – seine Sitzordnung für Gespräche mit inoffiziellem Charakter.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm nachträglich zum Geburtstag gratulieren sollte, schließlich hatte es keine Geburtstagsfeier in der Klinik gegeben, zu der ich eingeladen worden wäre. Dr. Bredow ersparte mir weitere Überlegungen.
    »Frau Krüger hat mir gesagt, es gehe um einen Patienten?«
    »Ja, das ist richtig. Und es sind ein paar Dinge geschehen, über die Sie informiert sein sollten.«
    Ich berichtete Dr. Bredow von Mischa. Ich erzählte ihm, daß er in der Klinik gearbeitet hatte und daß er dann mein Patient gewesen war.
    »Er war eines Tages plötzlich von der Station verschwunden. Soweit ich weiß, ist er danach auch nicht mehr zur Arbeit erschienen, ich jedenfalls habe ihn erst wieder Pfingstmontag auf der Aufnahmestation gesehen. Toteinlieferung, wahrscheinlich innerlich verblutet.«
    Ich erzählte ihm nicht von meinen Besuchen in der Pension Elvira und auch nicht von den zwei Leichenschauscheinen. Wie gesagt, vielleicht hatte Schreiber auf Weisung gehandelt. Auf wessen Weisung? Der Verwaltungsdirektor kam dafür kaum in Frage, aber ich sah keinen Grund, Details vor ihm auszubreiten.
    »Und Sie meinen, Dr. Hoffmann, daß da ein Zusammenhang besteht zwischen der Tatsache, daß dieser ...«
    »Tschenkow, Mischa Tschenkow ...«
    ».., daß dieser Tschenkow im Oktober bei uns stationär behandelt wurde und daß er jetzt tot ist? Ist er denn bei uns falsch behandelt worden?«
    »Ich kann es nicht ausschließen. Es kann sein, daß wir damals

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