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Die Saat der Bestie (German Edition)

Die Saat der Bestie (German Edition)

Titel: Die Saat der Bestie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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grauer Nebel, ohne eine Reaktion in ihrem Verstand zu hinterlassen.
    »Wenn du das dort hinten tust, was ich denke, bist du ein gottverdammter, perverser Irrer.«
    Entsetzt stellt sie fest, dass die Schärfe aus ihren Worten verschwindet. Sie lauscht ins Dunkel, doch der Fremde verharrt regungslos. Kein Stöhnen, keine rhythmischen Geräusche, mit denen er sich selbst bearbeitet. Er scheint einfach nur bewegungslos im Dunkeln zu stehen und sie anzustarren. Sam kann die Elektrizität seiner Blicke förmlich auf Rücken und Hintern spüren. Widerwärtige, kalte Berührungen, die ihre Beine entlang tasten. Der Fremde genießt seine eigene abartige Theatervorstellung.
    »Was hast du mit mir vor? Willst du mich vergewaltigen? Ist es das, was du willst? Willst du mich haben? Hänge ich deshalb hier?« Die Worte sprudeln aus ihr heraus, ihre Stimme überschlägt sich und wird von Furcht geleitet. Das darf sie nicht zulassen, wenn sie eine Chance haben will. »Willst du mich töten? Oder einfach nur anstarren? Verdammt, rede mit mir.«
    Die Dunkelheit bleibt stumm.
    »Verdammtes Arschloch, ich weiß, dass du da bist. Gott, du bist so ein erbärmlicher Feigling. Versteckst dich hinter mir in der Dunkelheit. Hast du nicht genug Mumm, um mir ins Gesicht zu sehen, während ich mit dir rede? Du musst mir ja nicht antworten, wenn du dazu nicht fähig bist. Aber du bist mir verdammt nochmal einen verfluchten Blick schuldig.« Sie hält inne, lauscht erneut. »Verflucht, selbst Würmer haben mehr Courage als du.«
    Stille.
    Die Situation entlockt ihr ein bitteres Grinsen. Sam schüttelt den Kopf. »Verfluchter Irrer«, flüstert sie und beginnt, mit einem Fuß in ihrem Urin zu plantschen, nur um die Stille zu zerstören.
    Obwohl sie sich so hilflos und ausgeliefert wie noch nie zuvor in ihrem Leben vorkommt, spürt sie doch eine innere Stärke in sich, deren Ursprung sie nicht einmal erahnen kann. Diese Stärke ist einfach da, lässt sie Dinge sagen, die sie ihr Leben kosten könnten, und blendet alle schrecklichen Bilder in ihrem Verstand aus, die ihre Situation mit sich bringt.
    Eine feine Bewegung hinter ihr lässt sie den Atem anhalten und bringt die Kälte zurück; nur ein Hauch, als würde eine frische Brise in den Raum wehen und die Dunkelheit durcheinanderwirbeln. Dann kehrt das Schweigen zurück.
    Sam wartet. Sie dreht den Kopf soweit zur Seite, wie es ihr Nacken zulässt, damit sie jedes noch so kleine Geräusch in ihrer Nähe hören kann. Minuten verstreichen, vielleicht sogar Stunden oder Tage. Ganze Zeitalter; Sam hat ihr Zeitgefühl in der Dunkelheit längst eingebüßt.
    »Sag mir wenigstens deinen Namen«, sagt sie schließlich mit leiser Stimme.
    Wieder vergehen Zeitalter. Dann bewegt sich etwas hinter ihr. Als die Tür knarrend geöffnet wird, sickert graues Licht wie klebriger Eiter in die Schwärze des Kellers.
    Sam versucht, sich noch weiter zu drehen, doch ihre Fesseln hindern sie daran. Der Raum kommt ihr viel kleiner vor, als sie ihn von ihrem ersten Erwachen in Erinnerung hat. Schritte entfernen sich, doch es sind nicht die Geräusche, die Schuhe oder Stiefel auf hartem Beton machen würden. Es hört sich vielmehr an, als ginge jemand mit bloßen Füßen über den harten Steinboden.
    Sam stellt sich vor, wie der Fremde zur Tür geht. Dort bleibt er noch einmal stehen und dreht sich zu ihr um. Sofort spürt sie wieder seine Blicke wie feine Nadelstiche auf ihrer Haut.
    »Bill«, flüstert eine heisere Stimme. »Nenn mich einfach Bill.«
    Dann verschwindet das Grau knarrend und quietschend und lautlose Nacht kehrt zurück.
    Bill hält mich gefangen , kichert ihr ausgelaugter Verstand. Ich hänge in Bill Clintons Keller vom Balken.

    ***

    Er hat sie erst einmal nackt gesehen, in all den Monaten. Als der Frühling kam, hatte er ihr die dicke Skihose und den Anorak ausgezogen, die ihr ein unsensibler Ladenbesitzer verabreicht hatte, und gegen ein luftiges Sommerkleid getauscht. Damals sah sie umwerfend darin aus, als würde in dem kleinen Raum hinter dem Schaufenster selbst in der Nacht die Sonne scheinen. Im Laufe der Monate allerdings hatte sich eine feine Staubschicht über den Stoff gelegt, die Farben verschluckt und Lilly in ein graues Hausmütterchen verwandelt.
    Am frühen Nachmittag war David in den Laden gegangen, hatte ihr neue Kleider ausgesucht und angezogen. Lilly war zwar eine perfekte Frau, eine gute Freundin und Zuhörerin, aber sich alleine anziehen, das konnte sie nicht.
    Er hatte ihr die Haare

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