Die Saat Der Makellosen
Hab keine Angst, mein Kind! Und kein Wort! Ich wusste, dass Du es sehen würdest! Das können nicht viele! Du bist etwas Besonderes genau wie Catalina! Wir geben euch ein bißchen Zeit, euch kennen zu lernen! Nur zu, sie ist genauso nervös wie Du auch! -
Nico schluckte und nickte dann, obwohl sie nicht glauben konnte, dass die zukünftige Devena so aufgeregt wie sie selbst war. Unmöglich.
Die sah ihr völlig ungerührt entgegen, hatte ein kleines Lächeln auf den rötlich schimmernden Lippen und wirkte in ihrem türkisblauen Sommerkleid wie die Inkarnation der Venus von Milo. Nico verspürte den Drang, vor so viel Schönheit auf die Knie zu sinken. So jemand musste angebetet und verehrt werden. Ein kleiner Blick zurück verriet ihr, dass das Orakel und der Krieger sich zurückgezogen hatten.
Nico verharrte auf Schrittlänge von ihr entfernt und ließ sich dann auf die Knie sinken, um ihr Gesicht mit beiden Händen zu bedecken und den Kopf zu senken, um die Frau zu begrüßen, wie es sich für eine Devena gehörte.
Cat hatte wirklich mit allem gerechnet. Mit dem mächtigen Orakel in Begleitung eines Beschützers oder einen anderen Devena, aber sicher nicht mit diesem verängstigten Kind, das gerade vor ihr auf die Knie fiel und ihr einen regelrechten Schreck versetzte.
Ihre äußere Ruhe war nur gespielt. Sie hatte schließlich jahrelange Übung darin, ihre Gefühle und Ängste zu verbergen. Aber dieses Mädchen auf keinen Fall. Sie hatte praktisch jeden Gedanken und jedes Gefühl an ihrem Gesicht ablesen können. Die Bewunderung in den warmen, braunen Augen hatte sie gerührt und überrascht. Es war noch völlig ungewohnt, so makellos zu sein, wie sie es sich früher oft gewünscht hatte.
Als sie am Sonntag nach der Umwandlung entdeckt hatte, dass alle ihre Narben verschwunden waren, war sie im Bad in Tränen ausgebrochen, weil der Schock sie tief getroffen hatte. Niemals hatte sie damit gerechnet, dass diese Male jemals verschwinden würden. Es war, als könnte sie ihre Sünden in der Vergangenheit zurücklassen, als wäre sie rein gewaschen worden. Sie hatte nicht deshalb die Welt der Immaculates betreten. Eigentlich dachte sie, dass sie so viel Glück gar nicht verdiente.
„Bitte… Noch ist es nicht nötig, so förmlich zu sein! Steh auf und sieh mich an… Ich bin Catalina oder besser noch Cat! Ich kenne die gesellschaftlichen Regeln der Immaculates nicht! Wer bist Du?“, fragte sie mit sanfter Stimme, weil sie das Mädchen nicht noch mehr vor den Kopf stoßen wollte, das sich eben langsam erhob.
Riesige, dunkle Augen so vertrauensselig wie die eines Kindes. Sie wurde von diesem beseelten Blick berührt, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
„Ich heiße Nico… Nico D' Amores! Ich bin eine Breed, die keinem Haus zugehörig ist. Ich habe bisher ein sehr freies Leben geführt, weil ich einen Schutzgeist habe… Eine verstorbene Kriegerin des Hauses, das meine Mutter beschützt hat…“
„Eine Kriegerin?“, hakte Cat neugierig nach, ohne sich über den Geist zu wundern, der das Kind zu beschützen schien. In der Welt der Immaculates war sehr vieles möglich. Sie hatte sich ja körperlich und mental weiter entwickelt. Die Umwandlung hatte ihr bisher nie gekannte Kräfte geschenkt.
„Mélusina Aguila… Wir kommen eigentlich aus Kuba. Dort gab es nur ein einziges Haus… Es war Tradition, dass auch die Frauen sich um dessen Schutz kümmern. Sie hat damals ihr Leben für das meiner Mutter gelassen… Es war in der Nacht, als ein Aryaner Lord sich für die Einmischung meiner Eltern rächte. Mein Vater ist ein Santería-Geistlicher genau wie ich… Gemeinsam mit meiner Mutter vertrieb er die Aryaner aus ihrem Dorf… Sie werden bei uns Alburas genannt… Der Lord… Er lockte meine Mutter in eine Falle… Er… er hat sie vergewaltigt. Mélusina kam zu spät, um es zu verhindern. Ich bin das Kind einer Breed und eines Aryaners. Ich wollte nur, dass Sie das wissen, bevor Sie die Entscheidung treffen, mich in Ihr Haus aufzunehmen. Ich weiß, dass es ein Makel ist… Ich hätte auch niemals den Schutz der Immaculates gesucht, aber…“
Das Kind verfiel in atemloses Schweigen, nachdem ihre Geschichte beinahe aus ihr herausgesprudelt war.
Cat schnalzte leise mit der Zunge und schüttelte den Kopf.
„Ein Makel?! Das ist vollkommen unsinnig! Was kannst Du dafür, dass dieser Lord deiner Mutter Gewalt angetan hat?! Sieh mich an! Ich bin mit einem viel größeren Makel behaftet! Meine Mutter ist die Frau
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