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Die Sache mit dem Ich

Die Sache mit dem Ich

Titel: Die Sache mit dem Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fischer
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wie alle in Kalifornien.
    Hundebellen und eine Frauenstimme dringen zu mir herüber, als ich zum Wagen gehe. Boyles andere Welt öffnet sich, die reale aus dem Nord- oder Südflügel des Hauses, die ihm die Existenz der vielen fiktiven erst möglich macht. Der Schmetterling von vorhinsetzt sich auf meine Schulter, er sagt: »Schreib über mich, ich bin doch hübsch.« Ich will nicht, dass er mich wieder verlässt, darum gehorche ich.

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Baden mit einem Yakuza
    Ich lernte Kitazawa-San vor einer Woche im Schlamm kennen.
    Es war ein langer Tag gewesen: Die Hälfte davon hatte ich im Schnellzug Shinkansen verbracht, das war noch angenehm, weil mir alle zwanzig Minuten frischer Tee serviert wurde und die Bedienung mich anlächelte, als sei mein Vorname Joschka, nicht Marc – doch als ich in den Lokalzug nach Beppu stieg, kamen die Schmerzen wieder, die ich gerade in den heißen Quellen von Fukuyama kuriert zu haben glaubte. Es begann mit einer Art Kribbeln im Rücken, das langsam die Wirbelsäule heraufkroch und mit jedem Zentimeter mehr zu einem Stechen wurde, das sich bald so anfühlte, als steckte ein Samuraischwert in meinem Rücken. Die Tatsache, dass ich außerdem noch Liebeskummer und eine Sommergrippe hatte, machte die Dinge nicht einfacher – und weil auch alle Schmerzmittel aus waren, nahm ich in Beppu sofort den Zug zu den Thermalquellen von Yufuin, um mich ein wenig auszuruhen. Dort, im Schlammbad, traf ich Kitazawa-San.
    Es gab eigentlich keinen Grund zu reden, geschweige denn, sich anzufreunden, doch weil Kitazawa-San und ich die einzigen Irren waren, die bei 30 Grad im Schatten in einem 45 Grad heißen Schlammbad zu Füßen des Mount Yufuin saßen, während die Schweißtropfen noch vor dem Herabfallen auf unseren Gesichtern verdampften, muss sich so etwas wie eine Art Verbundenheit eingestellt haben.

    Jedenfalls kam er zu mir herüber, um sich vorzustellen. Als er sich erhob und der heiße Schlamm von seinen Armen rutschte, bekam ich den ersten Schreck; und der zweite folgte, als er mir die rechte Hand reichte, um zu zeigen, dass er weiß, wie man einen Europäer begrüßt: Kitazawa-San ist nicht nur fast am gesamten Oberkörper mit einem Gewirr aus Blumen und Drachen tätowiert – ihm fehlen auch drei Fingerglieder.
    Kitazawa-San ist ein Yakuza.
    Ich weiß nicht, wie vertraut Sie mit der Unterwelt Japans sind, doch bestimmt haben Sie schon mal von der Yakuza gehört, der Mafia, die in den Großstädten des Landes die Rotlichtgeschäfte kontrolliert und sich um viele Bankgeschäfte kümmert, um Grundstücksmakeleien und – nun ja – Schutzmaßnahmen für Einzelhandelsunternehmen. Wer immer schön bezahlt, merkt nichts von den Yakuza, erklärte mir mal ein japanischer Freund – und wer nicht immer so schön bezahlt, bekommt irgendwann Besuch von einem Typen wie Kitazawa-San: dem kräftigen Kerl mit den Tattoos, der nun neben mir in der Brühe saß.
    Das Erste, was ich dachte, war: Ich bin nicht nach Japan gekommen, um mich mit einem Mafioso zu unterhalten, dem von seinem Boss die Finger abgehackt wurden, weil er irgendeinen Mist gebaut hat. Ich kam her, um die heilende Kraft des Onsen zu spüren, des Badens in den heißen Thermalquellen, von denen auf den japanischen Inseln Tausende aus dem Vulkangestein sprudeln. Ich wollte herausfinden, warum die Japaner die gesündesten Menschen der Welt sind und so alt werden wie niemand sonst – und Onsen, hatte ich gehört, sei einer der Hauptgründe dafür.
    Denn so wie es in Deutschland und Amerika für jede Beschwerde eine Pille gibt, gibt es in Japan für jede Krankheit ein Bad. Es gibt Thermalquellen, Schlamm- und Sandbäder gegen Erkältungen und Ekzeme, Arthritis und Rheuma, Verdauungsprobleme und Blutarmut. Es gibt Quellen gegen Bandwürmer, Syphilis, nervöse Zuckungen, schlechte Augen, Krebs und Potenzprobleme, und –behaupten jedenfalls die Japaner – es gibt sogar Quellen für Schönheit und ewige Jugend.
    Einige dieser Orte hatte ich schon gesehen auf meiner Reise: In Tokyo erkundete ich die alten Badehäuser von Aoyama, in denen sich spätnachts nach der Arbeit die Angestellten der Werbefirma Dentsu treffen, um bei einem Glas Sake den Kampf gegen die amerikanischen Marketing-Konzerne zu vergessen. Auf der Halbinsel Izu, südwestlich von Tokyo, verstand ich zum ersten Mal den Feriencharakter des Badens: Charterbusse mit Familien stürmen dort jedes Wochenende die Hotels der Orte Atami, Ito und Shimoda, bloß um zu schlafen, zu essen und in

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