Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
Als von Jo noch immer keine Reaktion kam, fügte Sven hinzu: „Mann, Jo, ich helfe dir schon dabei deinen Kleinen wieder zu bekommen, okay?“
Jo zog einmal die Nase hoch, wischte sich rasch das Gesicht ab, auch wenn Sven ihn nicht sehen konnte. Verdammt, wie peinlich.
„Versprochen?“
„Versprochen“, kam es von Sven.
„Und wehe, du sagst hiervon ein winziges, unbedachtes Sterbenswörtchen zu irgendeinem aus der Clique oder sonst jemandem auf der Erde, Sven. Ich schwöre es, ich heure einen Yakuza an und lass dich kalt machen.“
Sven schnaubte verächtlich. „Ich verrate schon keinem, dass Jo Bergenfeld gerade wegen einem Typ geheult hat. Mein Mund ist auf ewig versiegelt und verschlossen, auch wenn es mir echt schwerfallen wird.“ Er kicherte plötzlich. „Ein liebeskranker Jo. Das Leben ist toll, wenn ich so etwas erleben darf.“
20 Ein Auge auf jemanden haben
Am nächsten Tag war Jo bereits zehn Minuten vor dem Beginn der ersten Stunde da und wartete vor Montys Klassenraum auf ihn. Aber er kam nicht. Seine Mitschüler reagierten überrascht und verschüchtert, als er sie nach ihm fragte. Doch keiner wusste Bescheid. In der ersten Pause erfuhr Jo immerhin, dass Monty heute krank und gar nicht zur Schule gekommen war. Mehrfach versuchte er daraufhin wieder ihn anzurufen, aber weder ans Festnetz noch an sein Handy ging er ran.
Jos Unruhe hatte einen Grad erreicht, der ihn übermäßig gereizt auf alles reagieren ließ. Nach zwei überaus unfreundlichen Antworten hielt Sven den Mund und der Rest der Clique wich Jo mehr oder weniger aus.
„Sie wirken heute ein wenig abwesend, Herr Bergenfeld“, erkundigte sich seine Deutschlehrerin Frau Krüger, eine junge Referendarin. Jo hatte wiederholt blicklos aus dem Fenster gestarrt und nicht reagiert. „Ist alles in Ordnung?“ Unter anderen Umständen hätte Jo bestimmt den freundlich besorgten Unterton wahrgenommen, heute kreisten seine Gedanken ausschließlich um dunkle Augen mit langen Wimpern und einen tiefsitzenden Schmerz.
„Mich interessiert nur ihr langweiliger Unterricht nicht im geringsten“, antwortete er schärfer als beabsichtigt. Die junge Lehrerin sog betroffen die Luft ein, sah ihn ungläubig an. Jo starrte sie herausfordernd an. Sie sollte nur versuchen, sich mit ihm anzulegen, das käme ihm gerade recht. Er wollte gerne Dampf ablassen.
Hinter ihm tuschelten die anderen nervös, Frau Krüger wandte sich jedoch einfach um, als ob er nichts gesagt hätte und fuhr mit ihrem Unterricht fort. Jo saß seine übrigen Unterrichtsstunden nur deshalb ab, weil er gerade nichts Besseres mit sich anzufangen wusste. Niemand aus der Clique sprach ihn nach Schulschluss an, ob er noch mit in die Stadt wollte und auch Sven ließ ihn in Ruhe.
Am Nachmittag saß Jo alleine am Rand seines Pools, die Beine im Wasser, einen Drink in der Hand. Es war nicht sein erster und er wusste, dass er sich mehr oder weniger absichtlich betrank. Montys Gesicht tauchte völlig unfair immer wieder vor ihm auf.
Irgendwie musste er mit ihm reden. Wenn er morgen nicht in der Schule auftauchen würde, musste er eben in seine Wohnung einbrechen und ihn zur Rede stellen. Monty konnte ihm nicht ewig ausweichen. Er gehörte doch zu ihm. Jetzt, immer. Niemals hatte Jo etwas schmerzhafter, sehnlicher haben wollen, als mit Monty zusammen zu sein. Von ihm getrennt, nicht mit ihm reden zu können, erschien Jo gerade wie die Hölle auf Erden.
Missmutig nippte er an seinem Drink. Das Schlimmste war, dass er nichts tun konnte, weil Monty sich ihm völlig entzog. Wenn dieser ihn wenigstens anschreien, ihn schlagen würde, damit könnte Jo umgehen. Diese absolute Funkstille zwischen ihnen machte es unerträglich.
Vielleicht war er wirklich so ein Arsch, wie Monty immer behauptete. Wenn, wollte er wenigstens wissen, was er Falsches getan hatte. Jo wollte es wissen, um sich zu entschuldigen, um alles wieder gerade zu biegen. Alles würde er tun, damit Monty endlich wieder mit ihm redete.
In seiner Wohnung hörte er sein Telefon klingeln. Er bewegte sich nicht, denn es war ein Anrufbeantworter dran. Wozu hatte er das Ding schließlich? Stattdessen starrte er ohne Mitleid auf die zwei unglückseligen, erloschenen Handys am Grunde des Pools.
Jo horchte erst auf, als er die Stimme seines Vaters nach dem Ansagetext hörte.
„Hallo, Joachim. Ich wollte dir mitteilen, wir kommen heute wieder heim, Junge. Wir sind gerade am Flughafen gelandet und in etwa einer Stunde da.
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