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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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von der Außenwelt abgeschnitten war, lagen wie üblich Ställe, Küchen, Werkstätten, ein Wohnturm für das Gesinde und eine Kapelle. Eine gewisse Spannung lag in der Luft. Die Pferdeknechte, Diener und Mägde wirkten ungewöhnlich aufgekratzt; sie unterhielten sich laut und waren zu allerlei Späßen aufgelegt. Der unbefangene Betrachter mochte darin nichts als eine normale Reaktion auf die Rückkehr des Burgherrn sehen; William freilich vermutete, dass mehr dahintersteckte.
    Er ließ Walter bei den Pferden zurück und begab sich zur zweiten Brücke, die den unteren Ring der Anlage mit dem oberen verband. Diesmal hielt ihn der Torwächter an und fragte nach seinem Begehr. »Ich möchte mit Lady Aliena sprechen«, antwortete William.
    Der Torwächter, der ihn nicht kannte, musterte ihn von oben bis unten und schätzte ihn, nicht zuletzt wegen seines feinen Mantels und der eleganten roten Tunika, als hoffnungsvollen Bewerber ein. Er grinste und sagte: »Wahrscheinlich findet Ihr die junge Dame im großen Saal.«
    In der Mitte des oberen Kreises stand ein zweistöckiger Wohnturm mit quadratischem Grundriss, in dessen Erdgeschoss sich, wie üblich, ein Vorratslager befand. Eine hölzerne Außentreppe führte hinauf in den großen Saal und konnte bei Bedarf eingezogen werden. Im zweiten Stock lag das Schlafgemach des Grafen. Wenn die Hamleighs kommen, ihn zu holen, wird er sich zum Schluss dort verschanzen, dachte William.
    Wer immer diese Burg erstürmen wollte, sah sich mit einer Fülle von ausgeklügelten Hindernissen konfrontiert. William, der sich darüber noch nie Gedanken gemacht hatte, erkannte jetzt die genauen Funktionen der verschiedenen Bollwerke: Selbst nach erfolgreicher Besetzung des unteren Rings war die Schlacht noch nicht gewonnen. Die zweite Brücke und das Torhaus mussten auch erst erobert werden, und selbst wenn es gelang, den trutzigen Wohnturm zu stürmen, kam es aller Wahrscheinlichkeit nach noch zu einem erbitterten Kampf um den Zugang zum zweiten Stock. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gab, diese Burg einzunehmen, dies wurde William jetzt klar, dann nur mit Hilfe einer List. Man musste irgendeinen Vorwand finden, um sich einzuschleichen …
    Er stieg die Treppe hinauf und betrat den Saal. Der große Raum war voller Menschen, doch der Graf war nirgendwo zu sehen. Der Aufgang zum Schlafgemach befand sich ganz links an der gegenüberliegenden Wand. Auf den unteren Stufen und drum herum saßen fünfzehn bis zwanzig Ritter und Bewaffnete und unterhielten sich in gedämpftem Ton. Das war recht ungewöhnlich, denn Ritter und Bewaffnete waren nicht vom gleichen Stand: Die Ritter waren Grundbesitzer, die ihren Lebensunterhalt aus Pachteinnahmen bestritten, während Bewaffnete täglich für ihre Dienste entlohnt wurden. Nur wenn Kriegsgeruch in der Luft lag, entstand so etwas wie Kameradschaft zwischen den beiden Gruppen.
    Einige Männer waren William persönlich bekannt, darunter Gilbert Catface, ein übellauniger alter Haudegen mit altmodischem Backenbart und üppigem Schnäuzer. Er hatte die vierzig bereits überschritten, war aber immer noch stramm und kräftig. Ralph von Lyme, der für seine Garderobe mehr Geld ausgab als eine Braut, war ebenfalls zugegen; diesmal trug er einen blauen, mit roter Seide verbrämten Mantel. Neben einigen anderen, die William schon irgendwo einmal gesehen zu haben glaubte, hockte auch Jack fitz Guillaume auf den Stufen. Obwohl kaum älter als William, hatte er schon den Ritterschlag empfangen.
    Die jungen Männer reagierten kaum, als William ihnen zum Gruß zunickte. Zwar war er allgemein bekannt, doch galt er seiner Jugend wegen noch nicht viel.
    Er sah sich weiter im Saal um und entdeckte auf der gegenüberliegenden Seite Aliena. Das Mädchen sah heute ganz anders aus als am Tag zuvor: Hatte sie zum Festtagsgottesdienst in der Kathedrale ein Kleid aus Samt und Seide, spitz zulaufende Stiefel und allerlei Ringe und hübsche Bänder getragen, so war sie jetzt barfuß und trug die einfache Tunika einer Bauersfrau oder eines Kindes. Sie saß auf einer Bank, allem Anschein nach in ein Brettspiel vertieft. William sah, wie sie die Nase kraus zog und die Beine übereinanderschlug; dabei rutschte die Tunika hoch und entblößte ihre Knie. Gestern noch ganz die feine Dame aus gutem Hause, war sie heute nur mehr ein verletzliches Kind, und das machte sie für William noch begehrenswerter. Er empfand es auf einmal als eine Schande, dass dieses Kind ihm und seiner Familie

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